rechtskräftig
Tenor
Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 5. November 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 1998 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der dem Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Kosten abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Der Streitwert beträgt 1 440,00 DM.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Dem Kläger stand für den Zeitraum August 1996 bis Februar 1997 Kindergeld für seine Tochter S zu.
Gemäß §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 i.V. mit § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG erhält ein Kindergeldberechtigter Kindergeld für ein mehr als 18 Jahre altes Kind, wenn dieses noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.
Der Kläger ist Kindergeldberechtigter gemäß § 64 Abs. 3 EStG, da er es unterhält (vgl. Bl. 104 Kindergeldakte I).
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Praktikum in der Krankengymnastikpraxis eine Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Nr. 2 a EStG darstellt. Denn S konnte jedenfalls während des streitigen Zeitraums eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 c EStG).
Es besteht Einigkeit darüber, daß diese Vorschrift voraussetzt, daß sich das Kind ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht und dieses Bemühen erfolglos geblieben ist (Finanzgericht –FG– Düsseldorf, Urteil vom 20. August 1997 10 K 1177/97 Kg Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 1998, 105; Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 4. Dezember 1997 III 20/97 EFG 1998, 477; Bundesamt für Finanzen, Dienstanweisung zur Durchführung des steuerlichen Familienleistungsausgleichs vom 9. April 1998 Bundessteuerblatt –BStBl– I 1998, 386 –DA– 63.3.4 Abs. 2; Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG § 32 Rz. 104; Seewald/Felix, Kindergeldrecht, § 63 Rz, 218). Derartige Bemühungen hat S im streitigen Zeitraum erfolglos unternommen, insbesondere durch ihre Bewerbungen für eine Ausbildung als Flugbegleiterin.
Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Nr. 2 c EStG ist nicht mit dem Begriff der Berufsausbildung im Berufsbildungsgesetz –BBiG– deckungsgleich. Darunter ist vielmehr grundsätzlich jede Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich daher, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber noch ernstlich darauf vorbereitet (Bundesfinanzhof –BFH–, Urteil vom 11. Oktober 1984 VI R 69/83 Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFHE– 142, 140, BStBl II 1985, 91). Davon ausgehend besteht Einigkeit darüber, daß der Begriff der Berufsausbildung nicht auf die staatlich geregelten Ausbildungsgänge beschränkt ist, sondern vielmehr alle Tätigkeiten und Maßnahmen umfaßt, durch die das für den Beruf typische Können vermittelt wird. Die Maßnahme muß ferner planmäßig ausgestaltet, an einem bestimmten Ausbildungsziel orientiert sein und durch einen Verantwortlichen sachkundigen Ausbilder geleitet werden (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 24. März 1998 III 1068/96 EFG 1998, 1067; DA 63.3.2. Abs. 2 Satz 3, Abs. 3; Seewald/Felix, Kindergeldrecht, § 63 Rz. 139 f.). Dementsprechend werden von den Familienkassen auch Unterweisungen in einem Anlernverhältnis als Berufsausbildung angesehen, wenn ihnen ein Ausbildungsplan zugrunde liegt, sie auf qualifizierte Tätigkeiten ausgerichtet sind und nicht den Charakter einer Arbeitsleistung gegen Entgelt haben (DA 63.3.2.2 Abs. 6, Buchstabe j).
Davon ausgehend stellt die Ausbildung zur Flugbegleiterin eine Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Nr. 2 c EStG dar. Nach den vorgelegten Unterlagen der …, der … und der berufskundlichen Kurzbeschreibung der Bundesanstalt für Arbeit erfolgt die Ausbildung zur Flugbegleiterin nach einem bestimmten Ausbildungsplan, der nur mit einem sachkundigen, verantwortlichen Ausbilder denkbar ist. Es handelt sich auch um die Ausbildung zu einer qualifizierten Tätigkeit, da Flugbegleiterinnen auch für die Flugsicherheit und das Ansehen ihrer Fluglinie bei den Fluggästen verantwortlich sind. Daher ist unbeachtlich, daß die Ausbildung nur wenige Wochen umfaßt, da nicht ersichtlich ist, aus welchem Grunde – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – das Vorliegen einer Berufsausbildung von einer längeren Zeitdauer abhängig gemacht werden sollte. Es kann dahinstehen, ob eine bestimmte Ausbildungsdauer je Tag erforderlich ist, da ausweislich der vorgelegten Unterlagen die Ausbildung ganztägig erfolgt.
Unbeachtlich ist, daß S während der Ausbildung zur Flugbegleiterin eine Vergütung erhalten hätte. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen der … und der … GmbH wäre diese Ausbildungsvergütung deutlich niedriger als die Vergütung einer ausgebildeten Flugbegleiterin gewesen und hätte sich im Bereich der sonst üblichen Ausbildungsvergütungen bewegt...