Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Gewerblichkeit eines Krankenpflegedienstes
Leitsatz (redaktionell)
Der Begriff der eigenverantwortlichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziffer 1 Satz 3 EStG erfasst nur eine Tätigkeit, die (noch) als unmittelbare persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Freiberuflers zu qualifizieren ist. Ein durch einen staatlich geprüften Krankenpfleger mit Kassenzulassung geleiteter häuslicher Pflegedienst mit bis zu 100 Patienten im Monat und bis zu 15 Pflegekräften erfüllt diese Voraussetzung nicht.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger begehrt als staatlich geprüfter Krankenpfleger mit Krankenkassenzulassung, dass die von ihm in den Streitjahren 1986 bis 1991 aus dem Betrieb eines ambulanten Pflegedienstes erzielten Einnahmen nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz - EStG -, sondern als Einkünfte aus einer freiberuflichen (heilberufsähnlichen) Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG behandelt werden. Seine unternehmerische Tätigkeit erstreckte sich neben dem ambulanten Pflegedienst auf einen seit dem 15. Dezember 1988 betriebenen Einzelhandel mit Möbeln - Firma ... - sowie eine in den Geschäftsräumen der Pflegestation im Kalenderjahr 1991 unterhaltene Firma W (Unternehmensberatung). Der Kläger behandelte seine Einkünfte aus dem Krankenpflegedienst von Anfang an als freiberufliche Einkünfte gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Der Beklagte folgte zunächst den Angaben des Klägers. Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, der Kläger sei nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig. In seinem Abschlussbericht führte der Prüfer unter Textziffer 11 aus, der Kläger habe fast ausschließlich examinierte Pflegekräfte (Teilzeitkräfte) beschäftigt, deren Zahl - unter Umrechnung auf Volltagskräfte - von zehn im Jahre 1986 auf 17 im Jahre 1991 angestiegen sei. Jede ganztags beschäftigte Pflegekraft habe etwa zehn Patienten pro Tag behandelt. Die geschätzte Zahl der monatlich behandelten Patienten habe zwischen 70 bis 80 im Jahre 1986 und 85 bis 100 im Jahre 1989 und die jährliche Zahl der Patienten etwa 200 betragen. Aufgrund des - mit der großen Zahl an Teilzeitpflegekräften und Patienten einhergehenden - hohen organisatorischen Aufwandes (insbesondere detaillierte Planung der Touren aller Mitarbeiter, Auswahl seiner Mitarbeiter und kaufmännische Tätigkeiten wie etwa Verhandlungen mit Banken, Behörden und Krankenkassen) habe der Kläger nicht mehr auf jede einzelne Dienstleistung eigenverantwortlich Einfluss nehmen können.
Der Beklagte schloss sich dieser Auffassung an und erließ erstmals Gewerbesteuerbescheide für 1986 bis 1991.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem erfolglosen Einspruch zu dessen Begründung er ausführte, auf den von ihm bislang vorgetragenen Sachverhalt sei nicht hinreichend eingegangen worden. Der Prüfer habe die angekündigte Mitarbeiter- und Patientenbefragung unterlassen und keine neuen Tatsachen in Erfahrung gebracht, die eine Umqualifizierung rechtfertigen könnten. Er, der Kläger, sei fast ausschließlich in seinem Krankenpflegeunternehmen tätig gewesen. Der Möbeleinzelhandel sei durch seine Ehefrau betrieben worden. Die vom Prüfer angesprochene Wirtschaftsberatung habe er bereits in der Startphase eingestellt. In der wöchentlich abgehaltenen Mitarbeiterbesprechung habe die Diskussion der Pflegefälle im Vordergrund gestanden, auch wenn dies aus den Protokollen so nicht eindeutig hervorgehe, da in diesen vorrangig die organisatorischen Besprechungspunkte schriftlich niedergelegt worden seien. Er sei auch eigenverantwortlich tätig geworden. Die Durchführung der Pflege könne durchaus delegiert werden, ohne dass der Berufsträger den direkten Einfluss auf die individuelle Versorgung des Patienten verliere. Seine Tätigkeit liege in der Gesamtheit der Pflegebegleitung, bestehend aus der Informationssammlung, dem Erkennen von Problemen und Ressourcen, der Festlegung der Pflegeziele, der Pflegeplanung, der Durchführung der Pflege und der Beurteilung der Pflege.
In seiner Einspruchsentscheidung führte der Beklagte aus, die gemäß § 18 Abs. 1 Ziffer 1 Satz 3 Halbsatz 2 EStG erforderliche eigenverantwortliche Tätigkeit könne nur angenommen werden, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Maße gewährleistet sei. Bei Heilberufen seien die Anforderungen je nach Art der Betätigung unterschiedlich: Bestehe etwa bei einem Laborarzt ein Großteil der Praxistätigkeit in technischen Untersuchungsvorgängen und seine Arbeit an jedem einzelnen Auftrag in der geistigen Erfassung und der abschließenden Auswertung des Befundes, so sei dies bei einem Krankenpfleger anders. Er schulde eine höchstpersönliche individuelle Arbeitsleistung am Patienten. Eine solche habe beim Kläger angesichts des Umfangs der Pflegeaufträge - unabhängig von den weiteren von i...