Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Fälligkeit von Ansprüchen auf Umsatzsteuervorauszahlungen
Leitsatz (redaktionell)
Eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung wird nur fällig, wenn der Unternehmer sie angemeldet hat oder eine entsprechende Festsetzung ergangen ist.
Normenkette
AO § 168 Abs. 1, § 220 Abs. 2 S. 2, § 226 Abs. 1; InsO §§ 94-96; UStG § 18 Abs. 1 S. 3; BGB § 387
Nachgehend
Tatbestand
Mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 16. Juni 1999 - Az. ... wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der ... - im Folgenden: Gemeinschuldnerin - eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Kläger bestellt.
Nachdem der Beklagte festgestellt hatte, dass in einer von der Gemeinschuldnerin gestellten Rechnung vom 15. Februar 1999 über die Veräußerung von ... an die ..., zu Unrecht Umsatzsteuer ausgewiesen worden war, da - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - ein Fall der Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 1 Abs. la Umsatzsteuergesetz -UStG- vorgelegen hatte, meldete er die hieraus resultierende Umsatzsteuerforderung in Höhe von 929 600,00 DM mit Forderungsanmeldung vom 30. März 2000 gemäß § 174 Abs. 1 Insolvenzordnung -InsO- zur Tabelle nach (Eingang beim Kläger und Insolvenzverwalter: 4. April 2000). Mit geänderter Steuerberechnung vom 10. April 2000 betreffend die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Februar 1999 teilte er sodann dem Kläger nachrichtlich mit, dass Umsatzsteuer in Höhe von 929 600,00 DM festgesetzt werde.
Bereits mit Datum vom 4. Februar 2000 hatte der Kläger als Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin eine korrigierte Rechnung über einen Betrag in Höhe von 5 810 000,00 DM für den Kauf der ... gefertigt. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die Lieferung gemäß Auskunft des Beklagten nicht umsatzsteuerbar sei. Der Beklagte berücksichtigte die korrigierte Rechnung mit geändertem Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Februar 2000 vom 30. Mai 2000 unter Hinweis auf Abschnitt 223 Abs. 8 Umsatzsteuer-Richtlinien - UStR-.
Das sich aus der geänderten Festsetzung ergebende Guthaben in Höhe von 929 600,00 DM rechnete der Beklagte durch Aufrechnungserklärung vom 8. Juni 2000 mit den Verbindlichkeiten der Gemeinschulderin aus Umsatzsteuer Februar 1999 in gleicher Höhe gemäß § 226 Abgabenordnung -AO- i. V. m. § 387 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- auf (Bl. 201 InsO I).
Mit Schreiben vom 23. Juni 2000 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass seine Aufrechnung gegen § 96 InsO verstoße und beantragte die Erteilung eines Abrechnungsbescheids gemäß § 218 Abs. 2 AO. Daraufhin teilte der Beklagte mit Abrechnungsbescheid vom 30. Juni 2000 mit, das Guthaben Umsatzsteuer Februar 2000 in Höhe von 929 600,00 DM sei durch Aufrechnung mit der Umsatzsteuerschuld der Gemeinschuldnerin in gleicher Höhe erloschen. Der hiergegen gerichtete Einspruch, mit dem der Kläger geltend machte, dass der Beklagte erst nach Insolvenzeröffnung etwas zur Masse schuldig geworden sei, so dass die Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig sei, blieb erfolglos. Mit Einspruchsentscheidung vom 15. Februar 2001 wies der Beklagte darauf hin, dass die Berichtigung in der Tat erst in dem Besteuerungszeitraum habe vorgenommen werden dürfen, in dem der Rechnungsaussteller eine Rechnung mit geändertem Steuerausweis erteilt habe. Dieser Umsatzsteuererstattungsanspruch Februar 2000 sei jedoch vor Insolvenzeröffnung begründet, da der Rechtsgrund des Anspruchs bereits vor Insolvenzeröffnung gelegt worden sei. Würde der Unternehmer keine Rechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer vor Insolvenzeröffnung gelegt haben, was zu einer Umsatzsteuerschuld Februar 1999 in Höhe von 929 600,00 DM geführt habe, würde der Erstattungsanspruch nicht entstanden sein (vgl. BFH-Urteil vom 4. August 1987 VII R 11/84, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht -ZIP- 1988, 44, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1987, 707).
Mit der Klage wendet sich der Kläger weiterhin gegen die Aufrechnung des Guthabens zur Umsatzsteuer Februar 2000 mit Steuerschulden der Gemeinschuldnerin aus Umsatzsteuer Februar 1999. Er verweist darauf, dass der Anspruch des Beklagten wegen Umsatzsteuer Februar 1999 vor Insolvenzeröffnung im Sinne des § 38 InsO begründet sei und zudem vor Verfahrenseröffnung im Sinne des § 13 UStG entstanden sei. Da der Erstattungsanspruch Umsatzsteuer Februar 2000 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Februar 2000 im Sinne des § 14 Abs. 2 i. V. m. § 17 UStG entstanden sei und dieser Anspruch mit Bescheiderteilung fällig geworden sei, lägen unstreitig nicht die Voraussetzungen des§ 94 InsO vor. Vielmehr liege eine unzulässige Aufrechnung im Sinne des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor, da der Beklagte als "Insolvenzgläubiger erst nach Verfahrenseröffnung etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden" sei. Entgegen den Ausführungen des Beklagten komme es nach (neuem) Insolvenzrecht - im Gegensatz zu dem überkommenen Recht - nicht auf ...