Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung der während eines Au-Pair-Aufenthalts im Ausland vereinnahmten Bezüge eines Kindes um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf in Form des durch die doppelte Haushaltsführung entstehenden Verpflegungsmehraufwands
Leitsatz (redaktionell)
1. Das von einem Kind während seines als Berufsausbildung anzuerkennenden Au-Pair-Aufenthalts im Ausland neben freier Kost und Logis vereinnahmte Taschengeld ist bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG um den aufgrund einer doppelten Haushaltsführung in Form der Verpflegungsmehraufwendungen entstehenden ausbildungsbedingten Mehrbedarf zu kürzen.
2. Im Streitfall konnte offenbleiben, ob freie Kost und Logis --entsprechend der Auffassung der Verwaltung in DA-Fam EStG 2000, 63.4.2.3 Abs. 1 Nr. (BStBl I 2000, 635)-- als Naturalleistungen Bezüge sind.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 3, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, § 32 Abs. 4 Sätze 2, 1 Nr. 2 Buchst. a, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1
Nachgehend
Gründe
Die Klägerin ist Mutter der im März 1979 geborenen Tochter A…, die bis Anfang Januar 1999 arbeitslos war und sich in der Zeit vom 04. Januar 1999 bis Januar 2000 als Au-Pair in den USA (New York) aufhielt. Dort besuchte sie an drei Tagen in der Woche einen Sprachkurs. Der Sprachunterricht umfasste mit Vor- und Nachbereitung mindestens zehn Wochenstunden.
Während ihres Au-Pair-Aufenthaltes erhielt die Tochter der Klägerin freie Kost und Logis sowie Taschengeld in Höhe von $ 139 pro Woche.
Der Beklagte hob mit Bescheid vom 28. Januar 1999 die Festsetzung des Kindergeldes für die Zeit ab Februar 1999 auf. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Die Klägerin hat fristgerecht Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass ihr Kindergeld für ihre Tochter A… in der Zeit von Februar 1999 bis Januar 2000 zustehe. Die Einkunftsgrenze sei nicht überschritten. Den von dem Beklagten angenommenen Bezügen seien Werbungskosten für eine doppelte Haushaltsführung entgegenzusetzen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 28. Januar 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Juli 1999 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, Kindergeld für das Kind A… für den Zeitraum Februar 1999 bis Januar 2000 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass die von der Tochter der Klägerin erzielten Bezüge über den anteiligen Einkunftsgrenzen lägen. Nach der Verordnung über den Wert der Sachbezüge in der Sozialversicherung 1999 vom 18. Dezember 1998 sei als Wert für freie Verpflegung ein Betrag in Höhe von DM 361 monatlich zugrunde zu legen. Im Kalenderjahr 1999 errechne sich somit ein Betrag in Höhe von DM 4.307,93, wobei der Monat Januar anteilig mit 28/30 zu berücksichtigen sei. Als Wert für freie Unterkunft sei ein Betrag in Höhe von DM 352, vermindert um 30 %, monatlich also DM 246,40 anzusetzen. Es errechne sich insgesamt ein Betrag in Höhe von DM 2.956,80. Das gewährte Taschengeld ergebe unter Zugrundelegung eines Devisenmittelkurses in Höhe von DM 167,590 pro $ 100 einen Gesamtbetrag in Höhe von DM 12.113,40 für 52 Wochen. Nach Abzug der Kostenpauschale in Höhe von DM 360 habe die Tochter der Klägerin Einkünfte von über DM 19.000 erzielt.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Beklagte hat zu Unrecht die Festsetzung des Kindergeldes für die Tochter A… der Klägerin ab Februar 1999 aufgehoben. Die Klägerin hat gem. §§ 62 Abs. 1; 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) Anspruch auf Kindergeld für den Zeitraum Februar 1999 bis Januar 2000.
Danach wird ein Kind dann für das Kindergeld berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird und seine eigenen Einkünfte und Bezüge den Betrag von DM 13.020 pro Jahr nicht übersteigen.
Die Tochter der Klägerin befand sich in der Zeit von Januar 1999 bis Januar 2000 als Au-Pair in der Berufsausbildung. Auslandsaufenthalte im Rahmen von Au-Pair-Verhältnissen können als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden. Der erforderliche Umfang der Ausbildung richtet sich dabei nach den Gesamtumständen des Einzelfalles (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 09. Juni 1999 VI R 33/98, BStBl. II 1999, 701). Im Streitfall kann der begleitende Sprachunterricht als ausreichend angesehen werden Dies ist auch zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Bezüge sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert (Naturalleistungen), die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkunftsermittlung erfasst werden (BFH – Urteil vom 26. September 2000 VI R 85/99, BStBl. II 2000, 684; Mellinghoff, in: Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 2001, § 33 a EStG, Rz 30; Schmidt/Glanegger, Einkommensteuerkommentar, 19. Auflage 2000, § 33 a EStG, Rz 33). Es kann offenbleiben, ob danach auch Kost und Logis als Naturalleistungen Bezüge sind (so DA-Fam EStG 2000, 63.4.2.3. Abs. 1 Nr. 9, BStBl. I 2000, 635 (...