Entscheidungsstichwort (Thema)
Abweichende Festsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen – Veräußerungsverlust i. S. d. § 17 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Die Ablehnung der Berücksichtigung eines im Jahr 2001 erzielten Veräußerungsverlustes i. S. d. § 17 EStG im Wege der abweichenden Festsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen ist auch bei einer bei gründungsgeborenen wesentlichen Beteiligung, die aufgrund der Unterschreitung der Wesentlichkeitsgrenze (10 %) im Fünfjahreszeitraum vor Veräußerung der Verlustabzugsbeschränkung des § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG i.d.F des StEntlG 1999/2000/2002 unterfällt, ermessenfehlerfrei.
- Der mit der Neufassung dieser Verlustabzugsbeschränkung verbundenen nachteiligen Wirkung auf solche gründungsgeborene Anteile, die mehr als fünf Jahre vor der Veräußerung erworben wurden, lag eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde, so dass ein Gesetzesüberhang ausscheidet.
- Auch der Umstand, dass beim Erwerb einer originär wesentlichen Beteiligung ein Gestaltungsmissbrauch ausgeschlossen ist bzw. keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch bzw. eine Missbrauchsabsicht vorliegen, rechtfertigt keine Billigkeitsmaßnahme.
Normenkette
AO § 163 Abs. 1 S. 1; EStG i.d.F des StEntlG 1999/2000/2002 § 17 Abs. 2 S. 4 Buchst. b S. 1; EStG i.d.F des StEntlG 1999/2000/2002 § 17 Abs. 2 S. 4 Buchst. b S. 2 1. Alt.
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die vom Beklagten (dem Finanzamt – FA –) zusammen zur Einkommensteuer für das Streitjahr 2001 veranlagt wurden. Streitgegenstand ist ein Billigkeitsverfahren, das sich an ein rechtskräftig abgeschlossenes Steuerfestsetzungsverfahren (Klageverfahren 16 K 202/04 E) anschloss.
Im Klageverfahren 16 K 202/04 E war streitig, ob ein durch Veräußerung von zwei Anteilen an der (inländischen) C GmbH (GmbH) entstandener Verlust nach § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/2002) vom 24. März 1999 (Bundesgesetzblatt – BGBl – I 1999, 402, Bundessteuerblatt – BStBl – I 1999, 304) zu berücksichtigen ist.
Der Kläger beteiligte sich bei der Gründung der GmbH (3. April 1996) mit 74 v.H. am Stammkapital von 100.000 DM und erwarb mit Vertrag vom 3. Februar 1999 (UR-Nr. 01/1999 des Notars D) den anderen gründungsgeborenen Anteil (Nennwert 26.000 DM) von der Mitgründungsgesellschafterin E GmbH zum Preis von 1 DM.
Am 28. Februar 1998 (UR-Nr. 01/1998 des D) und am 3. Februar 1999 (UR-Nr. 02/1999 des D) wurden Beschlüsse gefasst, wonach das Stammkapital der GmbH zunächst um 200.000 DM und sodann um weitere 900.000 DM erhöht wurde. Die neuen Stammeinlagen wurden jeweils von der F KG übernommen.
Die Urkunde vom 3. Februar 1999 (UR-Nr. 02/1999) betraf nicht nur die zweite Kapitalerhöhung, sondern (1.) die „Sanierung durch Forderungsverzicht und Kapitalerhöhung” (s. unter I.) mit Verzichten sämtlicher Gesellschafter auf Darlehen (s. unter I. 2.) wegen eines Jahresfehlbetrags von 740.583,60 DM lt. Zwischenbilanz zum 31. Dezember 1997 und eines weiteren Jahresfehlbetrags in einer Größe von rd. 650.000 DM (s. unter I. 1. zur „Lage der Gesellschaft” mit Hinweis auf bereits vorliegende Rangrücktrittserklärungen der Gesellschafter), (2.) die Kapitalerhöhung (s. unter II.) und die diesbezügliche Übernahmeerklärung der F KG (s. unter III.), (3.) Änderungen des Gesellschaftsvertrags der GmbH (s. unter IV., u.a. die Angleichung des Geschäftsjahres an das Kalenderjahr) sowie (4.) einen der F KG bis zum 30. März 1999 eingeräumten Widerrufsvorbehalt (s. unter IV. a), bei dessen Ausübung sämtliche in dieser Urkunde getroffenen Vereinbarungen und Beschlüsse von Anfang an unwirksam werden sollten. Der vom Kläger erklärte Verzicht (s. unter I. 2.2.) bezog sich – jeweils einschließlich der Zinsansprüche – auf ein der GmbH gewährtes Darlehen, das sich nach dem Stand vom 31. Dezember 1997 auf 323.760,31 DM belief, sowie auf einen Anspruch gemäß dem „Gesellschafterkonto” per 31. Dezember 1997 i.H. von 85.799,26 DM mit seitherigen Veränderungen.
Der Kläger veräußerte mit Vertrag vom 1.10.2001 seine beiden Anteile zum Preis von 1 DM.
Der Kläger machte in der gemeinsamen Einkommensteuererklärung 2001 einen Veräußerungsverlust gemäß § 17 EStG i.H. von insges. 471.389 DM geltend. Derselbe war wie folgt berechnet: Veräußerungspreis 1 DM./. ursprüngliche Anschaffungskosten insges. 74.001 DM ./. nachträgliche Anschaffungskosten insges. (Gesellschafterkonto 82.139,16 DM + Darlehen 315.250,31 DM =) 397.389,47 DM.
Das FA lehnte es mit Einkommensteuerbescheid 2001 vom 18. November 2002 und der den fristgerecht eingelegten Einspruch der Kläger zurückweisenden Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2003 unter Hinweis auf § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 ab, einen Verlust aus der Veräußerung zu berücksichtigen.
Dagegen richtete sich die fristgerecht erhobene Klage...