Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung einer ursprünglich angemeldeten Kapitalertragsteuer aus dem Verkauf einer Unternehmensbeteiligung aufgrund einer nachträglich vereinbarten „Kaufpreisherabsetzung”
Leitsatz (redaktionell)
- Die Veräußerung einbringungsgeborener Anteile unterliegt einer einmaligen und punktuellen Besteuerung, bei der eine Änderung des nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalts zu einer rückwirkenden Änderung steuerlicher Rechtsfolgen führen kann.
- Bei einem beiderseitig bereits erfüllten Veräußerungsgeschäft setzt eine steuerliche Rückwirkung voraus, dass die Gründe für das Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung im Keim bereits im ursprünglichen Vertrag selbst angelegt sind und insoweit ein sachlicher Zusammenhang besteht. Es muss zivilrechtlich ein Tatbestand gegeben sein, der zu einer Änderung der dem Veräußerungsgeschäft zugrunde liegenden schuldrechtlichen Beziehungen führt, und das wirtschaftliche Ergebnis des Geschäfts auch tatsächlich rückgängig gemacht werden.
- Eine bloße nachträglich vereinbarte Kaufpreisherabsetzung stellt demgegenüber ein neues, eigenständiges Rechtsgeschäft dar, das den infolge der Tatbestandsverwirklichung entstandenen Steueranspruch nicht mehr entfallen lassen kann.
Normenkette
AO §§ 38, 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1, §§ 41, 164 Abs. 2, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; UmwStG 2002 § 21 Abs. 1; UmwStG § 21 Abs. 3 Nr. 1; EStG 2002 § 20 Abs. 1 Nr. 10b, § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7c, § 43a Abs. 1 Nr. 6
Streitjahr(e)
2000, 2001
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die ursprünglich angemeldete Kapitalertragsteuer (KapESt) aus dem Verkauf einer Unternehmensbeteiligung aufgrund einer nachträglich vereinbaren „Kaufpreisherabsetzung” geändert werden kann.
In den Jahren 2000/2001 schrieb die Klägerin eine Beteiligung an ihrer 100%-igen Tochtergesellschaft AA GmbH aus.
Das höchste Gebot gab die Firma C GmbH & Co KG (künftig: C) ab, die sich allerdings nicht an den Verlusten der Tochtergesellschaften beteiligen wollte. Es wurden daher zwischen der Klägerin und C (künftig: Parteien) verschiedene Beteiligungsmodelle erwogen. Schließlich vereinbarten sie, dass sich C unmittelbar zu ..% an dem Stammkapital der AA GmbH beteiligt. Zugleich trafen die Parteien eine abweichende Gewinnverteilungsabrede, wonach C grundsätzlich nicht an den Verlusten der X Gesellschaft (X) und Y Gesellschaft (Y) partizipierte. Eine Ausnahme setzte die Klägerin allerdings insoweit durch, als ein „Verlustdeckel” – berechnet aus den Durchschnittsverlusten jeweils der X und Y der letzten drei Jahre – festgeschrieben wurde. Bei Überschreitung dieser Deckelungsbeträge sollte eine Verteilung der übersteigenden Verluste nach der Höhe der Beteiligung (§ 2 Abs. 5 und § 4 Punkt 1 des Vertrages) erfolgen. Der Anteilskauf- und Abtretungsvertrag wurde am…unterzeichnet. Zeitgleich schlossen die Parteien auch einen Gesellschaftsvertrag. Der Kaufpreis belief sich auf…DM (... EUR) zzgl. Nebenkosten, der kurz darauf auch gezahlt wurde. Da die Veräußerung eine KapESt-Pflicht auslöste, reichte die Klägerin am 10. April 2002 bei dem Beklagten (dem Finanzamt – FA--) eine KapESt-Anmeldung über eine KapESt in Höhe von…EUR (zzgl.…EUR Solidaritätszuschlag – SolZ--) ein. Dem lag ein Gewinn aus der Veräußerung des ...%-igen Anteils an der AA GmbH in Höhe von…EUR zugrunde.
In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zu Meinungsverschiedenheiten über die Gewinnverteilung, und zwar in Bezug auf die Verluste der X und Y. Dieser Streit betraf indessen nicht die handelsrechtliche, sondern ausschließlich die steuerliche Verlusttragung. C vertrat die Auffassung, dass ihr die steuerlichen Verluste der Tochtergesellschaften zu ...%, also in Höhe ihrer Beteiligung, zustünden. Die Klägerin beanspruchte dagegen den aus den Verlusten resultierenden „Steuerminderungsbetrag” in dem Umfang für sich, wie sie selbst die Verluste tragen musste, m.a.W. sollte ihrer Auffassung nach die Steuerbelastung nach dem Verhältnis der errechneten Gewinnansprüche - der nominale Gewinnanspruch von ...% war bei ihr um die Verluste der X und Y zu kürzen, so dass sich nur ein geringer Anspruch ergab – verteilt werden. Ursächlich für den Streit war folgender Ablauf im Vorfeld des Vertragsschlusses: Nach der Einigung auf das GmbH-Modell in 2001 hatte die Klägerin im Entwurf des Gesellschaftsvertrags unter § 13 folgende Regelung betreffend die Ergebnisverwendung formuliert:
Der Gewinnanspruch der Gesellschafterin C GmbH & Co KG gemäß § 29 GmbHG ist ausschließlich nach dem Gewinn der Gesellschaft zu bemessen, der sich ohne Berücksichtigung der folgenden Ergebniskomponenten ergibt:
Verluste aus dem laufenden Betrieb der AA X GmbH und der AA Y GmbH werden dem Gesellschafter A bis zu den vereinbarten Deckelungsbeträgen von DM ...,- für die AA Y GmbH und DM ...,- für die AA Y GmbH zu 100% zugerechnet.
Übersteigen die Verluste die vereinbarten Deckelungsbeträge, so ist der übersteigende Betrag entsprechend de...