vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerungsverlust aus GmbH-Beteiligung – Unterscheidung zwischen Schenkung und entgeltlicher Übertragung gegen ein Entgelt von 0,- € – Anteilsübertragung unter Angehörigen – Wertlosigkeit der Beteiligung – Maßgeblichkeit der subjektiven Sicht der Vertragsparteien
Leitsatz (redaktionell)
- Bei einer Übertragung von GmbH-Anteilen gegen ein Entgelt von 0,- € unter Angehörigen liegt eine Veräußerung i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG nur vor, wenn nach dem Gesamtbild der objektiven Umstände unter Berücksichtigung des Willens und der Vorstellungen der Parteien feststeht, dass der übertragene Anteil sowohl objektiv als auch in den Augen der Vertragsparteien wertlos ist (BFH-Urteil vom 8.4.2014, IX R 4/13, BFH/NV 2014, 1201).
- Die Wertlosigkeit ist jedenfalls aus der subjektiven Sicht der Vertragsparteien zu verneinen, wenn in Zukunft Beteiligungserträge aus der Verwertung von Fondsimmobilien ebenso denkbar sind wie eine Realisierung laufender entnahmefähiger Erträge und die in der Zuwendung eines Vorausvermächtnisses liegende Bevorzugung durch eine Teilübertragung auf die übrigen Geschwister ausgeglichen werden sollte.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 1 S. 1; BGB § 516 Abs. 1
Streitjahr(e)
2010
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit der Folge eines Veräußerungsverlustes entgeltlich übertragen wurden.
Der Kläger war an zwei im Mai 2006 gegründeten GmbHs beteiligt, nämlich der
- A-GmbH (…) und der
- B-GmbH (…).
Gesellschafter der A-GmbH (A) waren, jeweils mit Anteilen im Nennwert von 5.000 €, neben dem Kläger seine drei Geschwister und seine Mutter, alleiniger Gesellschafter der B-GmbH (B) war der Kläger. Der Zweck beider Gesellschaften bestand in der Verwaltung eigenen Vermögens in Gestalt von Beteiligungen an der
- C-GbR und der
- D-GbR.
Die A hielt an der C-GbR und an der D-GbR jeweils Anteile in Höhe 75%, die B jeweils einen solchen von 25%. Das Vermögen dieser Gesellschaften bürgerlichen Rechts bestand wiederum aus Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds der E-GmbH (…), die Beteiligungen an mit öffentlichen Mitteln geförderten und langfristig vermieteten Mehrfamilienhäusern in verschiedenen Bezirken F-Stadts vermittelten. Bezüglich der Fonds der E-GmbH bestand eine Nachschusspflicht der Eigentümer (d.h. der C-GbR und der D-GbR). Um diese erfüllen zu können, zahlte die Mutter des Klägers von April 2007 bis Mai 2009 aufgrund entsprechender Gesellschafterbeschlüsse insgesamt 2.920.000 € in die Kapitalrücklage der A ein. § 7a Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der A enthielt bezüglich der Kapitalrücklage unter anderem folgende Bestimmung:
Wenn und insoweit die Gesellschaft die entsprechende Kapitalrücklage nicht mehr benötigt, kann der Gesellschafter, der den Zuschuss geleistet hat, oder sein Rechtsnachfolger verlangen, dass die Kapitalrücklage aufgelöst wird und der Zuschuss an ihn zurückgezahlt wird. Haben mehrere Gesellschafter Zuschüsse in die Kapitalrücklage geleistet, können sie Auflösung der Rücklage und Rückzahlung nur im Verhältnis der Höhe ihrer Zuschüsse zueinander verlangen.
Nachdem die Mutter des Klägers im April 2010 verstorben war, wurde ihm deren als Geschäftsanteil Nr. 1 bezeichneter Anteil im Juni 2010 von der Erbengemeinschaft in Erfüllung eines testamentarischen Vorausvermächtnisses übertragen. Im Testament heißt es insoweit, der Geschäftsanteil werde dem Vermächtnisnehmer „mit allen aus der Gesellschaftsbeteiligung erwachsenen Rechten und Pflichten” zugewendet. Ausweislich des hierüber geschlossenen notariellen Vertrages (…) hielt der Kläger nunmehr einen Anteil von 40% an der A. Nach dem Wortlaut des Testaments sollte durch das Vorausvermächtnis dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich der Kläger in den vergangenen Jahren maßgeblich um die Belange der Gesellschaft gekümmert hatte.
Mit notariellem Vertrag vom 22.12.2010 (…) übertrug der Kläger seinen Anteil an der B auf die A . Ferner (…) übertrug er den durch das Vermächtnis erlangten Geschäftsanteil Nr. 1 zu gleichen Teilen auf seine drei Geschwister. In beiden Fällen betrug die als Kaufpreis bezeichnete Gegenleistung unter Hinweis darauf, dass die Anteile wertlos seien, 0,- €.
In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 (Streitjahr) beantragten der Kläger und seine Ehefrau die steuerliche Berücksichtigung eines aus den beiden vorgenannten Geschäftsvorgängen resultierenden Veräußerungsverlustes des Klägers nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.H.v. 2.950.000 €. Dieser setzt sich wie folgt zusammen:
- A: Verlust des Stammkapitals i.H. des früheren Anteilsder Mutter (Anschaffungskosten der Rechtsvorgängerin,§ 17 Abs. 2 Satz 6 EStG) 5.000 €
- A: Verlust der Kapitalrücklage 2.920.000 €
- B: Verlust des Stammkapitals 25.000 €
Das Finanzamt ließ diesen Verlust im Einkommensteuerbescheid für ...