Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitkontenmodell: Zufluss von Arbeitslohn bei Gutschrift auf Zeitwertkonto
Leitsatz (redaktionell)
- Gutschriften auf einem im Rahmen eines Arbeitszeitkontenmodells für den Arbeitnehmer geführten Zeitwertkonto stellen noch keinen Zufluss von Arbeitslohn dar.
- Der Arbeitslohn gilt erst mit der Auszahlung des durch das Guthaben auf dem Konto dargestellten Arbeitslohns als zugeflossen.
- Aus der Stellung des Arbeitnehmers als GmbH-Geschäftsführer folgt nichts anderes.
Normenkette
EStG § 38 Abs. 2 S. 2; SGB IV §§ 7b, 80 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin – eine GmbH – ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Holding GmbH & Co. KG. Der Aufsichtsrat der Klägerin bestellte mit Beschluss vom 6. Dezember 2002 A. B. zu ihrem Geschäftsführer. A. B. war und ist nicht Gesellschafter der Klägerin. Die Klägerin schloss mit A. B. am 6. Dezember 2002 einen Dienstvertrag ab, der am 28. Februar 2007 neu gefasst wurde.
Am 27. November 2008 schlossen die Klägerin und A. B. eine Ergänzungsvereinbarung „über die Teilnahme des Arbeitnehmers an einem Arbeitszeitkontenmodell im Unternehmen des Arbeitgebers” (Ergänzungsvereinbarung) ab. Nach § 1 dieser Vereinbarung sollte A. B. auf die Auszahlung von bis zu 100 % seines monatlichen Grundgehalts, des ihm zustehenden Urlaubsgeldes, des ihm zustehenden Weihnachtsgeldes, der ihm zustehenden Gewinnbeteiligung, eines ihm auszuzahlenden Bonus und etwaiger Sonderzahlungen verzichten dürfen. Die Beträge, auf deren Auszahlung A. B. verzichten dürfen sollte, sollten ihm nicht ausgezahlt werden, sondern in ein für ihn eingerichtetes Zeitwertkonto eingestellt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ergänzungsvereinbarung (Bl. 22 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Mit einem Nachtrag zur Ergänzungsvereinbarung vom 12. Mai 2010 (Nachtrag) wurden die §§ 3 und 7 der Ergänzungsvereinbarung neu gefasst. Nach § 3 Abs. 2 dieses Nachtrags war vorgesehen, dass die Klägerin zur Absicherung der sich aus dem Zeitwertkonto ergebenden Ansprüche des A. B. und zur Finanzierung des Anspruchs auf bezahlte Freistellung bei der Z-Bank ein Vermögensverwaltungsdepot einrichten sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Nachtrag (Bl. 25 der Gerichtsakte) Bezug genommen. Die Klägerin verpfändete mit einer Verpfändungsvereinbarung vom 12. Mai 2010 (Verpfändungsvereinbarung) A. B. gegenüber sämtliche Wertpapier- und Bargeldbestände, die in dem Depot bei der Z-Bank gehalten wurden als Sicherheit für die Ansprüche des A. B. aus der Ergänzungsvereinbarung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verpfändungsvereinbarung (Bl. 27 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 5. November 2010, ihr eine Anrufungsauskunft des Inhalts zu erteilen, dass die Gutschriften auf dem bei ihr für A. B. geführten Zeitwertkonto noch keinen Zufluss von Arbeitslohn darstellten und der Arbeitslohn erst mit der Auszahlung des durch das Guthaben auf dem Konto dargestellten Arbeitslohns oder einer anderweitigen Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht durch A. B. als zugeflossen gelte.
Das beklagte Finanzamt erteilte der Klägerin mit Bescheid vom 6. Januar 2011 eine Anrufungsauskunft, nach welcher der Arbeitslohn bereits mit der Gutschrift auf dem Zeitwertkonto und nicht erst mit der späteren Auszahlung an den Arbeitnehmer zugeflossen sei. Bei dem von der Klägerin vereinbarten Zeitwertkontenmodell könne der Arbeitnehmer zwischen der Auszahlung des Arbeitslohns und der Einzahlung in ein bei einer Bank geführtes Depot wählen. Da der Verzicht auf die Auszahlung des Arbeitslohns die Einzahlung in das Depot zur Folge habe, liege ein Lohnverzicht mit Verwendungsauflage vor. Der Arbeitnehmer erlange auf Grund des ihm eingeräumten Wahlrechts die wirtschaftliche Verfügungsbefugnis über die entsprechenden Beträge. Für die Bestimmung des Zeitpunkts des Zuflusses sei es unerheblich, dass der Arbeitnehmer das Guthaben lediglich in den in § 4 der Ergänzungsvereinbarung geregelten Fällen in Anspruch nehmen könne und die Klägerin Inhaberin des Depots sei. Darüber hinaus führe die Gutschrift auf einem Zeitwertkonto für einen Arbeitnehmer, der zugleich Organ einer Körperschaft sei, zum Zufluss von Arbeitslohn. Vereinbarungen über die Einrichtung von Zeitwertkonten seien mit dem Aufgabenbild des Organs einer Körperschaft nicht zu vereinbaren. Die Organstellung eines Geschäftsführers begründe dessen Haftung, wenn er in Zeiten der Freistellung im Rahmen eines Zeitwertkontenmodells die Angelegenheiten der Gesellschaft nicht wie ein ordentlicher Geschäftsmann regele. Ein Geschäftsführer könne eine Freistellungsphase deshalb nicht ernsthaft planen.
Den hiergegen von der Klägerin eingelegten Einspruch wies das beklagte Finanzamt mit Entscheidung vom 26. Juli 2011 zurück.
Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Ihrem Geschäftsführer A. B. sei in dem Zeitraum vom...