Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld
Tenor
Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 22.09.1997 und der Einspruchsentscheidung vom 28.10.1997 wird der Beklagte verpflichtet, für die Zeit von Dezember 1996 bis Februar 1997 Kindergeld für das Kind „K” zu gewähren.
Die Kosten des Rechtsstreit trägt der Beklagte.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich dagegen, daß das beklagte Arbeitsamt – Familienkasse – die Zahlung von Kindergeld für seine Tochter „K” für die Monate Dezember 1996 bis Februar 1997 abgelehnt hat.
Der Kläger bezog für seine beiden Töchter „A”, geboren am 28.03.1975 und „K”, geboren am 19.11.1978, Kindergeld. Für „A” wurde die Zahlung des Kindergeldes mit Ablauf Dezember 1996 aufgehoben, da die Ausbildungsvergütung die Einkommensgrenze überschritten hatte. Für das Kind „K” stellte der Beklagte wegen Vollendung des 18. Lebensjahres zum Ablauf des Monats November 1996 die Zahlung des Kindergeldes ein Mit Schreiben vom 21.08.1997, eingegangen beim Arbeitsamt am 04.09.1997, teilte der Kläger mit, daß er seit Monaten für „K” kein Kindergeld erhalten habe. Er übersandte gleichzeitig eine Schulbescheinigung vom 19.08.1997, aus der sich ergab, daß „K” Schülerin der städtischen kaufmännischen Schule … in „X-Stadt” ist, dort die Jahrgangsstufe Gymnasium 12 a besucht und diese Schule voraussichtlich bis Juli 1999 besuchen werde.
Mit Bescheid vom 22.09.1997 setzte der Beklagte für „K” Kindergeld mit Beginn von März 1997 an fest und versagte die Zahlung für einen weiter zurückliegenden Zeitraum gem. § 66 Abs. 3 EStG.
Der Kläger hat dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben und beantragt,
den Bescheid vom 22.09.1997 und die Einspruchsentscheidung vom 28.10.1997 mit der Maßgabe zu ändern, daß Kindergeld für die Tochter „K” auch für die Monate Dezember 1996 bis Februar 1997 gewährt wird.
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Er trägt vor: Die ihm vorliegende Schulbescheinigung vom 26.01.1995 bestätige lediglich den Schulbesuch von „K” bis Juli 1996. Die Vorlage der aktuellen Schulbescheinigung sei als Antragstellung im Sinne des § 67 EStG gewertet worden. Aufgrund dessen sei zutreffend Kindergeld rückwirkend ab März 1997 festgesetzt worden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Beklagte hat dem Kläger zu Unrecht die Kindergeldzahlung für die streitigen Monate versagt.
Gemäß § 63 Abs.1 i.V.m. § 32 Abs.4 Nr. 2 a EStG besteht für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, ein Anspruch auf Kindergeld, wenn dieses sich in Berufsausbildung befindet, wozu der Schulbesuch gehört, und seine Einkünfte und Bezüge die Einkommensgrenze von 12.000 DM im Kalenderjahr nicht überschreiten. Wie vorliegend vom Kläger durch Vorlage der Schulbescheinigung nachgewiesen wurde, sind diese Voraussetzungen für den streitigen Zeitraum erfüllt gewesen. Es fehlte lediglich an einer schriftlichen Anzeige des Klägers, daß die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG weiter vorlagen (§ 67 Abs. 2 EStG). Das hat der Kläger -erst – mit seinem Schreiben vom 21.08.1997 getan.
Entgegen der Auffassung des Beklagten steht § 66 Abs.3 EStG einer rückwirkenden Zahlung des Kindergeldes für die genannten Monate nicht entgegen.
Nach § 66 Abs.3 EStG wird Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Zu dieser Bestimmung wird die Auffassung vertreten, daß es sich um eine gesetzliche Ausschlußfrist handele, gegen deren Versäumung auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich sei (Schmidt/Weber-Grellet, EStG § 66 Rz.8; Blümich-Heuermann, § 66 EStG Rz.35).
Nach dem Wortlaut des § 67 EStG wird unterschieden zwischen einem Antrag (Absatz 1) und einer Anzeige (Abs. 2). § 66 Abs. 3 EStG betrifft nur den – erstmaligen – Antrag auf Kindergeld. Der Beklagte vertritt dazu, gestützt auf die Regelung im Bundeskindergeldgesetz (§ 9 Abs. 2 BKGG) und die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Auffassung, das Anzeigeverfahren sei dem Antragsverfahren gleichgestellt. Zwar enthalte § 67 EStG keine ausdrückliche Verweisung. Jedoch bestimme § 70 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 EStG, daß ein schriftlicher Bescheid zur Aufhebung des Kindergeldes in den Fällen, in denen das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, ohne daß eine Anzeige nach § 67 Abs. 2 EStG erstattet ist, nicht erforderlich ist. Damit sei nach Ablauf des Monats der Vollendung des 18. Lebensjahres die Kindergeldfestsetzung konkludent aufgehoben und der Kindergeldanspruch erloschen. Dann sei ein neuer Antrag nach § 67 Abs. 1 EStG erforderlich – oder die verspätete Anzeige als solcher auszulegen – mit der Folge, daß der Kindergeldanspruch auch in diesem Fall nach Ablauf der Sechsmonatsfrist erlischt (so Weber/Grellet bei Schmidt EStG, § 67 Rz 5).
Diese Auffassung ist jedoch nicht zwingend und die Gesetzeslage nicht eindeutig. Die fehlende Verweisung in § 67 Abs. 2 auf § 67 Abs. 1 EStG kann genausogut dafür sprechen, daß der Steuergesetzgeber bewußt nicht die Formulierung aus dem Bundeskindergeldgesetz übernommen hat, s...