Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertbemessung bei fehlender Steuerbelastung oder erstrebten Steuererhöhungen
Leitsatz (amtlich)
Bei Klagen gegen Null-Bescheide kommt eine Streitwertbemessung nach dem Eingangswert der Streitwert-Tabelle in Betracht, wenn es sich um eine steuerlich und wirtschaftlich überflüssige Klageerhebung handelt.
Soll mit der Klage z.T. eine höhere Steuerbelastung als bisher erstritten werden, so kommt eine additive Berücksichtigung des Steuererhöhungsbetrages als Teilstreitwert nur in Betracht, wenn im Gesamtstreitwert der dafür maßgebende sonstige Vorteil nicht seinerseits bereits betragsmäßig enthalten ist.
Normenkette
GKG a.F. § 13; GKG n.F. § 52
Tatbestand
I.
Die Kläger hatten sich im vorliegenden Verfahren in erster Linie gegen die Annahme einer Betriebsaufspaltung zur Wehr gesetzt, die der Beklagte nach einer Betriebsprüfung der Einkommens-, Gewerbe- und Vermögensbesteuerung zugrunde gelegt hatte. Hinsichtlich der VSt 1993 bis 1996 war zusätzlich die Bewertung von Forderungen gegen die (Betriebs-)GmbH mit dem gemeinen Wert (1993: 1,8 Mio. DM; 1994: 6,3 Mio. DM; 1995 4,7 Mio. DM; 1996: 4,5 Mio. DM) statt mit Null DM streitig. In einem Teil der angefochtenen Bescheide war die Steuer auf Null DM festgesetzt. In einem weiteren Teil der angefochtenen Bescheide hätte das Klägerbegehren - Nichtberücksichtigung der Betriebsaufspaltung - zu höheren Steuern geführt.
Nachdem der Beklagte die Gewerbesteuer für ein Streitjahr um 603.223 DM herabgesetzt hatte, erklärten die Beteiligten den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt.
Entscheidungsgründe
II.
Für die nunmehr noch nach § 138 FGO zu treffende Kostenentscheidung ist zunächst der Gesamtstreitwert festzustellen, um das anteilige Obsiegen und Unterliegen zu bemessen.
Der Gesamtstreitwert des Verfahrens ist vorliegend aus der Addition der Teilstreitwerte der im Wege der objektiven Klagehäufung anhängigen einzelnen selbständigen Klagebegehren zu bilden (vgl. § 39 GKG n.F.).
1.1 In Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz in der im Streitfall geltenden Fassung - GKG -; jetzt: § 52 Abs. 1 GKG n.F.). Nur wenn der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG (jetzt: § 52 Abs. 2 GKG n.F.) ein Streitwert von 8.000 DM anzunehmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend (§ 13 Abs. 2 GKG; jetzt: § 52 Abs. 3 GKG n.F.).
1.2 Aus dem Zusammenhang dieser Vorschriften über die gebührenrechtliche Wertbemessung ist zu erkennen, dass die Bedeutung des Rechtstreits für den Kläger sowohl Grundlage als auch Ziel der Wertbemessung ist. Dieser in § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG enthaltene Grundsatz findet seinen praktischen Niederschlag in der Bestimmung des § 13 Abs. 2 GKG, wonach bei einem Streit um Geldleistungen deren Höhe maßgebend sein soll. Denn bei einem Streit um eine Zahlungsverpflichtung besteht die "Bedeutung" für den Kläger in dem wirtschaftlichen Interesse an der Nichtzahlung. § 13 Abs. 2 GKG steht somit nicht in einem Konkurrenzverhältnis - und insbesondere nicht in einem Vorrangverhältnis - zu § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG (a.A. Brandis in: Tipke/Kruse AO, FGO, Vor § 135 FGO Rz. 108: Subsidiarität), sondern ist eine Ausprägung des dort niedergelegten Grundsatzes für den Regelfall eines Streits über Zahlungsverpflichtungen - mit der Besonderheit, dass in einem solchen Fall regelmäßig bei der Wertbemessung kein Ermessensspielraum besteht.
1.3 Nach h.L. wird § 13 Abs. 2 GKG auch für Verfahren angewendet, in denen der Kläger eine höhere Zahlungspflicht erstrebt (vgl. Brandis in: Tipke/Kruse, AO, FGO, Vor § 135 FGO Rz. 110; dort auch zu Ausnahmen). Dies ist für den Regelfall auch zutreffend. Denn wer eine Erhöhung der Steuer wünscht, wird im Regelfall einen noch höheren Vorteil an anderer (steuerlicher oder nicht-steuerlicher) Stelle bezwecken (BFH, Urteil vom 26.1.1970, IV 204/64, BStBl II 1970, 493).
1.4 Da indes § 13 Abs. 2 GKG, wie oben dargestellt, lediglich eine Ausprägung des in Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift enthaltenen Grundsatzes für den häufigen Fall eines Rechtstreits wegen Zahlungsforderungen ist, kann diese Vorschrift nicht gelten für Klagebegehren, bei denen der mit der Erhöhung der Steuerschuld einhergehende "andere" Vorteil seinerseits bereits in dem Gesamtstreitwert enthalten ist. Denn in einem solchen Fall ist offensichtlich, dass die "Bedeutung" der Sache für den Kläger im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht in der Addition von erstrebtem Vorteil und dafür hingenommenem Nachteil besteht, sondern nur in der Differenz zwischen Vor- und Nachteil (a.A. ohne Differenzierung wohl BFH, Beschluss vom 26.11.2002, VII E 9/02, BFH/NV 2003, 340; dem folgend Brandis aaO).
In Anwendung dieser Grundsätze ergeben sich folgende Teil...