Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer: Keine Steuerfreiheit von Zuschlägen für tatsächlich nicht geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit
Leitsatz (amtlich)
Ein Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Erteilung einer inhaltlich richtigen Anrufungsauskunft nach § 42e EStG.
Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, die für Zeiten gezahlt werden, in denen der Arbeitnehmer wegen einer vermuteten, tatsächlich aber nicht vorliegenden Infektion von der Arbeit freigestellt war, sind nicht steuerfrei.
Das gilt auch, wenn die Schichtzulage nach einer einschlägigen Verwaltungsanweisung (nur) in Fällen des Urlaubs oder einer Erkrankung steuerpflichtig sein soll.
Normenkette
EStG §§ 3b, 42e
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Anrufungsauskunft gem. § 42e Einkommensteuergesetz (EStG).
Der ledige Kläger ist als ..... bei der A AG (Arbeitgeberin) beschäftigt. Aus dieser Tätigkeit erzielt er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er wohnt im Bezirk des Finanzamtes B und wird dort unter der Steuernummer .../.../... zur Einkommensteuer veranlagt. Der Beklagte ist das Betriebsstättenfinanzamt für die Arbeitgeberin.
Die Arbeitgeberin zahlt ihrem Bordpersonal eine pauschale Schichtzulage in Höhe von 16,3 Prozent der Grundbezüge für Dienste zu ungünstigen Zeiten. Diese Schichtzulage ist ausweislich des Erlasses 52-S 2343-1/91 der Finanzbehörde Hamburg vom 13.03.1991 (Erlass) nach § 3b EStG in Verbindung mit Abschnitt 30 Abs. 7 LStR 1990 grundsätzlich steuerfrei. Im Juli 2009 zahlte die Arbeitgeberin die Zulage in Höhe von 317,- € für sieben Tage, an denen der Kläger von der Arbeit freigestellt war. Er stand im Verdacht, sich mit dem H1N1-Virus infiziert zu haben. Die Arbeitgeberin behandelte diese Zulage als steuerpflichtig.
Mit Schreiben vom 11.02.2010 richtete der Kläger einen Antrag auf Erteilung einer Anrufungsauskunft nach § 42e EStG an den Beklagten. Er bat darin um Auskunft, ob der Beklagte seine Rechtsauffassung bezüglich der Steuerfreiheit der ihm von seiner Arbeitgeberin im Juli 2009 ausgezahlten Schichtzulage teile. Aus dem Erlass gehe hervor, dass die pauschale Schichtzulage nur dann als steuerpflichtig zu behandeln sei, wenn diese für Zeiten des Urlaubs oder der Krankheit fortgezahlt würde. Zum einen habe er sich aber nicht im Urlaub befunden. Zum anderen habe der Freistellungszeitraum, selbst wenn man ihn einer Quarantäne i. S. d. § 30 InfektionsschutzG gleichstelle, auch nicht auf einer Krankheit beruht, da er tatsächlich nicht an der befürchteten Grippe erkrankt sei. Er habe bereits in einem gegen seine Arbeitgeberin geführten Prozess vor dem Arbeitsgericht C die nachträgliche Steuerfreistellung erreichen wollen, dieses Verfahren jedoch mit Urteil vom 09.02.2010 verloren.
Der Beklagte beantwortete die Anfrage mit Schreiben vom 18.02.2010. Darin führte er aus, dass eine Steuerbefreiung für die fragliche Zulage ausscheide, da die Voraussetzungen von § 3b EStG nicht vorlägen. Nach dieser Norm würden lediglich Zulagen steuerfrei gestellt, die für tatsächlich an Sonn-, Feiertagen oder zur Nachtzeit geleistete Arbeitszeit gezahlt würden. Der Kläger habe die Zulage jedoch für einen Zeitraum erhalten, zu welchem er nicht im Dienst war. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt dieses Schreiben nicht.
Nach Auffassung des Beklagten handelte es sich bei dieser Auskunft i. S. d. § 42e EStG nicht um einen Verwaltungsakt. Der vom Kläger ausdrücklich gewünschte Erlass eines rechtsbehelfsfähigen Bescheids wurde demgemäß mit Schreiben vom 02.03.2010 abgelehnt. Die daraufhin vom Kläger am 07.04.2010 (Eingang der Klageschrift) gegen die Auskunft erhobene Klage wurde beim Finanzgericht Hamburg unter dem Aktenzeichen 6 K 72/10 geführt. In seiner Mitteilung vom 11.05.2010 wies das Gericht die Beteiligten darauf hin, dass es sich bei der Auskunft nach § 42e EStG entgegen der Auffassung des Beklagten um einen Verwaltungsakt handele. Da jedoch der Beklagte seine Zustimmung zu einer Sprungklage verweigert habe, sei das Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) als außergerichtlicher Rechtsbehelf zu behandeln. Das Verfahren wurde daher zur Durchführung eines Vorverfahrens an den Beklagten abgegeben.
Dieser behandelte die Klage sodann als fristgemäßen Einspruch gegen die Anrufungsauskunft und wies diesen Rechtsbehelf mit Einspruchsentscheidung vom 25.06.2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte wiederum aus, die streitige Zulage unterliege aus oben bereits genannten Gründen nicht § 3b EStG. Ferner stelle die Steuerfreiheit von Zuschlägen für die Lohnzuschläge bei Dienst zu ungünstigen Zeiten i. S. d. § 3b EStG als steuerliche Subvention eine Ausnahme vom Leistungsfähigkeitsprinzip dar. Eine solche sei nur gerechtfertigt, wenn der Steuerpflichtige auch tatsächlich zu den ungünstigen Zeiten Dienst geleistet habe. Grundsätzlich sei daher ein Einzelnachweis über die tatsächlich unter § 3b EStG fallenden Arbeitszeiten zu führen. Die im Erlass eingeräumte Möglichkeit zur paus...