Leitsatz (redaktionell)
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, daß im Rahmen der Ermittlung der zumutbaren Belastung bei der Bemessungsgrundlage „Gesamtbetrag der Einkünfte” Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten unberücksichtigt bleiben.
Normenkette
EStG § 33
Tatbestand
Streitig ist die Berechnung des Gesamtbetrages der Einkünfte im Rahmen der Ermittlung der zumutbaren Eigenbelastung gemäß § 33 Abs. 3 EStG.
Der 1930 geborene Kläger bezieht Einkünfte aus selbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung. Seit 1985 ist er geschieden und leistete seiner geschiedenen Frau im Streitjahr Unterhalt in Höhe von … Tsd. DM.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger u.a. die Unterhaltsleistungen an seine geschiedene Ehefrau als Sonderausgaben sowie Krankheitskosten in Höhe … Tsd. DM als außergewöhnliche Belastung geltend.
Mit Einkommensteuerbescheid 1995 vom 24.2.1997 legte der Beklagte einen Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von … Tsd. DM zugrunde und berücksichtigte die Unterhaltsleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Sonderausgaben. Als außergewöhnliche Belastung setzte er die Krankheitskosten in Höhe von … Tsd. DM nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung (7% vom Gesamtbetrag) mit … Tsd. DM an. Der Bescheid war u.a. mit Rücksicht auf anhängige Verfassungsbeschwerden hinsichtlich der Höhe der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 AO. Mit Einspruch vom 27.2.1997 beanstandete der Kläger, daß der Altersfreibetrag in Höhe von 3.720 DM unberücksichtigt geblieben sei und wandte sich im übrigen gegen den Ansatz einer zumutbaren Belastung im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen. Jedenfalls seien die Unterhaltsleistungen an die geschiedene Frau in Höhe … Tsd. DM insoweit einkünftemindernd zu berücksichtigen, weil sie die zur Verfügung stehenden Einkünfte tatsächlich kürzten.
Unter dem 8.4.1997 erließ der Beklagte einen geänderten Einkommensteuerbescheid 1995, in dem ein Altersentlastungsbetrag in Höhe von 3.720 DM nunmehr berücksichtigt wurde und sich danach ein Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von … Tsd. DM ergab. Dementsprechend verringerte sich bei den außergewöhnlichen Belastungen die zumutbare Eigenbelastung auf … Tsd. DM. Der Vorläufigkeitsvermerk blieb bestehen. Der Einspruch wurde im übrigen mit Einspruchsentscheidung vom 23.6.1997, am selben Tage zur Post gegeben, zurückgewiesen unter Hinweis darauf, daß nach der Gesetzeslage Unterhaltsleistungen bei der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung nicht berücksichtigt werden könnten. Zur Frage der Verfassungsgemäßheit der Berücksichtigung einer zumutbaren Eigenbelastung sei ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig, insoweit sei der angegriffene Bescheid mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen, so daß den Rechtsschutzinteressen des Klägers vollen Umfangs entsprochen worden sei.
Mit bei Gericht am 24.7.1997 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger ist der Ansicht, bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung gemäß § 33 Abs. 3 EStG müßten bei der Bemessungsgrundlage „Gesamtbetrag der Einkünfte” die Unterhaltsleistungen an seine geschiedene Frau in Höhe von … Tsd. DM berücksichtigt werden, weil sie unvermeidbar seien und seine Leistungsfähigkeit einschränkten. Insoweit könnten Unterhaltsleistungen an einen geschiedenen Ehegatten auch nicht anders behandelt werden als Unterhaltszahlungen für Kinder.
Der Kläger beantragt,
den geänderten Einkommensteuerbescheid 1995 vom 8.4.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.6.1997 mit der Maßgabe zu ändern, daß unter Berücksichtigung eines Gesamtbetrages der Einkünfte von … Tsd. DM eine zumutbare Belastung von … Tsd. DM bei den außergewöhnlichen Belastungen abgezogen und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt auf seine Einspruchsentscheidung Bezug.
Mit Beschluß vom 14.3.1997 hat das Bundesverfassungsgericht in dem vom Beklagten in bezug genommenen Verfahren 2 BvR 861/92 entschieden und die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Auf die Niederschrift über die Senatssitzung vom 10.11.98 wird Bezug genommen.
Die den Kläger betreffende Einkommensteuerakte zur Steuer-Nr. … hat vorgelegen.
Entscheidungsgründe
(1) Die Klage ist zulässig.
Insbesondere entfällt ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nicht deshalb, weil der angegriffene Einkommensteuerbescheid bezüglich der Höhe der zumutbaren Belastung gemäß § 33 Abs. 3 EStG mit einem Vorläufigkeitsvermerk gemäß § 165 AO versehen ist. Denn insoweit hat das Bundesverfassungsgericht zwischenzeitlich mit Beschluß vom 14.3.1997 entschieden und die in Rede stehende Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, so daß die Voraussetzungen für eine vorläufige Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 2 AO entfallen sind (vgl. auch BMF-Schreiben vom 18.12.1997 BStBl I 1997, 1015). Im übrigen betraf dieses Verfa...