Revision eingelegt (BFH VII R 38/12)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif: Sportschuhe müssen nicht ausschließlich zum Sport getragen werden können
Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle einer auf Aufhebung einer verbindlichen Zolltarifauskunft und Verpflichtung zur antragsgemäßen Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft gerichteten Verpflichtungsklage tritt keine Erledigung ein, wenn die erteilte verbindliche Zolltarifauskunft nach Klageerhebung gem. Art. 12 Abs. 5 lit. a) i) Zollkodex ungültig geworden ist. Da sich nur der Anfechtungs-, nicht jedoch der Verpflichtungsteil der Klage erledigt hat, ist die Verpflichtungsklage weiterhin statthaft (anders BFH, Urteil vom 28.04.1998, VII R 83/96).
2. Zu den Anforderungen an Schuhe, die als Sportschuhe in die Warennummer 6403190000 eingereiht werden können.
Normenkette
FGO § 46 Abs. 2; ZK Art. 12 Abs. 5 lit. a) i)
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft.
Die Klägerin führt Schuhe ein, die sie für den Einsatz im Golfsport über den entsprechenden Fachhandel vertreibt. Es handelt sich um Schuhe mit einer Laufsohle aus Kautschuk und einem Oberteil aus Leder, die den Knöchel nicht bedecken. Die Laufsohle verfügt über mehr als 100 auf der gesamten Fläche verteilte Nocken mit einer Länge von 0,3-0,5 cm. Im Bereich der Ferse sind zwei Kunststoffgewinde eingearbeitet, die zum Zeitpunkt der Einfuhr mit Abdeckungen, von der Klägerin als "street caps" bezeichnet, versehen sind, um die Gewinde vor Verschmutzung zu schützen. Über den Fachhandel können unterschiedliche Arten von "Spikes" bezogen werden, die - nach Entfernung der Abdeckungen - in die Gewinde eingeschraubt werden können.
Mit verbindlicher Zolltarifauskunft DE ...-1 vom 15.04.2011 reihte der Beklagte die Schuhe in die Warennummer 6403999396 ein.
Am 11.05.2011 legte die Klägerin dagegen Einspruch ein. Bei den Schuhen handele es sich um spezifische Crossover-Schuhe, die ausschließlich für die Ausübung der Sportart Golf entwickelt und hergestellt würden. Die Schuhe ermöglichten wegen der Nocken einen sehr guten Stand bei Drehung und Schlag auf dem Golfplatz. Zudem verfügten sie über eine spezielle Fersenstütze sowie zwei Gewindevorrichtungen zum Einschrauben von Soft-Spikes und eine Abdeckung für diese Vorrichtungen, den sogenannten "street caps", die dem Schutz der Gewindevorrichtungen dienten. Die Spikes würden - anders als die vormontierten "street caps" -, nicht mitgeliefert, seien also nicht Gegenstand der Ware. Sie seien in verschiedenen Härtegraden, Formen und Längen verfügbar und müssten zusätzlich erworben werden. Die besondere Ausstattung der Sohlen, die ausschließlich für den Golfsport entwickelt worden seien, führe zu einer Erhöhung der Herstellungskosten je Schuh um ca. 50 %. Zudem seien die Schuhe atmungsaktiv und mit einer wasserfesten Membran ausgerüstet. Der Verkauf erfolge über den Sportfachhandel. Wegen der durch die Sohlenkonstruktion (Nocken) erhöhten Rutschgefahr seien die Schuhe als Straßenschuhe nicht geeignet. Auf dem Karton sei auch ein allgemeiner Warnhinweis im Hinblick auf den zweckbestimmten Gebrauch der Golfschuhe angebracht. Auch als Laufschuhe seien sie wegen des schlechten Abrollverhaltens ungeeignet. Tatsächlich würden die Schuhe von zahlreichen namhaften Profi-Golfspielern getragen. Sofern die Schuhe tatsächlich auch außerhalb des Golfplatzes getragen würden, sei dies für die Einreihung nicht entscheidend.
Auf entsprechende Nachfrage des Beklagten nahm das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung zu dem Einspruch Stellung. Es handele sich nicht um Sportschuhe der Unterposition 64031900, weil die beiden im Fersenbereich eingesetzten sogenannten "street caps" nach Größe und Form keine stollenähnlichen Vorrichtungen, sondern nur eine spezielle Art der Laufsohlenprofilierung darstellten. Nach der Unterpositionsanmerkung 1 zu Kapitel 64 müsse es sich um Vorrichtungen handeln, die dazu dienten, dem Schuh einen besonderen und sicheren Halt bei der Ausübung der speziellen Sportart zu geben. Auch die maximal 5 mm hohen Nocken seien keine "ähnlichen Vorrichtungen" im Sinne dieser Bestimmung, sie stellten lediglich eine starke Profilierung der Sohle dar. Zwar seien die Schuhe für das Anbringen ähnlicher Vorrichtungen im Sinne der Unterpositionsanmerkung 1 a) hergerichtet und könnten insoweit als Sportschuhe angesehen werden, durch das Aufschrauben der "street caps" würde aber lediglich eine Profilergänzung bewirkt, wodurch der Schuh seine Eigenschaft als Sportschuh verliere. Allein die Möglichkeit, den Schuh durch Austausch der "street caps" mit Spikes wieder zu einem Sportschuh zu machen, reiche nicht. Mit speziellen Vorrichtungen, die Schuhe als Sportschuhe kennzeichneten, sei auf normalem Straßenbelag üblicherweise nur eine unbequeme Fortbewegung möglich (z. B. Fußballschuhe). Mit den streitgegenständlichen...