Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer: Kfz-Überlassung an Arbeitnehmer
Leitsatz (amtlich)
Überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, führt dies zu einem als Lohnzufluss nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassenden steuerbaren Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers; der Arbeitnehmer ist um den Betrag bereichert, den er für eine vergleichbare Nutzung aufwenden müsste und den er sich durch die Überlassung des Fahrzeugs durch den Arbeitgeber erspart. Unabhängig von den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen führt allein die Überlassung zur Nutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers.
Normenkette
EStG §§ 19, 8 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Versteuerung eines Nutzungsvorteils aufgrund der Überlassung eines betrieblichen Kfz durch ihren vormaligen Arbeitgeber.
Die Klägerin war bis zum ... 2012 Arbeitnehmerin der A GmbH (A) und für diese im Außendienst tätig.
Am 1. Mai 2009 hatte die Klägerin einen Nutzungsüberlassungsvertrag für Kraftfahrzeuge mit der B GmbH, welche später durch die A übernommen wurde, geschlossen. Dieser Vertrag enthält folgende Regelungen:
§ 2 Umfang der Nutzung
Die Firma überlässt dem Mitarbeiter das Fahrzeug zur Nutzung für betriebliche Zwecke im Zusammenhang mit dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis. Darüber hinaus ist der Mitarbeiter berechtigt, mit dem Kraftfahrzeug private Fahrten auszuführen. Die private Nutzung des Fahrzeugs ist Bestandteil des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses und somit Teil der Vergütung.
§ 4 Steuern
Die private Nutzung des Fahrzeugs ist ein dem Mitarbeiter von der Firma gewährter geldwerter Vorteil. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, diesen Vorteil nach den jeweils geltenden steuerlichen Vorschriften zu versteuern. Die Firma wird in Bezug auf den geldwerten Vorteil die Lohnsteuer, Kirchensteuer, und Sozialversicherungsbeträge nach der 1-%-Methode berechnen und entsprechend abführen. Der Mitarbeiter ist berechtigt, im Rahmen seiner Steuererklärung auch andere Besteuerungsmethoden in Ansatz zu bringen. Insbesondere ist er berechtigt, die Besteuerung anhand des Fahrtenbuchs auf Grundlage der tatsächlichen Nutzung vorzunehmen.
Das Finanzamt C führte bei der A für die Jahre 2011 bis 2014 eine Lohnsteueraußenprüfung durch. Dabei gelangte die Betriebsprüfung zu der Auffassung, dass der Klägerin im Prüfungszeitraum als Außendienstmitarbeiterin aufgrund eines Nutzungsüberlassungsvertrages ein Firmen-Pkw zur privaten Nutzung zur Verfügung stand. Die von der Klägerin für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 4. Juni 2012 vorgelegten Fahrtenbücher betrachtete die Betriebsprüfung als nicht ordnungsgemäß, da Hin- und Rückfahrt nicht getrennt erfasst worden seien, das Buch ein durchgehend einheitliches Schriftbild aufweise, Angaben teilweise unleserlich, Tank- und Werkstattfahrten sowie Privatfahrten nicht erfasst worden seien. Teilweise seien auch mehrere Fahrten zusammengefasst sowie Eintragungen überschrieben und mit TipEx unkenntlich gemacht worden. Den geldwerten Vorteil ermittelte das Finanzamt C anhand der 1-%-Methode i. H. v. ... € (2011) und ... € (2012) und teilte das entsprechende Prüfungsergebnis dem Beklagten mit.
Zwischen der A und der Klägerin kam es im Rahmen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diversen rechtlichen Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht D. Hinsichtlich der von A ausgesprochenen Kündigung verglichen sich die Parteien dergestalt, dass die Klägerin eine Abfindung erhielt und im Übrigen alle Ansprüche der Parteien gegeneinander aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt sein sollten. Zudem bestätigten die Parteien, dass das Arbeitsverhältnis bis zum ... 2012 ordnungsgemäß abgerechnet und abgewickelt worden sei. Der gerichtliche Vergleich datiert vom ....
Mit Klage vom 7. Januar 2013 begehrte die A von der Klägerin Schadenersatz wegen etwaiger drohender Lohnsteuernachforderungen aufgrund der Außenprüfung. Der Klägerin sei als Vergütungsbestandteil ein Dienstfahrzeug (XXX) auch zum privaten Gebrauch zur Verfügung gestellt worden. Dies ergebe sich aus dem Nutzungsüberlassungsvertrag vom 1. Mai 2009. Eine Besteuerung des geldwerten Vorteils habe ursprünglich nach der 1-%-Regelung vorgenommen werden sollen. Die Klägerin habe auf die Führung eines Fahrtenbuchs bestanden. Dies sei jedoch fehlerhaft von ihr geführt worden, so dass nunmehr das Finanzamt die Lohnsteuer nachfordere. Aufgrund schuldhaften Verhaltens (mangelhafte Fahrtenbuchführung) sei sie schadensersatzpflichtig. Nach richterlichem Hinweis, dass aufgrund des zuvor geschlossenen Vergleichs auch die nunmehr von der A geltend gemachten Ansprüche abgegolten seien, schlossen die Parteien einen weiteren Vergleich, in welchem sich die Klägerin zur Zahlung von ... € an die A verpflichtete.
Am 29. Februar 2016 erließ der Beklagte Änderungsbescheide für die Streitjahre 2011 und 2012 über Einkommensteuer, mit welchen er di...