Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der Lieferung
Leitsatz (amtlich)
Eine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne erfordert, dass der leistende Unternehmer den Abnehmer ermächtigt, über den Liefergegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre er sein Eigentümer.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, §§ 14, 3 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin im Streitzeitraum die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG erfüllt hat.
Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 04.10.2001 durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten unter der Firma A GmbH gegründet; sie wurde am 03.01.2002 in das Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg eingetragen. Am 26.04.2002 erwarb Herr B die Geschäftsanteile. Die Gesellschafterversammlung änderte sodann die Firma und B wurde zum Geschäftsführer bestellt. Am 14.08.2002 wurde B abberufen und der jetzige Geschäftsführer bestellt. Dieser wurde am 18.02.2003 in das Handelsregister eingetragen.
Nach den Buchführungsunterlagen der Klägerin hat diese von der C Automobile GmbH (C-GmbH) Kraftfahrzeuge der Marke C gekauft und an die in Großbritannien ansässige D Ltd. (D), eine Tochtergesellschaft der E Ltd., weiterveräußert. Die Abwicklung der Geschäfte stellt sich aufgrund der Ermittlungsergebnisse der Betriebsprüfung wie folgt dar:
Die D - oder eine andere in Großbritannien ansässige Gesellschaft - bestellte bei der C-GmbH das jeweils gewünschte Fahrzeug der Marke C; die C-GmbH nahm sodann das Angebot durch Erteilung einer entsprechenden Auftragsbestätigung an (vgl. z.B. die Bestellung der D vom 25.03.2002 und die Auftragsbestätigung der C-GmbH vom 14.06.2002 zur S-Nr. 35XXXX zum Kaufpreis von 33.155,60 €). Dabei wurde für jede Bestellung eine "S"-Auftragsnummer, die der Identifizierung der Fahrzeuge dient, vergeben; sie ist von der Bestellung bis zur letzten Rechnung stets angegeben. Die Bestellungen der englischen Kunden erfolgten aufgrund der Vermittlung durch die F OHG (F).
Die C-GmbH orderte sodann die Fahrzeuge bei der C Deutschland GmbH in G - C-Deutschland - (vgl. z.B. Bestellung der C-GmbH vom 13.05.2002 und Auftragsbestätigung der C-Deutschland vom 14.05.2002, jeweils zur S-Nr. 35XXXX).
Nachdem von C-Deutschland die Aufträge bestätigt worden waren, erhielt auch die D von der C-GmbH ihre Auftragsbestätigung zu dem vereinbarten Preis sowie die Mitteilung des unverbindlichen Liefertermins (vgl. z.B. Auftragsbestätigung vom 14.06.2002 zur S-Nr. 35XXXX).
Jetzt wurde die Klägerin tätig. Sie fertigte Bestellungen an die C-GmbH über die nämlichen und bereits von der D bestellten Fahrzeuge (vgl. z.B. Bestellung der Klägerin vom 14.07.2002 zur S-Nr. 35XXXX). Die erforderlichen Angaben hierzu erhielt sie wiederum von der C-GmbH.
Alsdann stellte C-Deutschland der C-GmbH das bestellte und gelieferte Fahrzeug in Rechnung (vgl. z.B. Rechnung vom 12.07.2002 zur S-Nr. 35XXXX). Anschließend erteilte die C-GmbH der Klägerin eine Rechnung über das nämliche Fahrzeug mit ausgewiesener Umsatzsteuer (vgl. z.B. Rechnung vom 16.07.2002 über einen Kaufpreis von 33.155,59 €, Umsatzsteuer 5.304,89 €); die Klägerin wiederum stellte den entsprechenden Nettobetrag der D in Rechnung (vgl. z.B. Rechnung vom 16.07.2002 zur S-Nr. 35XXXX).
Danach wies die E Ltd., die Gesellschafterin der D, den Kaufpreis zur Zahlung an die C-GmbH an (vgl. z.B. Auftragserteilung zum Banktransfer vom 15.07.2002 zur S-Nr. 34XXXX).
Die C-GmbH teilte nunmehr der F unter Aufgabe der entsprechenden S-Nummern mit, dass die Fahrzeuge am Geschäftssitz der C-GmbH abholbereit seien (vgl. z.B. Mitteilung vom 18.07.2002 zur S Nr. 35XXXX). Die F benachrichtigte den Spediteur über die bei der C-GmbH abholbereiten Fahrzeuge. Anschließend wurden die Fahrzeuge entweder von einem von der D beauftragten Spediteur - ggf. vermittelt durch die F - bei der C-GmbH abgeholt, oder die C-GmbH selbst beauftragte einen Spediteur, um die Fahrzeuge nach England verschiffen zu lassen.
Alsdann stellte die F der C-GmbH für die Vermittlung des nämlichen Fahrzeugs eine Provision in Rechnung (vgl. z.B. Rechnung vom 16.07.2002 zur Auftragsnummer 34XXXX).
Der Grund für diese Verfahrensweise lag in den von C-Deutschland geänderten Geschäftsbedingungen. Danach war ein direkter Export von Neufahrzeugen nach England durch die C-GmbH nicht möglich. Die Fahrzeuge wurden deshalb zunächst in Hamburg zugelassen. Auf diese Weise sollte der Reimport über Deutschland nach England gegenüber dem Hersteller C UK verschleiert werden.
Die Klägerin beschäftigte neben ihrem Geschäftsführer im Streitzeitraum keine weiteren Arbeitnehmer. Sie verfügte für den Streitzeitraum über einen Ordner mit Kontoauszügen, Sachkonten und den Summen- und Saldenlisten. Gebucht wurden die Geschäftsvorfälle nach den Eingangs- bzw. Ausgangsrechnungen. Geldbewegungen, die auf den Erwerb bzw. Verkauf eines Fahrzeugs oder auf ein sonstiges Geschäft hindeuten würden, liegen nicht vor. Als Geldeingänge sind im Streitjahr lediglich eine Einzahlung auf das Stamm...