Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff des "häuslichen" Arbeitszimmers und Maßstab der Mittelpunktsbeurteilung
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein häusliches Arbeitszimmer liegt nur dann vor, wenn zwischen dem privat genutzten Teil der Wohnung und dem Arbeitszimmer ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang besteht. Sog. außerhäusliche Arbeitszimmer werden von § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG nicht erfaßt. Eine steuerverschärfende Analogie ist nicht zulässig.
2) Ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang liegt dann nicht vor, wenn ein Raum innerhalb eines Mehrfamilienhauses mit eigenem Mietvertrag für berufliche Zwecke angemietet wird und dieser Raum von der Mietwohnung innerhalb des Hauses räumlich getrennt ist.
3) Die durch ein häusliches Arbeitszimmer anfallenden Kosten sind anteilig einzelnen Tätigkeiten zuzuordnen, wenn das Arbeitszimmer für verschiedene Tätigkeiten genutzt wird ("Kostenteilung vor Anwendung des Höchstbetrags"). Die Zuordnung erfolgt in Anknüpfung an die im Arbeitszimmer erwirtschafteten Einnahmen und nicht nach der zeitlichen Nutzung des Arbeitszimmers.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b, § 9 Abs. 1, 1 S. 1, § 4 Abs. 5
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob im Streitjahr 1996 getätigte Aufwendungen für ein sog. außerhäusliches Arbeitszimmer unbegrenzt oder nur in Höhe von 2.400 DM abzugsfähig sind.
Die in einer Wohnung eines ihnen nicht gehörenden Mehrfamilienhauses unter der Anschrift … wohnenden Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute mit drei in den Jahren 1982, 1984 und 1989 geborenen, im Haushalt der Kläger wohnenden Kindern. Die Klägerin war im Streitjahr nicht berufstätig. Der Kläger war als Studienrat an einem Gymnasium tätig und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H. von 51.211 DM. Außerdem erzielten sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H. von insgesamt 106.136 DM (zum ganz überwiegenden Teil auf den Kläger entfallend) aus den Objekten …, … und … sowie aus der Beteiligung an der Grundstücksgemeinschaft … (12.909 DM). Der Kläger erzielte ferner vom FA … festgestellte negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H. von 86.753 DM aus einer Beteiligung an der …. Ferner erzielten die Kläger – überwiegend auf den Kläger entfallende – Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H. von 35.439 DM.
In ihrer am 12.12.1997 beim Beklagten eingegangenen, gemeinsamen Einkommensteuererklärung machten die Kläger u.a. Aufwendungen für ein Arbeitszimmer des Klägers entsprechend einer gesonderten Berechnung (Anlage zur Anlage N) in der unstreitigen Höhe von 9.217 DM geltend. Dieses Arbeitszimmer diente erklärtermaßen „der Verwaltung des Immobilienbesitzes und zur Erledigung der nichtselbständigen Arbeit”. Der Beklagte berücksichtigte mit Einkommensteuerbescheid vom 30.4.1998 die Aufwendungen für dieses Arbeitszimmer jedoch nur in Höhe von 2.400 DM (Differenz = 6.817 DM) und berücksichtigte die gesamten sonstigen Werbungskosten lediglich mit 6.858 DM (statt der beantragten 13.675 DM). Zur Begründung der auf 2.400 DM beschränkten Werbungskosten für das Arbeitszimmer führte er aus, daß das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers bilde.
Hiergegen legten die steuerlich vertretenen Kläger fristgerecht Einspruch ein mit der Begründung, die Aufwendungen für das Arbeitszimmer müßten in voller Höhe anerkannt werden, weil es sich nicht um ein Arbeitszimmer innerhalb der eigengenutzten Wohnung, sondern um eine in demselben Haus angemietete Wohnung handele. Diese angemietete Wohnung werde ausschließlich genutzt zur Verwaltung der Vermietungseinkünfte, der Einkünfte aus Kapitalvermögen und zur Erledigung von Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der nichtselbständigen Tätigkeit stünden. Diese ca. 52,5 qm große Wohnung ist von den Klägern mit Vertrag vom 1.9.1993 angemietet worden (siehe Mietvertrag, abgeheftet in der ESt-Akte). Auf das geltend gemachte Arbeitszimmer entfällt eine Fläche von 35 qm (= 65,38%).
Nach erfolgloser Erörterung wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 8.7.1999 den Einspruch als unbegründet zurück. Es liege zwar ein steuerlich anzuerkennendes Arbeitszimmer vor. Da es jedoch nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung bilde, sei der Abzug der Aufwendungen auf 2.400 DM gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG begrenzt. Daß das Arbeitszimmer außerhalb der eigenen Wohnung liege, sei unerheblich.
Hiergegen richtet sich die vorliegende, mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 30.7.1999 erhobene und fristgerecht bei Gericht eingegangene Klage, die sie mit Schriftsatz vom 2.8.2000 wie folgt begründen:
Die zusätzlich angemietete, kleinere Wohnung sei nur zu beruflichen Zwecken genutzt worden. Dort verwalte die Klägerin das Immobilien- und Kapitalvermögen der Familie, während der Kläger dort im Rahmen seiner Tätigkeit als Lehrer arbeite. Das FG Baden-Württemberg habe mit Urteil vom 17.6.1998, EFG 1998, 1390, entschieden, der Begriff der „Häuslichkeit” ei...