Entscheidungsstichwort (Thema)
Die Realisierung eines Körperschaftsteuerguthabens bedarf keiner vorherigen gesonderten Feststellung
Leitsatz (redaktionell)
§ 37 Abs. 2 KStG n.F. enthält keine Regelung, wonach ein Körperschaftsteuerguthaben nur genutzt werden darf, wenn es zuvor gesondert festgestellt wurde.
Normenkette
KStG 1999 § 47 Abs. 1, § 28 Abs. 2; KStG 2002 § 37 Abs. 1-2, § 36 Abs. 1, § 34 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Klage werden der Körperschaftsteuerbescheid 2002 vom 02. Februar 2005, der Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG vom 02. Februar 2005 und der Bescheid zur gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31. März 2002 vom 02. Februar 2005, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. April 2005, mit der Maßgabe geändert, dass der am 28. März 2001 beschlossenen und am 15. Mai 2002 ausgekehrten Gewinnausschüttung für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 die Verwendung eines Körperschaftsteuerguthabens in Höhe von einem 1/6 des Ausschüttungsbetrages zu Grunde gelegt wird.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Die Berechnung der steuerlichen Auswirkungen wird dem Beklagten übertragen.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist ein Gesellschaft mit beschränkter Haftung; sie ermittelt den Gewinn nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr jeweils vom 01. April eines Jahres bis zum 31. März des Folgejahres. Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der S GmbH.
Unter dem 28. März 2001 –im Wirtschaftsjahr 2000/2001–beschloss die S GmbH eine Vorabausschüttung aus dem Jahresüberschuss zum 31. März 2001 in Höhe von 706.703,00 DM, welche am 15. Mai 2001 –im Wirtschaftsjahr 2001/2002–fällig wurde und abfloss. In dem Bescheid zum 31. März 2001 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) vom 22. April 2004 stellte das seinerzeit für die Besteuerung der S GmbH zuständig gewesene Finanzamt W die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals wie folgt fest:
Ek 45: |
732.996 DM |
Ek 40: |
1.597.344 DM |
Ek 01: |
3.044.035 DM |
Ek 02: |
./. 16.449 DM |
Ek 04: |
1.400.000 DM |
Summe: |
6.757.926 DM |
Der Beklagte (das Finanzamt) berücksichtigte weder im Veranlagungszeitraum 2001 noch im Veranlagungszeitraum 2002 (Streitjahr) mit Blick auf die erfolgte Ausschüttung eine Minderung der Körperschaftsteuer. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass nach den maßgeblichen Vorschriften über den Übergang vom Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren eine Minderung der Körperschaftsteuer weder im Veranlagungszeitraum 2001 noch im Streitjahr eintrete. Da es sich bei der am 28. März 2001 beschlossenen und am 15. Mai 2001 vorgenommenen Vorabausschüttung um eine sog. Ausschüttung für ein noch nicht abgelaufenes Wirtschaftsjahr handele – welche nach altem Recht eine „andere Ausschüttung” darstelle – könne das bisherige Anrechnungsverfahren nicht mehr zur Anwendung kommen. Nach den mithin im Streitfall anzuwendenden Vorschriften über das Halbeinkünfteverfahren könne das gem. § 37 KStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung –n.F.–erstmals zum 31. März 2002 in Höhe von 212.777 DM festgestellte Körperschaftsteuerguthaben erst in den folgenden Jahren, d.h. für Ausschüttungen, die nach diesem Zeitpunkt erfolgten, genutzt werden. Eine Nutzung nicht bescheidmäßig festgestellter Körperschaftsteuerguthaben komme nicht in Betracht. Daher sei die Klägerin in den sog. „rechtlosen Raum” gelangt.
Die hiergegen gerichteten Einsprüche der Klägerin hatten keinen Erfolg. Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, der Gewinnausschüttung für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 im Streitjahr die Verwendung eines Körperschaftsteuerguthabens in Höhe von 117.784,00 DM –entsprechend 1/6 des Ausschüttungsbetrages–zu Grunde zu legen, weiter. Sie vertritt die Auffassung, dass die Verwendung von Körperschaftsteuerguthaben im Übergangszeitraum vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren eine vorhergehende formale Feststellung des Körperschaftsteuerguthabens nicht voraussetze. Erforderlich sei lediglich, dass zum Zeitpunkt der offenen Gewinnausschüttung entsprechendes Körperschaftsteuerguthaben vorhanden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Körperschaftsteuerbescheid 2002 vom 02. Februar 2005, den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG vom 02. Februar 2005 und den Bescheid zur gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3, § 38 Abs. 1 KStG zum 31. März 2002 vom 02. Februar 2005, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. April 2005, mit der Maßgabe zu...