Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Grundstückskaufvertrags. Passivierung einer von der Genehmigung des vom Käufer geplanten Bauvorhabens abhängigen Kaufpreisverbindlichkeit. Teilwertabschreibung bei Irrtum des Käufers über die Bebaubarkeit und bewusster Zahlung eines erhöhten Kaufpreises
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Vertragsauslegung kann zu einem vom Wortlaut abweichenden Ergebnis gelangen, wenn sich ein dies rechtfertigender übereinstimmender Wille der Vertragspartner feststellen lässt.
2. Da im Streitfall ein solcher abweichender Parteiwille nicht feststellbar war, hat der Senat die Klausel des Grundstückskaufvertrags, die die Fälligkeit eines Teils des Kaufpreises an eine rechtsbeständige Baugenehmigung für das vom Käufer geplante Bauvorhaben knüpfte, nicht als auflösende Bedingung, sondern wortlautgemäß als Fälligkeitsregelung beurteilt.
3. Der Eintritt der Fälligkeit des an die in LS. 2 beschriebene Regelung geknüpften Teilkaufpreises war zum Bilanzstichtag noch möglich, wenn der Erhalt einer Baugenehmigung für ein Bauvorhaben in der vom Käufer vorgesehenen Art und Größenordnung trotz sich anbahnender Probleme beim geplanten Hinzuerwerb von Arrondierungsflächen jedenfalls nicht unmöglich geworden ist.
4. Allein der Umstand, dass die bei Abschluss des Grundstücksgeschäfts vom Käufer eingegangenen Risiken, nämlich das Fehlen eines Bebauungsplans und einer Baugenehmigung sowie der für eine vernünftige Bebauung erforderliche Hinzuerwerb von Arrondierungsflächen, in Gestalt einer sich immer weiter verzögernden Realisierung der Bebauung eingetreten sind, vermag der im Kaufvertrag eingegangenen Verpflichtung zur Zahlung des Restkaufpreises nach Genehmigung des Bauvorhabens nicht deren wirtschaftliche Belastung zu nehmen.
5. Eine Teilwertabschreibung ist nicht zulässig, wenn der Käufer sich zwar über die Möglichkeit einer rasch zu realisierenden Bebauung der Grundstücke durch Aufstellung eines Vorhaben- und Entschließungsplans geirrt hat, der gezahlte Kaufpreis jedoch unabhängig von der Bebaubarkeit der Flächen nicht dem Marktpreis entsprach und der Käufer die Zahlung eines erhöhten Kaufpreises aus betrieblichen Gründen bewusst in Kauf genommen hat.
Normenkette
EStG 1990 § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2; HGB § 253 Abs. 3, § 247 Abs. 1; BGB § 133
Nachgehend
Tenor
1. In Änderung des angefochtenen Feststellungsbescheids 1992 vom 5. November 2002 und der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2005 werden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin (vor Berücksichtigung des Einkommens der Organgesellschaft) für 1992 in Höhe von … festgestellt, wovon auf die D. R. AG … DM, auf M. W. S. … DM, auf T. S. … DM und auf M. M S. … DM entfallen.
2. Die Kosten des Verfahrens bis 8. Oktober 2007 tragen die Klägerin zu 63,8 % und der Beklagte zu 36,2 %, ab 9. Oktober 2007 die Klägerin zu 65,2 % und der Beklagte zu 34,8 %.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Voraussetzungen für die Passivierung einer Restkaufpreisforderung als Verbindlichkeit bzw. für eine Teilwertabschreibung vorliegen.
An der Klägerin, deren Gegenstand der Erwerb und Verkauf von Immobilien ist, sind die D. R. AG (D-AG) ohne Kapitalanteil als Komplementärin sowie die Herren M. W. S. (WS) zu 98 v.H., T. S. und M. M S. zu jeweils 1 v.H. als Kommanditisten beteiligt.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 27. Februar 1992 (KV) kaufte die Klägerin von der Erbengemeinschaft nach dem am 19. Oktober 1987 verstorbenen K. G. H. H (Erbengemeinschaft) sechs benachbarte Grundstücke zwischen der G-Str. und der H-Straße in D. (Grundbuch von D., Gemarkung St., FlSt.Nrn 344a, 345, 345/1, 345/2, 345b, 348b) mit insgesamt 16.950 m² zu einem Kaufpreis in Höhe von … Mio. DM. Gemäß Abschnitt 3.2 KV war ein Teilbetrag in Höhe von … Mio. DM ohne Zulage von Zinsen zur Zahlung fällig, wenn u.a. eine Vormerkung zu Gunsten der Klägerin im Grundbuch eingetragen war. Dieser Teilbetrag wurde am 22. Oktober 1992 gezahlt. Nach Abschnitt 3.3 KV sollte der Kaufpreisrest von … Mio. DM ohne Zulage von Zinsen zur Zahlung fällig sein, sobald die Fälligkeitsvoraussetzungen für den ersten Kaufpreisteilbetrag vorliegen (a) und für das vom Käufer beabsichtigte Bauvorhaben die Baugenehmigung in rechtsbeständiger Form vorliegt (b). Die Klägerin verpflichtete sich gemäß Abschnitt 14 KV, innerhalb von sechs Monaten nach Beschlussfassung der Stadt D. über den Bebauungsplan gemäß § 10 Baugesetzbuch den Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung bei der zuständigen Behörde mit den erforderlichen Unterlagen einzureichen. Andernfalls sollte die in Abschnitt 3.3 b) KV vereinbarte Fälligkeitsvoraussetzung mit der Folge entfallen, dass nach Eintritt der in Abschnitt 3.2 KV vereinbarten Fälligkeit...