Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Bildung einer Ansparrücklage bei wesentlicher Betriebserweiterung
Leitsatz (redaktionell)
1. Wesentliche sowie nicht wesentliche Investitionsgüter müssen bei objektivem Zusammenhang mit der Erweiterung verbindlich bestellt sein. Diese Bestellung muss am Ende des Gewinnermittlungszeitraums, für den die Ansparrücklagen gebildet worden sind, erfolgt sein.
2. Darüber hinaus muss die Investition objektiv möglich sein, um das Tatbestandsmerkmal „voraussichtlich” zu erfüllen. Hieran fehlt es u. a. dann, wenn die geplanten Investitionen in der vorgesehenen kurzen Zeit überhaupt nicht zu finanzieren gewesen wären.
Normenkette
EStG § 7g Abs. 1, 3, 6 a.F.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin im Jahr 2005 eine Ansparabschreibung nach § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) vornehmen darf.
Die Kläger werden für das Streitjahr 2005 beim Beklagten – dem Finanzamt (FA) – zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr als PKW-Fahrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 189.875 EUR, in denen eine Abfindungszahlung in Höhe von 144.917 EUR seines damaligen Arbeitgebers enthalten ist. Die Klägerin erzielt seit 1997 Einkünfte aus selbständiger Arbeit durch Gymnastikunterricht und Bewegungstherapie. Als Trainingsraum dient ein ca. 51 qm großer Raum im eigenen Haus der Kläger. In den Anlaufjahren 1997 bis 2001 erzielte die Klägerin insgesamt einen Verlust von 27.722 EUR, in den Jahren 2002 bis 2004 insgesamt einen Gewinn von 3.943 EUR. Im Streitjahr erzielte die Klägerin Umsätze in Höhe von 7.265 EUR bei laufenden Ausgaben in Höhe von rd. 6.378 EUR (enthaltene laufende Abschreibungen: 280 EUR). Über die laufenden Ausgaben hinaus machte die Klägerin eine Ansparabschreibung (Anspar-AfA) in Höhe von 93.753,16 EUR geltend, die das FA nicht anerkannte.
Als der Anspar-AfA zugrundeliegende, geplante Investitionen in Höhe von insgesamt 234.382,79 EUR gab die Klägerin folgende Wirtschaftsgüter und deren Anschaffungskosten an (gerundete Beträge):
- 10 Biomechanische Vibrationsgeräte (…) zu je 10.260 EUR
- 10 zugehörige Chipkarten-Sets zu je 1.276 EUR
- 10 zugehörige Beistellkissen zu 414 EUR
- 3 PCs zu Preisen von je 1.500 bis 1.700 EUR
- 2 Monitore zu je 439 EUR
- 1 Server-PC zu 6.498 EUR
- 1 Beamer zu 2.202 EUR
- 1 Leinwand zu 823 EUR
- 1 Telefonanlage zu 3.035 EUR
- 2 Sonnenschutz Verticalstores zu je 508 EUR
- 1 PKW Mercedes Benz S 500 mit Anschaffungskosten von 95.335 EUR.
Im Laufe des Einspruchserfahrens legte die Klägerin eine „Auftragsbestätigung” der Firma „H” für die PCs samt Zubehör und die Telefonanlage vor, auf die verwiesen wird. Der Schlusssatz dieser Bestätigung lautet u.a. „Bestellung erfolgt auf Abruf”. Darüber hinaus reichte sie ein „Angebot” und eine Auftragsbestätigung der Firma G ein, auf die ebenfalls verwiesen wird.
Das FA lehnte den Ansatz der Anspar-AfA ab (Teil-Einspruchsentscheidung [EE] vom 3. Juli 2008 und letzter ESt-Änderungsbescheid vom 15. September 2008) und begründete das damit, dass die Klägerin die voraussichtlichen Investitionen nicht hinreichend konkretisiert habe und es sich um eine Rücklagenbildung „ins Blaue hinein” handele. Die Investitionen ließen sich nur mit einer wesentlichen Erweiterung des Betriebs erklären. Daher wäre Voraussetzung für die Gewährung der Anspar-AfA die verbindliche Bestellung der Wirtschaftsgüter.
Die Kläger begründen ihre Klage wie schon ihren Einspruch damit, dass sich der Gewerbebetrieb nicht in Gründung befinde und daher keine verbindliche Bestellung der Wirtschaftsgüter erforderlich sei. Jedenfalls beim PKW handele es sich nicht um eine wesentliche Betriebsgrundlage, weshalb insoweit die Anspar-AfA zu gewähren sei.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung der EE und der ESt-Bescheide für 2005 (zuletzt vom 15. September 2008) die Einkünfte der Klägerin unter Berücksichtigung der Anspar-AfA für den PKW mit einem Verlust in Höhe von -37.247 EUR anstelle des bisher angesetzten Gewinns in Höhe von 887 EUR zu berücksichtigen und die ESt entsprechend niedriger festzusetzen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verweist im Wesentlichen auf die EE.
Auf die Aufklärungsanordnung des Berichterstatters vom 16. Juni 2011, auf die die Kläger nicht reagierten, wird verwiesen.
Auf die ESt-Akte und das schriftsätzliche Vorbringen wird Bezug genommen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage, über die der Senat gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist nicht begründet.
Das FA hat zu Recht die Anerkennung der für das Jahr 2005 gebildeten Ansparrücklage bzw. den Abzug der entsprechenden Betriebsausgaben abgelehnt.
1. Nach § 7g Abs. 1, 3 und 6 EStG (in der im Streitjahr gültigen Fassung) können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich oder durch Überschussrechnung ermitteln, für die kün...