Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsersuchen eines anderen Mitgliedstaates
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Voraussetzungen für eine Vollstreckung auf der Grundlage des EGBeitrG liegen vor, wenn dem an das Hauptzollamt gerichteten Beitreibungsersuchen der italienischen Zollverwaltung mit dem Urteil eines italienischen OLG in beglaubigter Kopie einschließlich einer Übersetzung ins Deutsche ein vollstreckbarer Titel beigefügt ist, bestätigt wird, dass der Rechtsweg in Italien erschöpft ist, keine Vollstreckungshindernisse bestehen und das Beitreibungsersuchen auch alle sonstigen erforderlichen Angaben enthält.
2. Wird im beigefügten Urteil des italienischen OLG, die Rechtmäßigkeit des erstinstanzlichen Urteils bezüglich der Zahlungsaufforderung des italienischen Zollamts bestätigt, so dass es sich um einen Vollstreckungstitel handelt, kann gegen das Beitreibungsersuchen der italienischen Zollverwaltung nicht der fehlende Erhalt bzw. die Rechtswidrigkeit des Steuerbescheids geltend gemacht werden.
Normenkette
EGBeitrG § 4 Abs. 1 Nrn. 1, 2 Buchst. a, b, § 7 Abs. 1; Richtlinie 2008/55/EG Art. 12 Abs. 4; Richtlinie 76/308/EWG Art. 7 Abs. 2 Buchst. a, b, Art. 12 Abs. 4; AO § 251 Abs. 1; FGO § 41 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das Hauptzollamt (HZA) gegenüber der Klägerin die Zwangsvollstreckung aus einer Zahlungsaufforderung der italienischen Zollverwaltung betreiben darf.
Die Klägerin ist im Jahre … durch Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der A geworden. Mit Beitreibungsersuchen vom 14. Dezember 2004 bat die italienische Zollverwaltung das HZA, eine Forderung in Höhe von 141.516,29 EUR aus einer am 10. Oktober 1995 der A zugestellten Zahlungsaufforderung des Zollamts B/Italien vom 26. Mai 1995 zu vollstrecken. In diesem Beitreibungsersuchen war ein Urteil des Oberlandesgerichts C vom 14. November 2000 als neuer vollstreckbarer Titel bezeichnet, das in beglaubigter Kopie mit einer Übersetzung ins Deutsche beigefügt war. In dem Beitreibungsersuchen waren u. a. der geschuldete Betrag sowie Zinsen und Kosten, der Zeitpunkt der Vollstreckbarkeit und das Bekanntgabedatum des Titels benannt. Außerdem wurde bestätigt, dass die in Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 76/308/EWG genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Das Oberlandesgericht C bestätigte in seinem Urteil vom 14. November 2000 das Urteil Nr. … des Gerichts C vom 16. Mai 1998, in dem wiederum die Klage der Klägerin gegen die Zahlungsaufforderung des Zollamts B vom 26. Mai 1995, bestätigt durch den Amtsrichter von B am 7. Juni 1995, abgewiesen wurde.
Die Vollstreckungsstelle des HZA forderte die Klägerin am 30. März 2005 auf, den genannten Betrag zuzüglich 5.660 EUR Säumniszuschläge innerhalb von zwei Wochen auf ihr Konto zu überweisen. Für den Fall des Ausbleibens der Zahlung wurden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen angedroht. Am 7. April 2005 erging eine entsprechende Vollstreckungsankündigung.
Nachdem die Klägerin beim HZA zur Sicherung der Ansprüche der Republik Italien aus der Zahlungsaufforderung des Zollamts B/Italien vom 26. Mai 1995 eine Bürgschaftsurkunde hinterlegt hatte, setzte das HZA mit Bescheid vom 25. Mai 2005 alle Vollstreckungshandlungen einstweilen aus und gewährte Vollstreckungsaufschub bis zur abschließenden Klärung der in Italien eingeleiteten nochmaligen steuerrechtlichen Überprüfung des gesamten Vorganges.
Mit Schreiben vom 18. Februar 2008 teilte die italienische Zollverwaltung der Bundesfinanzdirektion (BFD) – Zentralstelle Vollstreckungsdienst/Zustellung – mit, dass die von der Klägerin bei der obersten Dienststelle des Zollamtes eingelegte Verwaltungsbeschwerde abgewiesen worden sei und deshalb gebeten werde, die Zwangsvollstreckung gegenüber der Klägerin fortzuführen. Die BFD bat deshalb das HZA mit Schreiben vom 25. März 2008 um Fortsetzung der Beitreibung. Der Rechtsweg in Italien ist erschöpft.
Daraufhin erging am 26. März 2008 eine weitere Zahlungsaufforderung i.H.v. insgesamt 198.116,29 EUR gegenüber der Klägerin, in der darauf hingewiesen wurde, dass die zur Sicherung hinterlegte Bürgschaftsurkunde verwertet werde, wenn bis zum 15. April 2008 keine Zahlung erfolge.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (vgl. Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 2008) erhob die Klägerin Klage, die sie im Wesentlichen folgendermaßen begründet: Die Zahlungsaufforderung vom 26. Mai 1995 sei zu Unrecht für vollstreckbar erklärt worden, weshalb die Zwangsvollstreckung aus diesem Titel unzulässig sei. Der Erlass des Bescheides der italienischen Behörde verstoße gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung, insbesondere den Anspruch auf rechtliches Gehör. Die sogenannte „Ingiunzione di Pagamente” sei als ein Ersuchen zu werten, den geforderten Betrag zu bezahlen, einen Steuerbescheid habe sie bis heute nicht erhalten. Nur ein nicht angefochtener oder für vollstreckbar erklärter Steuerbe...