Entscheidungsstichwort (Thema)
Tauschähnlicher Umsatz bei Dachpacht zwischen Ehegatten zur Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des gemeinsam bewohnten Hauses. Ermittlung des privaten Nutzungsanteils bei gemischter Nutzung des Gebäudes
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt nicht vor, wenn der Pächter eines Daches im Zuge der ihm gestatteten Installation einer Photovoltaikanlage Sanierungs- und Dachdeckerarbeiten an dem Dach vornimmt, jedoch weder das Dach sanierungsbedürftig noch der Pächter zur Durchführung der Arbeiten verpflichtet war, mithin kein notwendiger Zusammenhang zwischen der Vermietung und den Dachdeckerarbeiten bestand.
2. Befindet sich die von der Ehefrau gepachtete Dachfläche auf dem gemeinsam mit ihrem Ehemann –dem Verpächter – bewohnten Gebäude, in dem sich neben der gemeinsamen Wohnung der Eheleute eine Scheune befindet, so können Dachdeckerleistungen für den Scheunenteil dem Unternehmen (Betrieb einer Photovoltaikanlage) zugeordnet werden und berechtigen damit zum Vorsteuerabzug.
3. Da es sich bei den Dachdeckerarbeiten im Streitfall um eine Werklieferung handelt, ist für den auf den Scheunenteil entfallenden Anteil an den Leistungen der Umfang der Nutzung für das Unternehmen entscheidend.
4. Die Ermittlung des privaten Nutzungsanteils ist entsprechend § 15 Abs. 4 UStG anhand eines Umsatzschlüssels als sachgerechter Schätzungsmethode vorzunehmen. Dabei ist mangels einer entgeltlichen Nutzung des Inneren des Gebäudes im Streitfall zum einen auf das jährlich vereinbarte Nutzungsentgelt für den Betrieb der Photovoltaikanlage auf der genutzten Dachfläche und auf fiktive Vermietungsumsätze für das Innere des Scheunenteils abzustellen.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 4, 12, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, Abs. 4
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2011 vom 21. Oktober 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2013 wird die Umsatzsteuer für 2011 auf 7.125,45 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte je zur Hälfte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob von der Klägerin beauftragte Dachdeckerarbeiten im Zusammenhang mit der Installation einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) auf dem Dach ihres Ehemanns als Werklieferung an ihren Ehemann der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind sowie der Vorsteuerabzug aus diesen Dachdeckeraufwendungen.
Die Klägerin betreibt eine PV-Anlage auf dem Dach des von ihr mit ihrem Ehemann bewohnten privaten Anwesens. Eigentümer des Anwesens ist ihr Ehemann. Bei dem Anwesen handelt es sich um einen Einfirsthof, bei dem das ausschließlich privat genutzte Wohnhaus und die Scheune sich unter einem Dach befinden.
Die mit Wasseranschluss versehene und teilweise betonierte Scheune wurde im Streitjahr privat als Werkstatt und Stellplatz für drei Pferde genutzt. Sie hat eine Grundfläche von 100 m², wobei das Heulager im Obergeschoss nur über das Wohnhaus erreichbar ist. Eine Rampe zum Scheunentor des Obergeschosses ist nicht vorhanden.
Vor der Installation der PV-Anlage wurden im April 2011 im Auftrag und auf Kosten der Klägerin Dachdeckerarbeiten am Dach vorgenommen. Diese umfassten für die gesamte Dachfläche (470 m²) u.a. die Abnahme der Ziegel und Dachlattung, das Anbringen einer bitumierten Dachschalungsbahn, sowie neuer Konterlatten und Dachlatten, die Dacheindeckung mit den vorhandenen Dachziegeln und die Montage neuer Schneestoppnasen. Auf einer Teilfläche von 258 m² wurde das Dach mit einer Rauhschalung versehen. Außerdem wurden Spenglerarbeiten (u.a. Dachrinnenmontage, Windbrettverkleidung) durchgeführt.
Für das Vorhalten des Gerüsts für die Arbeiten an der PV-Anlage (unabhängig von der Baustelleneinrichtung für die Dachdeckerarbeiten) wurden 1.153,01 EUR zzgl. MwSt berechnet. Insgesamt rechnete die Zimmerei gegenüber der Klägerin mit Rechnung vom 19. April 2011 Dachdeckerleistungen i.H.v. 20.615,15 EUR zzgl. 3.916,29 EUR MwSt ab.
Davon entfielen insgesamt 10.748,42 EUR zzgl. 2.042,20 EUR MwSt der Kosten auf die Arbeiten am Scheunendach (inkl. Gerüst für die Arbeiten an der PV-Anlage).
Aufgrund der Fremdfinanzierung der PV-Anlage wurde auf Betreiben der Bank am 30. Juni 2016 schriftlich zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann vereinbart, dass der Ehemann die Installation einer PV-Anlage auf 158,5 m² seiner Dachfläche gegen Zahlung eines Nutzungsentgelts von jährlich 237,75 EUR zzgl. 19 % MwSt gestattet. Für das Rumpfjahr der erstmaligen Installation sollte dieses Entgelt nicht erhoben werden (§ 3 des Vertrags).
Der Vertrag wurde mit einer Laufzeit von min. 20 Jahren abgeschlossen. Danach verpflichtete sich die Kläge...