Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerpflicht von Zuschüssen, die der Betreiber einer Tierkörperbeseitigungsanstalt (TBA) von einem Zweckverband zur Deckung der mit der Beseitigung verbundenen Kosten erhält
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen kann es an einem Leistungsaustausch fehlen, wenn die Zahlung lediglich der Förderung der Tätigkeit des Empfängers allgemein aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen dient und nicht der Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber ist.
2. Der Betreiber einer TBA, dem durch Bescheid der Regierung die allgemeine Beseitigungspfiicht für Tierkörper, Tierkörperteile und Erzeugnisse übertragen wird, erbringt mit der Tierkörperbeseitigung eine Leistung gegenüber dem Zweckverband, der zugleich als ursprünglich Beseitigungspflichtiger von seiner Verpflichtung entbunden worden ist.
3. Ein weiteres Indiz dafür, dass die Zahlungen des Zweckverbandes den Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers – der Klägerin – an den Geldgeber darstellt, ist der Umstand, dass nur der konkret zu berechnende ungedeckte Betriebsaufwand für die kostenlos zu erbringende Beseitigung der Tierkörperteile von Vieh nach dem Viehseuchengesetz zu erstatten ist, und Überzahlungen von der Klägerin zurück zu erstatten sind.
4. Zuschüsse, die der Betreiber der TBA zur Deckung seiner mit der Tierkörperbeseitigung verbundenen Kosten von dem Zweckverband erhält, unterliegen auch dann im Rahmen des Leistungsaustauschs der Umsatzsteuer, wenn er die Beseitigungsleistungen gegenüber den Tierkörperbesitzern im eigenen Namen erbringt.
Normenkette
UStG 1993 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 S. 3; UStG 1999 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 S. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Zahlungen des Zweckverbandes für Tierkörperbeseitigung A (nachfolgend: Zweckverband) als steuerfreier Zuschuss oder als umsatzsteuerliches Entgelt anzusehen sind.
Die Klägerin betreibt eine Tierkörperbeseitigungsanstalt (nachfolgend: TBA) im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft. Organgesellschaft ist die B GmbH, der mit Bescheid vom 29. April 1998 von der Regierung die Beseitigungspflicht für Tierkörper, Tierkörperteile und Erzeugnisse gemäß § 4 Abs. 2 Tierkörperbeseitigungsgesetz (TierKBG) rückwirkend zum 1. Januar 1998 übertragen wurde.
Da es dem Beseitigungspflichtigen gesetzlich versagt ist, im Falle der Beseitigung von Tierkörpern im Sinne des Viehseuchengesetzes, für die eine Abholpflicht besteht, von den Besitzern ein angemessenes Entgelt zu erheben, ersetzt die Tierseuchenkasse dem Beseitigungspflichtigen nach Art 4 Abs. 2 Ausführungsgesetz zum TierKBG Bayern (AGTierKBG) auf Antrag zwei Drittel des nicht gedeckten Aufwands. Nach § 8 Abs. 2 des vom Zweckverband mit der Klägerin geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrags vom 8. Mai 1998 erstattet darüber hinaus der Zweckverband der Klägerin den Teil ihres ungedeckten Betriebsaufwands, in den Streitjahren ein Drittel, welcher von der Tierseuchenkasse anerkannt, jedoch weder von dieser oder einem Dritten erstattet wird.
Die Erstattungen des Zweckverbandes an die Klägerin betrugen 439.538,75 DM in 1998 und 627.074,45 DM in 1999 (vgl. Stellungnahme des Betriebsprüfers, Bl. 55 der Rb-Akte).
Die Klägerin hat sowohl die Zahlungen der Tierseuchenkasse als auch die Erstattungen des Zweckverbandes als nicht steuerbaren Zuschuss behandelt.
Diese Sachbehandlung wurde von der bei der Klägerin für den Prüfungszeitraum 1996 bis 1998 stattgefundenen Betriebsprüfung nicht beanstandet. Auf den Ergebnissen der Betriebsprüfung basierend ergingen die Umsatzsteuerbescheide für 1998 und 1999, beide datierend vom 30. April 2003.
Aufgrund geänderter, umsatzsteuerrechtlicher Beurteilung wurde der Klägerin vom Finanzamt mit Schreiben vom 28. April 2003 mitgeteilt, dass der Bekanntgabewille für die Umsatzsteuerbescheide 1998 und 1999 (Bescheiddatum 30. April 2003) aufgegeben worden sei. Das Finanzamt vertrat nunmehr die Auffassung, dass diese Zahlungen Entgelt für eine Leistung der Klägerin an den ursprünglich beseitigungspflichtigen Zweckverband darstellen.
Mit Bescheiden jeweils vom 4. Januar 2005 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für 1998 auf 351.092,89 EUR und für 1999 auf 600.722,97 EUR fest.
Die hiergegen eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg. Nach Auffassung des Finanzamts in der Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 2006 bestehen Leistungsbeziehungen entgegen der ursprünglich vertretenen Auffassung – zwischen den andienungspflichtigen Besitzern von Tierkörpern und der TBA. Die vom Zweckverband erstatteten Kosten stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit der Beseitigung, soweit dafür nach der gesetzlichen Vorgabe kein Entgelt erhoben werden darf. Die Erstattung komme zudem unmittelb...