Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldzinsenabzug nach Ablauf der großen Übergangsregelung (Nutzungswertbesteuerung)
Leitsatz (redaktionell)
1) Finanziert der Steuerpflichtige während der Vermietungszeit Aufwendungen mit Kredit, die als Werbungskosten sofort abziehbar sind, können die mit dem Kredit zusammenhängenden Schuldzinsen auch nach Aufgabe der Vermietungstätigkeit als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.
2) Dies gilt auch für Schuldzinsen im Zusammenhang mit Erhaltungsaufwendungen bei selbstgenutztem Wohneigentum nach Ablauf der großen Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 S. 2 EStG (entgegen BMF, Erlaß vom 18.7.2001 - IV C 3-S 2211-31/01).
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, 1 Sätze 3, 3 Nrn. 1, 1 S. 1, §§ 21, 21a, § 21a Abs. 7, §§ 52, 52 Abs. 21, 21 S. 2, § 9
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist der Abzug von Schuldzinsen.
Der Kläger (Kl.) bewohnt zusammen mit seiner Ehefrau das Grundstück X… in A…. Dieses Grundstück wurde der Ehefrau des Kl. im Jahre 1975 von deren Mutter im Wege vorweggenommener Erbfolge übertragen. Seitdem bewohnte die Familie des Kl. die Erdgeschosswohnung. Die Obergeschosswohnung war in der Zeit von 1975 bis 1982 fremdvermietet. Danach wurde die Obergeschosswohnung bis zum 30.08.1984 der Mutter der Ehefrau unentgeltlich überlassen. Seit 1985 wird das gesamte Haus allein von der Familie des Kl. genutzt.
Bis zum Auslauf der großen Übergangsregelung gem. § 52 Abs. 21 EStG im Jahre 1998 hat die Ehefrau des Kl. die Einnahmen und Ausgaben aus dem Haus durch Überschussrechnung ermittelt und versteuert. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2000 haben die Eheleute Zinsen i. H. v. 13.418 DM als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des selbstbewohnten Hauses geltend gemacht. Die Schuldzinsen seien für Darlehen aufgewandt worden, die in den Jahren 1986 bis 1998 für die Durchführung von Erhaltungsaufwendungen aufgenommen worden seien. Nach dem Urteil des BFH vom 16.09.1999 (IX R 42/97, BStBl II 2001, 528) seien die Zinsen daher als Werbungskosten abziehbar. Das FA erkannte die Schuldzinsen nicht als Werbungskosten an.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den ESt-Bescheid vom 13.03.2001 wies der Kl. nach, dass die geltend gemachten Schuldzinsen auf Darlehen entfallen, die mit der Durchführung von Erhaltungsaufwendungen im Zusammenhang stehen. Das FA ließ dennoch die Zinsen nicht zum Abzug zu. Es vertrat die Ansicht, nach Ablauf der Übergangszeit des § 52 Abs. 21 EStG könnten weder positive noch negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) erzielt werden. Das Zweifamilienhaus diene nicht mehr der Erzielung von Mieteinnahmen. Im Übrigen habe der Bundesminister der Finanzen in bindender Weise angeordnet, dass Schuldzinsen nur dann als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden könnten, wenn der Erlös, der im Falle der Veräußerung des Grundstücks erzielbar wäre, nicht zur Schuldentilgung ausreiche. Wegen der Einzelheiten wird auf die EE des FA vom 26.03.2002 Bezug genommen.
Mit der Klage begehrt der Kl. weiter den Abzug der geltend gemachten Zinsen. Da auch nach dem Auslauf der Übergangsregelung der Zusammenhang mit Erhaltungsaufwendungen bestehe, seien die Zinsen abzuziehen. Zur weiteren Begründung bezieht sich der Kl. auf das BFH-Urteil vom 14.10.2003 (IX R 18/01, BFH/NV 2004, 401). Danach seien Aufwendungen für Erhaltungsmaßnahmen, die der Steuerpflichtige an seiner selbstgenutzten Wohnung noch während der Geltung der sog. großen Übergangsregelung durchführe, grundsätzlich im Jahr der Zahlung als Werbungskosten abziehbar. Es komme nicht darauf an, ob zu diesem Zeitpunkt die sog. große Übergangsregelung noch anwendbar sei. Der Kl. beziffert die Zinsaufwendungen nunmehr auf 12.980,01 DM. Wegen der Berechnung wird Bezug genommen auf die Klageschrift vom 25.04.2002.
Der Kl. beantragt
den Abzug weiterer Werbungskosten von 12.980,01 DM.
Das FA beantragt Klageabweisung.
Zur Begründung trägt das FA vor, der vom BFH mit Urteil vom 16.09.1999 (a. a. O.) entschiedene Fall unterscheide sich maßgeblich vom vorliegenden Sachverhalt. Die Einkünfteerzielung sei im Streitfall nicht durch den Verkauf des Grundstücks, sondern durch Gesetz entfallen. Eine Anerkennung von nachträglichen Werbungskosten nach Ablauf der Übergangsfrist des § 52 Abs. 21 EStG widerspreche dem hierin zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, den Einkunftstatbestand „Selbstnutzung von Wohnraum” zum 31.12.1998 endgültig zu beenden. Auch das Urteil des BFH vom 14.12.2003 (a. a. O.) betreffe einen Fall, in dem die gesetzliche Frist des § 52 Abs. 21 EStG noch nicht abgelaufen gewesen sei.
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die geltend gemachten Schuldzinsen sind als nachträgliche Werbungskosten bei Einkünften der Ehefrau des Kl. aus Vermietung und Verpachtung ab...