Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtwürdigung bei der Anerkennung eines Mietverhältnisses zwischen nahen Angehörigen
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Versagung der Anerkennung eines Mietverhältnisses zwischen nahen Angehörigen kann sich auch aufgrund solcher Abweichungen vom Fremdüblichen ergeben, die zwar nicht für sich gesehen, wohl aber in der Summe so gewichtig sind, dass das Vertragsverhältnis einem Fremdvergleich nicht standhält (hier: Zurückbehaltung eines Raums im EFH zur Nutzung, keine jährliche Betriebskostenabrechnung).
2) Hat die Mieterin, die zugleich die Mutter der Vermieter ist, dieser den vollen Kaufpreis zum Erwerb des Grundstücks darlehensweise zur Verfügung gestellt, so ist auch dieses Vertragsverhältnis in die Gesamtwürdigung einzubeziehen.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 2 S. 2, § 12 Nrn. 1-2, § 21 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung eines Mietverhältnisses der Kläger (Kl.) mit ihrer Mutter sowie die Frage, ob die vereinbarte Miete weniger als 50% der ortsüblichen Marktmiete betragen hat.
Die Kl. erwarben mit notariellem Kaufvertrag vom 27.9.1997 das mit einem Reihen-Einfamilienhaus bebaute Grundstück Weg 15 in A. von einem Herrn B. für 410.000 DM. Von diesem Gesamtbetrag sollten 380.000 DM auf das Grundstück und Gebäude sowie 30.000 DM auf Einrichtungsgegenstände (Küche, Bad, Kellerbar) entfallen. Wegen eines Wasserschadens im Keller zahlten die Kl. vereinbarungsgemäß 30.000 DM des Kaufpreises zunächst auf ein Notaranderkonto ein (§ 9 des Kaufvertrags); dieser Betrag ist bis heute nicht an den Verkäufer ausgezahlt worden.
Die Mutter der Kl. – Frau H. – gewährte den Kl. durch privatschriftlichen Vertrag vom 27.9.1997 ein mit 4% verzinsliches Darlehen in Höhe von 410.000 DM, das durch eine Grundschuld an dem übertragenen Hausgrundstück gesichert wurde. Die Zinsen sollten jährlich nachträglich zum 27.9. fällig sein. Vereinbarungen über die Tilgung des Darlehens wurden nicht getroffen; Tilgungsleistungen erfolgten bisher nicht.
In § 11 des Grundstückskaufvertrags räumten die Kl. ihrer Mutter ein entgeltliches Wohnrecht an dem gesamten Grundbesitz auf Lebenszeit ein. Den Jahreswert des Wohnrechts gaben sie mit 15.600 DM an. Vertragsparteien waren auch insoweit allein der Verkäufer und die Kl. Durch Vertrag vom 28.11.1997 vermieteten die Kl. den Grundbesitz ab dem 1.12.1997 an ihre Mutter für eine Grundmiete von 680 DM zzgl. 40 DM für die Garage und 70 DM Nebenkosten-Vorauszahlung.
Der Kl. hat in dem dem Streitjahr nachfolgenden Jahr 1998 einen Bruttoarbeitslohn von 6.224 DM sowie Lohnersatzleistungen von 14.381 DM bezogen. Im Jahr 1999 bezog er Lohnersatzleistungen i.H.v. 15.556 DM, wandte dafür aber WK i.H.v. 12.000 DM auf. Im Jahr 2000 erzielte er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 17.000 DM und bezog Lohnersatzleistungen von 5.000 DM. Die Klin. bezog im Jahr 1998 einen Bruttoarbeitslohn von 43.000 DM und im Jahr 1999 von 33.396 DM zzgl. Arbeitslosengeld von 2.187 DM.
Die Kl. überwiesen die Darlehnszinsen i.H.v. 16.400 DM (4% von 410.000 DM) in den Folgejahren jeweils Mitte Oktober in einer Summe vom Mietkonto der Grundstücksgemeinschaft auf das Konto ihrer Mutter. Ende September 1998 – kurz vor der Überweisung der Schuldzinsen für das Jahr 1998 an die Mutter – erfolgten auf dem Mietkonto indes zweiGutschriften mit dem Verwendungszweck „Zinsen Darlehen” in Höhe von je 4.200 DM. Auch am 12.10.1999 – einen Tag vor der Zahlung der Darlehnszinsen für das Jahr 1999 – wurden dem Mietkonto zwei Beträge i.H.v. jeweils 4.500 DM mit dem Verwendungszweck „Schenkung” gutgeschrieben.
In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr 1997 gaben die Kl. einen Werbungskosten-(WK-)Überschuss von 8.699 DM an (Einnahmen 790 DM ./. WK 9.489 DM). Der Beklagte (Bekl.) lehnte die Durchführung einer gesonderen und einheitlichen Feststellung mit Bescheid vom 4.2.1999 ab. Zur Begründung gab er an, die Grundstücksgemeinschaft sei steuerlich nicht anzuerkennen, da die gewählte Sachverhaltsgestaltung als Steuerumgehung (§ 42 der Abgabenordnung (AO)) anzusehen sei.
Der Einspruch der Kl. hatte teilweise Erfolg: In seiner Einspruchsentscheidung vom 14.1.2000 stellte der Bekl. den WK-Überschuss auf 3.705 DM fest und rechnete ihn den Kl. jeweils zur Hälfte zu. Der Bekl. ging nunmehr von einem anzuerkennenden Mietverhältnis aus. Insbesondere sei das Fehlen einer Tilgungsvereinbarung im Darlehensvertrag unschädlich, da dann die gesetzliche Regelung des § 609 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eintrete. Der niedrige Darlehenszinssatz sei hinzunehmen. Der Mietvertrag entspreche dem zwischen Fremden Üblichen. Allerdings teilte der Bekl. die Nutzungsüberlassung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Jahr 1997 geltenden Fassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil auf. Dabei ging er – insoweit in Übereinstimmung mit den Kl. – von einer Wohnfläche von 107,93 m² und einer Kaltmiete von 680 DM (d.h. 6,30 DM/m²) aus. Als Mietwert setzte der Bekl. den im Mietspiegel ausgewies...