Entscheidungsstichwort (Thema)
Inländischer Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalt einer polnischen Pflegekraft
Leitsatz (redaktionell)
Eine polnische Pflegekraft, die jeweils für nicht mehr als drei Monate im Inland tätig ist und während dieser Zeit im Haushalt der zu pflegenden Person lebt hat, unterhält Inland weder einen Wohnsitz noch hat sie im Inland einen gewöhnlichen Aufenthalt.
Normenkette
AO §§ 8-9; EStG § 62
Tatbestand
Streitig ist für das Bestehen eines Kindergeldanspruchs, ob und für welche Zeiträume die Klägerin in der Zeit von Juni 2015 bis September 2017 ihren Wohnsitz und/oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte.
Die Klägerin ist polnische Staatsbürgerin und Mutter eines am 00.00.2005 geborenen Sohnes namens K. Dieser lebt zusammen mit seinem Vater, der auch der Ehemann der Klägerin ist, in dem von der Klägerin und ihrem Ehemann gemeinsam geführten Haushalt unter der Adresse xxx in Polen (vgl. Familienstandsbescheinigung, Bl. 230 der KG-Akte). Der Ehemann der Klägerin war im Streitzeitraum Rentner. Die Klägerin war vor und im Streitzeitraum als Pflegekraft in Deutschland tätig.
Die Klägerin war in der Zeit ab 2015 erwerbswirtschaftlich wie folgt tätig:
Sie betreute die Eheleute H vom 01.02. – 16.05.2015. Nach dem Tod von Herrn H betreute sie weiterhin Frau H vom 15.08. – 17.10.2015 sowie vom 15.12.2015 – 09.02.2016. Am 09.02.2016 verstarb Frau H.
Während der vorgenannten Zeiträume lebte die Klägerin im Haushalt der Eheleute H bzw. der Frau H (A-Str. 58, 00000 B). Der Klägerin standen ein eigenes Zimmer und ein eigenes Bad (Souterrain) zur Verfügung. Die Küche konnte von der Klägerin mitgenutzt werden. Für die Nutzung der Räumlichkeiten zahlte die Klägerin ein Entgelt. Während ihrer Abwesenheit (17.05. – 14.08.2015, 18.10. – 14.12.2015) nutzte eine andere Pflegekraft das jeweils zuvor der Klägerin zur Verfügung gestellte Zimmer und Bad.
Die Klägerin war in der Zeit vom 28.04. – 15.07.2016 als Franchisenehmerin der Firma I GmbH tätig. Das Gewerbe meldete sie am 27.04.2016 an (Bl. 439 der KG-Akte). Im Rahmen dieser Tätigkeit schloss sie einen Dienstleistungsvertrag mit Frau T B (B-Str. 21, 00000 C) über die Laufzeit vom 28.04. – 28.06.2016 (Bl. 440 der KG-Akte). Die Vertragslaufzeit wurde bis zum 15.07.2016 verlängert (Bl. 445 der KG-Akte). In der Zeit vom 28.04. – 15.07.2016 wohnte die Klägerin bei M N unter der Anschrift B-Str. 21, 00000 C (Bl. 445 der KG-Akte, Bl. 82 der Gerichtsakte).
Seit dem 14.09.2016 ist die Klägerin im Haushalt der Eheleute T bzw. nach dem Tod von Frau T am 25.11.2016 im Haushalt des Herrn T (C-Str. 2a, 00000 B) als Pflegekraft tätig. Ihre Tätigkeit übte die Klägerin in den folgenden Zeiträumen aus: 14.09. – 28.10.2016, 16.11. – 20.12.2016, 11.01. – 08.04.2017, 11.05. – 15.07.2017, 07.09. – 17.11.2017, 03.01. – 17.03.2018, 05.05. – 15.07.2018, 08.09.2018 – 26.01.2019.
In den vorgenannten Zeiträumen lebte die Klägerin im Haushalt der Eheleute T bzw. des Herrn T. Der Klägerin wurden ein eigenes Zimmer und ein eigenes Bad zur Verfügung gestellt. Sie konnte die Küche mitbenutzen. Die Überlassung der Räumlichkeiten wurde bei der Klägerin steuerlich als Sachbezug behandelt (vgl. Bl. 55R der Gerichtsakte). In den jeweiligen Zeiträumen, in denen die Klägerin nicht als Pflegekraft im Haushalt T tätig war, sondern sich bei ihrer eigenen Familie in Polen aufhielt, wurde das Zimmer sowie das Bad von einer anderen Pflegekraft genutzt.
Die Klägerin bezog in der Vergangenheit in Deutschland Kindergeld für ihren Sohn K. Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 18.06.2015 (Bl. 386 der KG-Akte) Kindergeld für den Zeitraum Juli bis Oktober 2014 sowie für den Zeitraum Januar bis Mai 2015. Eine darüber hinausgehende Zahlung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09.05.2016 ab (Bl. 416 der KG-Akte), da die Klägerin weder ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe noch der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht unterliege oder als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werde.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 13.06.2016, einem Montag, Einspruch ein (Bl. 422 ff. der KG-Akte). Sie gab an, dass sie seit 2007 regelmäßig in Deutschland arbeite. Nach einem jeweiligen Aufenthalt von ca. 3 Monaten gehe sie regelmäßig nach Polen zurück, wo sie dann ca. 2 Monate verweile. Im Anschluss sei sie wieder für ca. 3 Monate in Deutschland, um zu arbeiten. In diesem Rhythmus habe sie seit Mai 2012 bei der Familie H gearbeitet. So sei sie Mitte Mai 2015 wieder nach Polen gereist und ab dem 14.08.2015 wieder in Deutschland gewesen und habe wieder bei der Familie H gearbeitet.
Mit ihrer Einspruchsentscheidung vom 25.09.2017 (Bl. 486 der KG-Akte) wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld nicht. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe. Denn der von ihr beschriebene Rhythmus, nach welchem sie sich regelmäßig drei Mo...