Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsveräußerung im Ganzen
Leitsatz (redaktionell)
Die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück auf den Ehepartner unter gleichzeitiger Errichtung einer Bruchteilsgemeinschaft und nachfolgendem Abschluß eines neuen Mietvertrages zwischen der Gemeinschaft und dem bisherigen Mieter ist eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen gemäß § 1 Abs. 1a UStG (entgegen Abschn. 215 Abs. 8 Nr. 3c UStR 2005).
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1a
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einer umsatzsteuerpflichtig vermieteten Immobilie auf den Ehepartner eine Vorsteuerkorrektur gemäß § 15 a UStG auslöst, wenn die Immobilie anschließend durch die neu entstandene Ehegattengrundstücksgemeinschaft steuerpflichtig an dieselbe GmbH wie vorher vermietet wird.
Die Klägerin (Klin.) war Alleineigentümerin von zwei aneinander angrenzenden, bebauten Gewerbegrundstücken, C. straße 11 bis 22 und O. straße in C.. Diese Grundstücke waren seit 1986 umsatzsteuerpflichtig an eine B. GmbH vermietet. In den Jahren 1989 bis 1996 wandte die Klin. auf die Gewerbeobjekte Herstellungskosten auf, aus denen sie jeweils den Vorsteuerabzug geltend machte. Es wird wegen der Einzelheiten auf die Darstellung des Beklagten (Bekl.) in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 19.04.2001 Bezug genommen.
Mit notariellen Verträgen vom 29.07.1998 und 06.11.1998 übertrug die Klin. mit Wirkung vom 01.10.1998 unentgeltlich den halben Miteigentumsanteil an den Grundstücken auf ihren Ehemann. Die aus den Eheleuten bestehende Grundstücksgemeinschaft trat mit Wirkung vom 01.10.1998 in den Mietvertrag mit der B. GmbH ein. Zum 01.11.1999 wurde wegen zwischenzeitlich erfolgter Baumaßnahmen eine Erhöhung des Mietzinses vereinbart.
Die Klin. erklärte für das Streitjahr 1998 lediglich die Miete aus den Objekten bis zur Veräußerung der Miteigentumsanteile. Die USt-Erklärung der Klin. wurde zunächst der Besteuerung zu Grunde gelegt. Im Jahr 2000 fand eine USt-Sonderprüfung bei der Klin. statt. Die Prüfer waren der Auffassung, durch die unentgeltliche Übertragung der Miteigentumsanteile habe die Klin. einen gemäß § 4 Nr. 9 a UStG steuerfreien Eigenverbrauch verwirklicht. Die bei der Klin. verbleibenden Miteigentumsanteile seien von ihr unentgeltlich der Ehegattengrundstücksgemeinschaft überlassen worden, wodurch ein weiterer Eigenverbrauch verwirklicht werde, der gemäß § 4 Nr. 12 a UStG steuerfrei sei. Wegen der steuerfreien Verwendung sei der Vorsteuerabzug gemäß § 15 a UStG zu berichtigen. Es wird wegen der Einzelheiten auf den Außenprüfungsbericht vom 16.03.2000 samt Anlagen Bezug genommen.
Der Bekl. änderte nach Maßgabe des oben genannten Außenprüfungsberichts die USt-Festsetzung der Klin. für das Streitjahr (Bescheid für 1998 über USt vom 04.04.2000). Der dagegen von der Klin. eingelegte Einspruch war erfolglos (EE vom 19.04.2001).
Dagegen richtet sich die Klage.
Die Klin. trägt vor, durch die Übertragung der Miteigentumsanteile auf ihren Ehemann sei eine Grundstücksgemeinschaft entstanden, diese sei in den Mietvertrag zwischen der Klin. und der GmbH eingetreten. Die Klin. habe eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gemäß § 1 Abs. 1 a UStG vorgenommen, denn das bisherige (Vermietungs)Unternehmen sei auf die nunmehr als Vermieterin auftretende Grundstücksgemeinschaft übergegangen. Falls die Auffassung des Bekl., nach der die Regelung des § 1 Abs. 1 a UStG bei der Übertragung von Miteigentumsanteilen nicht greife, richtig sei, habe die ab 1994 geltende Regelung über die Nichtsteuerbarkeit von Geschäftsveräußerungen im Ganzen teilweise ihren Sinn verfehlt. Die genannte Regelung bezwecke nämlich u. a. die Vermeidung von sachlich und systematisch nicht gebotenen Vorsteuerkorrekturen. Die Bruchteilsgemeinschaft sei darüber hinaus mit anderen Personengesellschaften, die eigene Steuersubjekte darstellen könnten, gleichzubehandeln.
Die Klin. beantragt,
den USt-Änderungsbescheid für 1998 vom 04.04.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.04.2001 aufzuheben,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er nimmt Bezug auf seine EE.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klin. in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Der Vorsteuerabzug aus den Herstellungsaufwendungen für die streitbefangenen Grundstücke ist nicht gemäß § 15 a UStG zu berichtigen. Der Berichtigungszeitraum ist durch die Übertragung der Miteigentumsanteile von der Klin. auf ihren Ehemann nicht unterbrochen (§ 15 a Abs. 6 a UStG), denn es lag insoweit eine Geschäftsveräußerung i. S. v. § 1 Abs. 1 a UStG vor.
Seit dem 01.01.1994 unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht mehr der Umsatzbesteuerung. Als Folge dieser Neuregelung bestimmt der ebenfalls zum 01.01.1994 eingeführte § 15 ...