Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesellschafter bzw. Gemeinschafter nicht Dritter i.S. des § 174 Abs. 5 AO im Verfahren wegen einheitlicher und gesonderter Gewinnfeststellung der Personengesellschaft/-gemeinschaft - Indizien zur Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel
Leitsatz (redaktionell)
1) Beteiligte einer Personengesellschaft oder -gemeinschaft, denen über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der Ertrag aus dieser Gesellschaft / Gemeinschaft zugewiesen wird, sind nicht "Dritte" i.S. des § 174 Abs. 5 AO, sondern selbst Steuerpflichtige mit der Folge, dass sich in diesen Fällen die Änderungsbefugnis des Finanzamts unmittelbar aus § 174 Abs. 4 AO ergibt.
2) Bei Würdigung aller für und gegen einen gewerblichen Grundstückshandel sprechenden Umstände des zu beurteilenden Sachverhalts wird eine bedingte Verkaufsabsicht grundsätzlich weder durch eine - wenn auch längere - Vermietung eines oder mehrerer Objekte noch durch Finanzierungsprobleme und die Überlegung, ein Grundstück zur Alterssicherung nutzen zu wollen, ausgeräumt.
3) Zu den Indizien, die bei der Prüfung eines gewerblichen Grundstückshandels zu berücksichtigen sind, zählt auch die Tatsache, dass ein Objekt in Eigentumswohnungen aufgeteilt und eine Umfinanzierung vorgenommen worden ist, bei der die Kredite auf die einzelnen Wohnungen verteilt worden sind.
Normenkette
AO 1977 § 174 Abs. 5, § 179 Abs. 2, § 180; EStG § 6 Abs. 1, 1 Nr. 5, § 15 Abs. 1, 1 Nr. 1; AO 1977 § 174 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Zu entscheiden ist für die Streitjahre 1979 bis 1988, ob zum Zeitpunkt des Erlasses der Feststellungsbescheide bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war. Darüber hinaus ist nur noch streitig, ob die Kläger (Kl.) in den Jahren bis 1983 einschließlich einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben haben. Hinsichtlich der übrigen Jahre, 1984 bis 1992, wurde über die zutreffende Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die bei den Kl. verbliebenen Objekte in der mündlichen Verhandlung Einigung erzielt.
Die Kl. sind u. a. alleinige Gesellschafter der V. KG, die am 01.01.1963 gegründet worden war und sich als Grundstücksmaklerin betätigt.
Außerhalb dieser KG erwarben die Kl. mit zwei getrennten Kaufverträgen vom 01.12.1971 mit jeweiliger Wirkung vom 01.01.1972 Miteigentumsanteile von jeweils 50 v. H. an zwei Grundstücken in H. Es handelt sich um das unbebaute Grundstück Gstraße und das bebaute Grundstück Fstraße. In den Jahren 1972 und 1973 errichteten die Kl. auf dem Grundstück Gstraße ein Mietwohnhaus und renovierten das erworbene Mietwohngrundstück Fstraße. Anschließend wurden die Wohnungen vermietet.
Am 20.11.1975 wurden die Wohnungen in beiden Objekten in Wohnungseigentum aufgeteilt. Das Grundstück Gstraße wurde in 16 Wohneinheiten, 1 Großgarage und 8 Einzelgaragen und das Grundstück Fstraße in 10 Wohneinheiten aufgeteilt.
Im Jahre 1978, also 1 Jahr vor dem in diesem Verfahren streitigen Zeitraum, veräußerten die Kl. 12 Wohneinheiten aus den oben genannten Objekten. Ausweislich der Bilanz der V. KG zum 31.12.1978 legten die Kl. die Wohnungen Gstraße mit einem Wert von 998.400,00 DM und die Wohnungen Fstraße mit einem Wert von 660.000,00 DM in das Betriebsvermögen ein. Die Verkaufserlöse von 827.200,00 DM bei der Gstraße und 280.220,00 DM bei der Fstraße, insgesamt also 1.107.420,00 DM, wurden bei der V. KG in der Gewinn- und Verlustrechnung für 1978 als Ertrag erfasst. Die bis zum Verkauf erzielten Mieteinnahmen waren als betriebliche Erträge ausgewiesen. Im selben Jahr entnahmen die Kläger die nicht verkauften Wohnungen Gstraße mit einem Wert von 194.779, 00 DM und Fstraße mit einem Wert von 393.220,00 DM aus dem Betriebsvermögen der V. KG. Unter Berücksichtigung dieser Werte errechnet sich für das Objekt Gstraße ein durchschnittlicher Einlagewert von 951,76 qm und ein durchschnittlicher Entnahmewert von 495,62 DM pro qm, während der Einlagewert für die Wohnungen Fstraße durchschnittlich 985,07 DM beträgt und für die in gleichem Jahr erfolgte Entnahme ein durchschnittlicher Wert von 851,12 DM pro qm angesetzt ist.
In den Jahren 1980 bis 1984 veräußerten die Kl. aus beiden Objekten insgesamt noch 5 weitere Wohnungen, und zwar zum 15.12.1980 die Wohnung Nr. 8 im Haus Fstraße, zum 01.07.1981 die Wohnung Nr. 6 im Haus Gstraße, zum 15.03.1983 die Wohnung Nr. 2 im Haus Gstraße, zum 01.04.1983 die Wohnung Nr. 5 im Haus Fstraße und zum 01.01.1984 die Wohnung Nr. 10 im Haus Gstraße.
Für die Streitjahre (1979 bis 1992) hatten die Kl. die laufenden Einkünfte aus den Objekten als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Die entsprechenden Einkommensteuererklärungen wurden für 1988 abgegeben im März 1990, für die Jahre 1987 und früher in den Jahren vor 1990, für das Jahr 1989 am 14.10.1991 und für das Jahr 1990 am 11.12.1992. Dem war der Bekl. bis zum Abschluss einer Betriebsprüfung zunächst gefolgt. Im Anschluss an die Betriebsprüfung bei der...