Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung der Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen bei fehlerhaften Angaben im CMR-Brief
Leitsatz (redaktionell)
Der Vertrauensschutz gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG bei innergemeinschaftlichen Fahrzeuglieferungen greift dann nicht, wenn der Buch- und Belegnachweis unvollständig (CMR-Frachtbrief ist nur teilweise bzw. falsch ausgefüllt) erbracht wurde und Zweifel am Vorliegen einer Geschäftsbeziehung bestehen.
Normenkette
UStG § 4 S. 1 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 S. 1; UStDV § 17a Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung.
Die Klägerin ist eine mit notarieller Urkunde vom 30.12.1981 gegründete GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist die Vermittlung von Kraftfahrzeugen aller Art, der Handel mit Ersatzteilen und Zubehör, der Betrieb einer Autoreparaturwerkstätte, Vermietung und Leasing von Kraftfahrzeugen aller Art sowie alle sonstigen Geschäfte und Tätigkeiten, die mit dem Kraftfahrzeugwesen in Zusammenhang stehen. Gesellschafter der Klägerin waren im Streitjahr 2005 B zu 55 % sowie dessen Töchter C zu 25 % und D zu 20 %. Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer waren B, C und E. Für den kaufmännischen Bereich einschließlich Verkauf war C zuständig.
In der am 27.09.2006 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2005 wies die Klägerin Umsätze zum allgemeinen Steuersatz in Höhe von 5.308.760 €, innergemeinschaftliche Lieferungen in Höhe von 367.420 € und eine selbst errechnete Umsatzsteuer in Höhe von 167.620,22 € aus. Die Steuererklärung stand mit Eingang beim Finanzamt einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§§ 168, 164 AO).
Am 10.03.2009 fand bei der Klägerin eine Umsatzsteuernachschau gem. § 27 b UStG statt. Der Prüfer stellte fest, dass für die von der Klägerin mit Rechnung vom 20.05.2005 vorgenommene Veräußerung eines (gebrauchten) Fahrzeugs an die spanische Firma S die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung gem. § 4 Nr. 1b i.V.m. § 6a Abs. 1 UStG nicht vorlagen. Er erhöhte daher die steuerpflichtigen Umsätze um 27.500 € (vgl. Aktenvermerk über die Umsatzsteuernachschau vom 11.03.2009, USt-Akte Bl. 12ff). Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und setzte die Umsatzsteuer 2005 mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 01.04.2009 auf 172.233,34 € (+ 4.400 €) fest. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Hiergegen legte die Klägerin am 20.04.2009 Einspruch ein.
In der Zeit vom 23.03.2010 bis 14.04.2010 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung statt, die sich auf die Jahre 2005 bis 2008 erstreckte. Der Prüfer stellte das Bestehen einer Organschaft zwischen der Klägerin und der F GmbH & Co. KG fest. Daraufhin änderte das Finanzamt gem. § 164 Abs. 2 AO die Umsatzsteuerfestsetzung und setzte mit Bescheid vom 19.11.2010 die Umsatzsteuer für das Streitjahr auf 0 € herab. Gleichzeitig hob es den Vorbehalt der Nachprüfung auf und erklärte den Einspruch vom 20.04.2009 für erledigt.
Hiergegen hat die Klägerin wiederum Einspruch eingelegt. Eine Begründung erfolgte nicht. Im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens stellte das Finanzamt fest, dass die für die Annahme einer Organschaft erforderliche organisatorische Eingliederung nicht vorlag. Mit Einspruchsentscheidung vom 18.05.2011 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer 2005 unter Änderung des Bescheids vom 19.11.2010 wiederum auf 172.233,34 € fest. Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück. Auf die Problematik der innergemeinschaftlichen Lieferung ging es in der Einspruchsbegründung nicht ein.
Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt, den Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 01.04.2009, geändert durch Bescheid vom 19.11.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.05.2011 dahin zu ändern, dass Erlöse in Höhe von 31.900 € (brutto) als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt werden.
Zur Begründung trägt sie vor:
Die Klage richte sich ausschließlich gegen die Nichtanerkennung der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung aufgrund der Veräußerung des PKW an die spanische Firma S. Aus der Einspruchsentscheidung ergebe sich nicht, dass das Finanzamt sich überhaupt mit dieser Frage befasst habe. Zur Vermeidung von Wiederholungen nehme sie auf ihre Schriftsätze vom 13.07.2009 und 08.09.2009 Bezug. Entgegen der Auffassung des Finanzamts sei der Einspruch nicht erledigt, denn mit der Einspruchsentscheidung sei die Umsatzsteuer erneut in der ursprünglichen Höhe festgesetzt worden. Streitig bleibe der Betrag von 4.400 €.
Die Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung lägen vor. Die Kontaktaufnahme sei durch einen Spanier erfolgt und Besteller sei ein in Spanien ansässiges Unternehmen gewesen, für das ein Handelsregisterauszug und eine gültige Umsatz-Identifikationsnummer vorlägen. In der an den spanischen Erwerber adressierten Rechnung habe sie darauf hingewies...