Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnsteuerpauschalierung bei Gehaltsumwandlung: Zusätzlichkeitserfordernis - Entgelt für einen Werbeaufkleber des Arbeitgebers auf dem Fahrzeug des Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
1. Verzichtet der Arbeitnehmer auf Teile seines bisherigen Gehalts und werden stattdessen Erholungsbeihilfen, sowie Zuschüsse zu den Fahrtkosten und für Internetanschlüsse vereinbart, fehlt es am Zusätzlichkeitserfordernis, so dass die Pauschalierung der auf diese Gehaltsbestandteile entfallenden Lohnsteuer nicht möglich ist.
2. Die Vereinbarung eines Entgelts für einen Werbeaufkleber des Arbeitgebers auf dem Fahrzeug des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag ist Arbeitslohn, wenn die Vergütung unabhängig von der Fahrleistung des Fahrzeugs gezahlt wird und der Aufkleber - identisch mit dem Logo im Briefkopf des Arbeitgebers - aus einer Folge von drei Buchstaben besteht, der mangels Bekanntheit bei einem größeren Personenkreis keine nennenswerte Werbewirkung zukommt.
Normenkette
EStG §§ 19, 22 Nr. 3, § 40 Abs. 2, § 42d Abs. 1; AO § 42
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Lohnsteuerhaftungsbescheides nach § 42d Abs. 1 EStG, ob bestimmte Zahlungen an verschiedene Arbeitnehmer der Klägerin pauschal versteuert bzw. lohnsteuerfrei ausgezahlt werden dürften oder ob es sich dabei um der Regelbesteuerung unterfallende Lohnbestandteile handelt.
Die Klägerin ist eine Sozietät mehrerer Steuer- und Rechtsberatung leistender Personen mit im streitigen Zeitraum zwischen 26 und 40 Arbeitnehmern. Sie hatte sich von einem für die L GmbH auftretenden Rechtsanwalt ein Konzept zur Lohnsteueroptimierung erarbeiten lassen (vgl. das an das beklagte Finanzamt gerichtete Fax vom 18. Januar 2016, Bl. 204 LSt-Akten Arbeitgeber sowie die Korrespondenz mit dem Rechtsanwalt, Herrn A, Bl. 130 LSt-Akten Arbeitgeber). Die L GmbH stellt sich auf ihrer Website als Unternehmensberatungsgesellschaft dar, die sich "auf die rechtssichere Nutzung von abgabenbegünstigten oder gar abgabebefreiten Vergütungsbestandteilen im Zuge einer Lohnkostenstrukturierung der bestehenden Mitarbeiter-Vergütungsstrukturen" spezialisiert hat. Sie bietet sich insbesondere mittelständischen Firmen an, die sich, um geeignete Fachkräfte gewinnen zu können, als attraktiver Arbeitgeber positionieren wollen. Hierzu müssten - so die L GmbH - u.a. der höchstmögliche Nettolohn sowie eine nachhaltige Besserstellung in allen sozialversicherungsrechtlichen Bereichen realisiert werden.
Diesem Konzept folgend änderte die Klägerin mit Wirkung ab dem 1. Juni 2013 den bis dahin bestehenden Arbeitsvertrag mit acht namentlich bekannten Mitarbeitern dahin, dass die monatliche regelversteuerte Grundvergütung in jeweils unterschiedlicher Höhe einvernehmlich reduziert wurde. Gleichzeitig wurden in entsprechender Höhe (ggfs. in - je nach Arbeitnehmer - wechselnder Zusammensetzung) Zusatzleistungen eingeräumt. Im Einzelnen handelt es sich dabei um in Anlagen zum Arbeitsvertrag vereinbarte Werbekostenzuschüsse für das Aufbringen eines "Werbeflächenaufklebers" auf den Privat-Pkw der Mitarbeiter, um Erholungsbeihilfen und um eine hier nicht in Streit befindliche betriebliche Altersvorsorge. Darüber hinaus wurden in gesonderten Zusagen "freiwillig und ohne Begründung einer Rechtspflicht auf weitere Zahlungen" eine Internetpauschale sowie ein Zuschuss für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gewährt.
(Wegen der Höhe und der Ausgestaltung der Zusatzleistungen wird auf Bl. 43 bis 45 PA und wegen des Formblattes zur Erholungsbeihilfe auf Bl. 92 LSt-Akten Arbeitgeber Bezug genommen.)
Bei dem "Werbeflächenaufkleber" handelte es sich um das sich auch auf den Schriftsätzen der Klägerin oben rechts wiederfindende Logo "…" in den Farben schwarz, weiß und rot und im Format 15 cm x 10 cm. Die Buchstaben sind 9,5 cm x 3 cm groß (vgl. Klarsichtumschlag nach Bl. 58 PA).
Den Zuschuss für die Internetnutzung und die Erholungsbeihilfen versteuerte die Klägerin pauschal mit 25 %, den Wegstreckenzuschuss mit 15 %. Der Werbekostenzuschuss gelangte steuerfrei zur Auszahlung.
Im Anschluss an eine für Dezember 2009 bis Dezember 2014 durchgeführte Lohnsteueraußenprüfung, deren Ergebnisse im Bericht vom 4. September 2015 (Bl. 173 ff. LSt-Akten Arbeitgeber) zusammengefasst sind, sah der Beklagte hierin eine unzulässige Barlohnumwandlung, für die eine Pauschalierung der Lohnsteuer gem. § 40 Abs. 2 EStG nicht in Betracht komme. Schädlich sei hierbei, dass diese Leistungen nicht zusätzlich zum bestehenden bisherigen Vergütungsanspruch gewährt würden, sondern das Grundgehalt zuvor entsprechend herabgesetzt worden sei. Bei der Erholungsbeihilfe sei die zeitnahe, zweckgebundene Verwendung der Zahlungen nicht nachgewiesen. Das von der Klägerin vorgelegte Formblatt, in dem der jeweilige Arbeitnehmer bestätige, dass er die Zahlung entsprechend verwenden werde, reiche hierzu nicht au...