Entscheidungsstichwort (Thema)
Wesentliche Einschränkung der Anpassungsmöglichkeit nach § 323 ZPO im Hofübergabevertrag durch Ausschluss der Anpassung bei Verlassen der bisherigen Wohnung durch die Übergeber
Leitsatz (amtlich)
Die Einschränkung der durch § 323 ZPO grundsätzlich eröffneten Anpassungsmöglichkeit von wiederkehrenden Zahlungen aus einem Hofübergabevertrag für den Fall des Auszugs der Übergeber aus der bisher bewohnten Wohnung gleich aus welchem Grund stellt eine wesentliche Einschränkung dar, die zum Vorliegen einer Leibrente anstelle einer dauernden Last und zur auf den Ertragsanteil begrenzten Abziehbarkeit der Leistungen als Sonderausgaben führt.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a; ZPO § 323
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger Barzahlungen, zu denen er sich im Zusammenhang mit der Übernahme des elterlichen landwirtschaftlichen Betriebes verpflichtet hat, in voller Höhe als dauernde Last oder nur mit dem Ertragsanteil als Rente nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a) Einkommensteuergesetz in der Fassung vom 13. Dezember 2006 (im Folgenden: EStG) als Sonderausgaben abziehen kann.
Die Kläger sind im Streitjahr 2007 zusammen veranlagte Eheleute. Mit notariellem Hofübergabevertrag vom 16. Dezember 1998 übernahm der Kläger zum 31. Dezember 1998 den elterlichen Weinbaubetrieb, aus dem er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt, von S, geboren 1935 und E, geboren 1936 (siehe Bl.1 ff. Vertragsakte).
Unter Ziffer V. Nr. 7 des Vertrages verpflichtete der Kläger sich und seine Rechtsnachfolger, seinen Eltern, den Übereignern, beginnend ab dem 1. Januar 1999 einen Beitrag zu deren Lebensunterhalt in Höhe von 6.000,- DM (3.067,75 €) monatlich (jährlich 72.000,- DM = 36.813,- €) als "dauernde Last" zu zahlen. Die Verpflichtung besteht bis zum Ableben des Längstlebenden der Übereigner. Wörtlich heißt es in der vertraglichen Regelung weiter:
" […]
§ 323 ZPO ist auf die wiederkehrenden Barleistungen mit materiell-rechtlicher Wirkung sinngemäß anwendbar, so daß insbesondere Veränderungen im Unterhaltsbedarf des Berechtigten und/oder in der Leistungskraft des Verpflichteten die Höhe der Zahlungspflicht beeinflussen können.
Verlassen die Berechtigten, also die Übereigner (oder auch der Längstlebende von ihnen allein), jedoch ihre derzeitige Wohnung, gleich aus welchem Grund (z.B. Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim), so führt ein hierdurch verursachter Mehrbedarf in ihrer Person jedoch zu keiner Anpassung der dauernden Last.
[...]"
Zur Wertbeständigkeit der Versorgungsleistungen vereinbarten die Parteien eine Wertsicherungsklausel bezogen auf den Verbraucherpreisindex. Auch auf diese erstreckten sie § 323 Zivilprozessordnung (ZPO). Die wiederkehrenden Barleistungen sollen deshalb als dauernde Last zu behandeln sein.
In Ziffer V. Nr. 8 vereinbarten die Parteien:
"Auf die Aufnahme einer Pflegeverpflichtung in die heutige Urkunde durch den Erwerber zu Gunsten seiner Eltern, den heutigen Übereignern, wird hiermit ausdrücklich verzichtet."
Unter Ziffer III., Seite 9 des Vertrages heißt es: "Im Hinblick auf die nachstehend vereinbarte monatliche Rente...".
Die Reallast sollte gemäß der vertraglichen Vereinbarung auch in Höhe von 72.000,- DM jährlich einschließlich der vereinbarten Wertsicherungsklausel im Grundbuch eingetragen werden (Ziffer VI. Nr. 3).
Unter dem 29. Dezember 2011 trafen der Kläger und seine Eltern einfachvertraglich die folgende ergänzende Regelung: Der Vertrag vom 16. Dezember 1998 soll in Ziffer V. Nr. 7 dahingehend ergänzt werden, dass anschließend an "so führt ein hierdurch verursachter Mehrbedarf in ihrer Person jedoch zu keiner Anpassung der dauernden Last" es nunmehr lautet:
"Eine Änderung der Versorgungsleistungen kann vom Versorgungsberechtigten bei einem Mehrbedarf abgeleitet werden, der sich infolge einer dauerhaften Pflegebedürftigkeit im Rahmen einer häuslichen Pflege ergibt. Dies trifft im Besonderen zu, sofern die Pflege die Einstellung einer Pflegekraft oder die Inanspruchnahme der Leistungen eines Pflegedienstes notwendig werden lassen und hierdurch Kosten entstehen, die nicht durch anderweitige Ansprüche, zum Beispiel aus der gesetzlichen Pflegeversicherung gedeckt sind. Persönliche Pflegeleistungen durch den Erwerber oder seine Rechtsnachfolger, erfolgen unentgeltlich. Bei einer auswärtigen Heimunterbringung ruht die Pflegeverpflichtung und lebt wieder auf, sobald der Berechtigte wieder in der eigenen Wohnung wohnt."
Ziffer V. Nr. 8 entfalle komplett, da sie sich durch die Ergänzung erübrige.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2007 machten die Kläger die an die Eltern des Klägers erbrachten Zahlungen in Höhe von 36.813,- € bei den Sonderausgaben als dauernde Lasten geltend, die der Beklagte mit gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Einkommensteuerbescheid vom 18. September 2009 zunächst wie erklärt berücksichtigte.
Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Einkommensteuerbescheid...