Rz. 1
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Seit 2009 gibt es eine sog Abgeltungsteuer iHv 25 % auf Kapitalerträge (§ 32d EStG; zur Beurteilung > Rz 3). Die > Einkünfte aus Kapitalvermögen, soweit sie mit KapESt (§§ 43–45e EStG) belastet sind, brauchen deshalb grundsätzlich nicht mehr in der > Steuererklärung angegeben werden (vgl § 43 Abs 5 Satz 1 EStG). Auch die > Werbungskosten sind – anders, als nach objektivem > Nettoprinzip Rz 2 erforderlich – abgegolten und können deshalb nicht mehr gesondert berücksichtigt werden. Abgezogen wird lediglich ein Sparer-Pauschbetrag iHv 801 EUR bei Einzel- bzw 1 602 EUR bei Zusammenveranlagung (§ 20 Abs 9 EStG; vgl auch § 2 Abs 2 Satz 2 EStG; ergänzend > Rz 5). Die Regierungskoalition aus SPD/Grüne/FDP ("Ampel") hat in ihrem Koalitionsvertrag eine Anhebung der vorgenannten Beträge auf 1 000 EUR bzw 2 000 EUR mit Wirkung zum 01.01.2023 vereinbart; die Umsetzung ist nunmehr im Zuge des JStG 2022 geplant (vgl BT-Drs 20/3879 S 16 [Regelung] und 91 [Begründung]). Darüber hinausgehende Anhebungen des Sparer-Pauschbetrags in den kommenden Jahren sind nicht geplant (dazu sowie zur Aufkommens- und Verteilungswirkung der Anhebung vgl BT-Drs 20/1482 S 3).
Rz. 2
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Der Stpfl kann nach Ablauf des VZ mit seiner > Steuererklärung eine Günstigerprüfung nach § 32d Abs 6 EStG beantragen, um eine Erstattung der Differenz zwischen der 25 % KapESt (und > Solidaritätszuschlag) und seinem ggf niedrigeren individuellen Steuersatz zu bewirken. Wegen weiterer Einzelheiten und Zweifelsfragen vgl das ausführliche Anwendungsschreiben des BMF vom 19.05.2022, BStBl 2022 I, 742 (dazu Ronig, NWB 2022, 2396) sowie zB Spieker, DB 2016, 197; ergänzend > Veranlagung von Arbeitnehmern Rz 166.
Rz. 3
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Die Abgeltungsteuer bricht mit dem in Deutschland im Grundsatz zuvor angewandten Prinzip der sog synthetischen Einkommensbesteuerung, bei welchem alle als stpfl erfassten > Einkünfte zusammengerechnet und gemeinsam einem Steuertarif unterworfen werden. Steuersystematisch wird sie deshalb uE zu Recht teils kritisiert. Aufgrund der Einteilung in unterschiedliche Kategorien von Einkünften und deren jeweils gesonderte Behandlung wird iZm der Abgeltungsteuer auch der Begriff der sog Schedulenbesteuerung genutzt (vgl auch englisch "schedule"). Vgl weiterführend zB Englisch, StuW 2007, 221; Hänsch, Steuer und Studium 2012, 275 sowie Kollruss, FR 2018, 350.
Die unterschiedliche Behandlung von Einkunftsarten könnte zudem einen Verstoß gegen den > Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG darstellen; vgl mit entsprechender Überzeugung zur Verfassungswidrigkeit indes mittlerweile nach Erledigung in der Hauptsache aufgehobener (vgl Beschluss vom 10.08.2022) Vorlagebeschluss des FG Nds vom 18.03.2022 – 7 K 120/21, DStR 2022, 921 (dazu zB Kreft, DB 2022, 1164; Morawitz, DStR 2022, 929; Az des Normenkontrollverfahrens beim BVerfG war 2 BvL 6/22).
Rz. 4
Ua aufgrund der vorgenannten Kritikpunkte (> Rz 3) war und ist eine Abschaffung der Abgeltungsteuer und die vollständige Reintegration der > Einkünfte aus Kapitalvermögen in das System der synthetischen Einkommensbesteuerung in der politischen Diskussion. Als problematisch könnte sich dabei aber die Frage erweisen, wie > Verluste zu berücksichtigen sind. Eine etwaige Abschaffung des Sonderregimes fand denn auch keinen Eingang in den Vertrag der "Ampel-Koalition" (vgl zudem > Rz 1).
Rz. 5
Die gemäß § 32d Abs 3 und 4 EStG veranlagte und dem gesonderten Tarif für > Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegende > Einkommensteuer kann nicht nach § 35a EStG (> Haushaltshilfe Rz 5 ff, > Handwerkerleistungen) ermäßigt werden (BFH 269, 15 = BStBl 2020 II, 544).