A. Allgemeines
Rz. 1
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Die ärztliche Tätigkeit ist im Allgemeinen ein freier Beruf und führt steuerlich zu Einkünften aus selbständiger Arbeit (§ 18 Abs 1 Nr 1 EStG). Sie ist jedoch, zB bei Laborärzten, als gewerblich anzusehen, wenn der das Berufsbild des Arztes prägende persönliche, individuelle Dienst am Patienten in den Hintergrund tritt (BFH/NV 2018, 945). Andere Ärzte sind in Krankenhäusern, in der Verwaltung (zB im Gesundheits- und Versorgungswesen), bei den Krankenkassen (Medizinischer Dienst) und in Betrieben (zB als Werksarzt) als Beamte und Angestellte, also als ArbN mit Einkünften aus § 19 EStG tätig. Daneben sind Mischformen bekannt. So werden von freiberuflich praktizierenden Ärzten als Nebentätigkeit Aufgaben in Verwaltung und Betrieben übernommen. In anderen Fällen übernehmen hauptberuflich als ArbN tätige Ärzte (zB Krankenhausärzte) als Nebentätigkeit Aufgaben (zB die Erstellung von Gutachten; > Rz 14), die sie selbständig ausführen. Die Nebentätigkeit kann Teil der Haupttätigkeit (> Arbeitnehmer Rz 75 ff) sein mit der Folge, dass die > Einkünfte aus der Nebentätigkeit der Einkunftsart der Haupttätigkeit zugeordnet werden. Die Nebentätigkeit eines Freiberuflers kann aber auch nichtselbständig und die Nebentätigkeit eines ArbN kann als freiberufliche Tätigkeit ausgeübt werden, denn die Einkunftsart der Nebentätigkeit bestimmt sich unabhängig von der Einkunftsart der Haupttätigkeit. Im Einzelfall werden die Einkünfte den Einkunftsarten nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zugeordnet. Dabei ist von den vertraglichen Vereinbarungen und ihrer tatsächlichen Durchführung auszugehen. Wegen der Kriterien zur Abgrenzung > Arbeitnehmer und H 19.0 LStH. Nach BFH 70, 236 = BStBl 1960 III, 88 ist die ärztliche Tätigkeit freiberuflich, solange nicht klare Beweisanzeichen auf ein ArbN-Verhältnis deuten. Ärzte, die im Behinderten- oder Koronar-Sport (ambulanter Sport für Herzpatienten) tätig sind, üben eine einem Übungsleiter vergleichbare Tätigkeit aus (> Freibeträge für nebenberufliche Tätigkeiten).
B. Vertragsärzte
Rz. 2
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Vertragsärzte sind Ärzte, die im Besitz einer Zulassung zur Teilnahme an der ambulanten ärztlichen Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherten sind. Die Bezüge der Vertragsärzte und Vertrauensärzte sind idR Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 Abs 1 Nr 1 EStG). Das gilt auch für Tätigkeiten in einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis (FG Köln vom 10.07.2019 – 7 K 3133/17, HaufeIndex 14 480 849, NZB BFH VIII B 144/19). Sie unterliegen nicht dem LSt-Abzug, sondern sind zur ESt zu erklären (> Steuererklärung) und vom FA zu veranlagen. Das gilt auch für Vertragsärzte und Vertrauensärzte, die im Übrigen keine eigene Praxis ausüben, sofern nicht besondere Umstände für ein Arbeitsverhältnis sprechen. Ein Arbeitsverhältnis ist nicht allein deshalb anzunehmen, weil der Arzt regelmäßig und im Voraus festgelegte Sprechstunden abhält und verpflichtet ist, für den Auftraggeber bei Bedarf auch arbeitsmedizinische Fragen zu begutachten (LAG Köln vom 25.08.1999 – 2 Sa 611/99, DB 1999, 2648). Einkünfte aus selbständiger Arbeit haben auch die bei einem Träger der > Sozialversicherung tätigen Knappschaftsärzte (einschließlich der Knappschaftszahnärzte und Knappschaftsfachärzte), die nicht voll beschäftigten Hilfsärzte bei den Gesundheitsämtern, die nebenberuflich tätigen Vertragsärzte der > Bundeswehr (einschließlich der Vertragszahnärzte, Vertragstierärzte; vgl EFG 1969, 599; 1970, 580) und andere Vertragsärzte oder Betriebsärzte in der Industrie (> R 18.1 Abs 1 EStR). Zur freien Mitarbeit eines Betriebsarztes vgl LAG München vom 02.08.1984 – 7 Sa 632/83, BB 1985, 198. Musterungsvertragsärzte der Bundeswehr haben Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (BFH 76, 460 = BStBl 1963 III, 167). Ausschlaggebend hierfür ist die straffe Einordnung und Weisungsgebundenheit der Ärzte als Mitglieder der Musterungskommission.
Rz. 3
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Die Alters- und Hinterbliebenenbezüge der Knappschaftsärzte sind der Einkunftsart zuzurechnen, bei der die > Einkünfte aus der aktiven Tätigkeit als Knappschaftsarzt erfasst worden sind (OFD Düsseldorf vom 01.09.1976, DB 1976, 1842). Soweit die Bezüge während der aktiven Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) waren, wird für die Alters- und Hinterbliebenenbezüge kein Versorgungs-Freibetrag (§ 19 Abs 2 EStG; > Freibeträge für Versorgungsbezüge) gewährt (EFG 1986, 233).
Rz. 4
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Eine Einmalzahlung der "Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen" an Ärzte in Weiterbildung, die den Facharzt für Allgemeinmedizin und den Facharzt für Innere Medizin absolvieren, ist nicht steuerbar, wenn der Arzt sich nicht verpflichtet, in Thüringen tätig zu werden (BFH 271, 63 = BStBl 2021 II, 488).
C. Amtsärzte
Rz. 5
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Beamtete Ärzte (Amtsärzte, Bezirksärzte, Veterinäre usw) haben in ihrer Haupttätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG); ergänzend > Tier...