Rz. 47
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Der Beweggrund (das Motiv) des ArbG für seine Leistung stellt die Veranlassung durch das Dienstverhältnis grundsätzlich nicht infrage (zu Besonderheiten > Rz 57). Deshalb können auch solche Zuwendungen Arbeitslohn sein, mit denen der ArbG allein marktorientierte oder soziale Ziele verfolgt oder mit denen er den ArbN auszeichnen oder ehren will (BFH 143, 539 = BStBl 1985 II, 641; zu Besonderheiten > Ehrenbegräbnis). Der Personalrabatt in der Automobilindustrie gehört zum Arbeitslohn, obwohl der ArbG mit den > Jahreswagen noch andere Ziele verfolgt als die Entlohnung seiner ArbN (BFH 171, 74 = BStBl 1993 II, 687; BFH/NV 1994, 855). Die "Entlohnungsabsicht" (vgl BFH 143, 544 = BStBl 1985 II, 529) ist deshalb uE ein zweifelhaftes, weil unsystematisches Kriterium (> Rz 51). Schon BFH 138, 456 = BStBl 1983 II, 643 hielt eine bewusste und gewollte Vorteilszuwendung für kein Merkmal des Entlohnungsbegriffs (> Rz 49).
Rz. 48
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Da es auf das Motiv des ArbG für die Zuwendung an den ArbN nicht ankommt, gehören auch Leistungen aus sozialen Erwägungen grundsätzlich zum Arbeitslohn. Allerdings: Was der ArbG in seltenen Fällen aus "Barmherzigkeit" gewährt (zB Unterstützungen), muss kein Arbeitslohn sein, wenn diese Leistung nicht auf dem Dienstverhältnis beruht (vgl BFH 71, 233 = BStBl 1960 III, 335). Nicht zu verallgemeinern ist aber uE die Auffassung (vgl EFG 1966, 32), es spreche für Barmherzigkeit, wenn Unterstützungen an einen beschränkten Kreis von Personen gewährt werden, deren Bedürftigkeit individuell geprüft wird; ergänzend > Beihilfen Rz 12 ff, 41ff. Zu einem anderen Ergebnis kann es aber führen, wenn der ArbG die Leistungen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse erbringt und der ArbN nicht objektiv bereichert ist, zB bei > Vorsorgekuren oder einer Kreislauftrainingskur (BFH 114, 496 = BStBl 1975 II, 340; > Rz 65). Ebenso bei Leistungen, mit denen der ArbG eigene Ansprüche erwirbt, wie zB mit den Prämien für eine Berufshaftpflichtversicherung, selbst wenn damit vorteilhafte Reflexwirkungen für den ArbN verbunden sind (BFH 253, 243 = BStBl 2016 II, 621, > Rz 77; abgrenzend > Rechtsanwälte Rz 6 sowie > Rz 112).
Rz. 49
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Erlangt der ArbN "etwas" ohne Kenntnis oder ohne die – mutmaßliche – Zustimmung des ArbG, so ist dies idR nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst. So ist es zB, wenn der ArbN etwas durch Pflichtwidrigkeiten gegenüber dem ArbG erlangt (zu Beispielen > Rz 126). Zweifelsfrei gehören aber auch Leistungen zum Arbeitslohn, die gegen den Willen des ArbG vor Gericht erstritten worden sind, selbst wenn sie im Wege der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des ArbN gelangen wie zB eine gerichtlich zuerkannte Gehaltsnachzahlung; hier ersetzt das Urteil die Zustimmung des ArbG. Für den Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis reicht es uE aus, wenn der ArbG dem ArbN zwar keinen geldwerten Vorteil zuwenden wollte, dies im Ergebnis aber billigend in Kauf nehmen würde. Arbeitslohn kann auch gegeben sein, wenn der ArbG den ArbN unbewusst bereichert. Der Wille des ArbG, den ArbN zu bereichern, ist nicht erforderlich (BFH 114, 56 = BStBl 1975 II, 182; zu weiteren Hinweisen > Sachbezüge Rz 11). So ist zB der geldwerte Vorteil aus der Überlassung eines Wirtschaftsguts (zB eines Grundstücks) unter dem üblichen Endpreis am Abgabeort (§ 8 Abs 2 EStG; > Sachbezüge Rz 38 ff) auch dann Arbeitslohn, wenn der ArbG das Wirtschaftsgut gar nicht unter dem Verkehrswert überlassen wollte (BFH 114, 56 – aaO; vgl ferner BFH 115, 98 = BStBl 1975 II, 383); ebenso ist es bei einer durch einen Rechenfehler verursachten Überzahlung (EFG 2000, 624) oder einer versehentlichen Überweisung, die der ArbG zurückfordern kann (BFH 213, 383 = BStBl 2006 II, 830), selbst dann, wenn es an einem Rechtsgrund fehlt (BFH 213, 381= BStBl 2006 II, 832); zur Abwicklung > Rückzahlung von Arbeitslohn. Zu Unrecht vom ArbG angemeldete und an das FA abgeführte Steuerabzüge sind Arbeitslohn, wenn der LSt-Abzug nach § 41c Abs 3 EStG nicht mehr geändert werden kann und der ArbN deshalb die Anrechnung (§ 36 Abs 2 Nr 2 EStG) im Rahmen einer > Veranlagung von Arbeitnehmern verlangen kann (BFH 226, 53 = BStBl 2010 II, 72).
Rz. 50
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Ebenso unerheblich ist es, ob der ArbN eine bestimmte Einnahme erzielen wollte oder nicht (Voraussetzung bleibt aber die allgemeine Absicht, aus der Tätigkeit insgesamt Überschüsse zu erzielen; > Rz 3). Entscheidend ist allein der Zufluss des geldwerten Vorteils (> Rz 150) und die objektive Bereicherung (> Rz 28 ff). So hat ein ArbN, der eine ihm kostenlos überlassene > Dienstwohnung Rz 1 nutzt, einen geldwerten Vorteil, gleichviel ob er erwünscht ist oder nicht. Ob Arbeitslohn gegeben sein kann, wenn der ArbN (zunächst) überhaupt keine Kenntnis davon hat, dass sein ArbG für ihn Beiträge zu einer Gruppenunfall-Direktversicherung erbringt, hat BFH 188, 334 = BStBl 2000 II, 406 offen gelassen. UE ist die Qualifizierung einer Zuwendun...