a) Allgemeine Hinweise
Rz. 9
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Bestehen Zweifel, wie im Einzelfall der LSt-Abzug vorzunehmen ist, kann der zum LSt-Abzug Verpflichtete – das ist idR der > Arbeitgeber – das für ihn zuständige > Betriebsstätten-Finanzamt fragen. § 42e EStG gibt ihm einen Rechtsanspruch auf förmlichen Bescheid über die zutreffende Rechtsanwendung, wenn ein Beteiligter (> Rz 13 ff) in der gebotenen Form (> Rz 16 ff) um die Auskunft nachsucht (BFH 225, 50 = BStBl 2010 II, 996). Die Auskunft bindet die FinVerw nur für den LSt-Abzug, nicht aber für die Veranlagung des ArbN (> Rz 45). Bestehen an der Richtigkeit der Auskunft Zweifel, können diese im Rechtsbehelfsverfahren geklärt werden (> Rz 78 ff); ebenso wenn das FA den Antrag mit einem Ablehnungsbescheid zurückweist. Verzögert das FA die Auskunftserteilung unangemessen, so kann es > Treu und Glauben widersprechen, dem ArbG die Folgen falscher Rechtsanwendung aufzubürden (BFH 68, 176 = BStBl 1959 III, 69).
Rz. 10
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Eine Anrufungsauskunft bedingt uE kein besonderes rechtliches Interesse des Anfragenden. Sie ist zudem nicht auf ‚Zweifelsfälle’ beschränkt. Der Anfrage muss aber ein konkreter Sachverhalt zugrunde liegen (BFH 169, 202 = BStBl 1993 II, 166). Eine Anfrage "im Einzelfall" (> Rz 25) kann sich auf einen einzelnen ArbN oder auf eine bestimmte Gruppe gleichgelagerter Fälle beziehen.
Rz. 11
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Zeitlich begrenzt ist das Auskunftsinteresse uE auf den Zeitraum, in dem der ArbG noch zur Änderung des LSt-Abzugs berechtigt ist (§ 41c EStG, glA K/S/M/Trzaskalik B 6). Allein die Möglichkeit der Abgabe einer haftungsbefreienden Anzeige nach § 41c Abs 4 EStG bei abschlägiger Entscheidung über die Anrufungsauskunft reicht uE nicht aus.
Rz. 12
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Die Anrufungsauskunft ist gebührenfrei (> R 42e Abs 1 Satz 1 LStR). Darin unterscheidet sie sich von der verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs 2 AO (AEAO zu § 89 Nr 4.1.4), bei der allerdings erst ab einem Gegenstandswert von 10 000 EUR oder ab einem bestimmten Zeitaufwand eine Gebühr anfällt (> Rz 55/1).
b) Beteiligte
Rz. 13
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Nur Beteiligte sind auskunftsberechtigt (vgl BMF vom 12.12.2017, Rz 1, BStBl 2017 I, 1656, > Rz 5). Das ist vor allem der > Arbeitgeber, ggf vertreten durch seine Organe und bevollmächtigten Mitarbeiter, oder aber auch der die Pflichten des ArbG erfüllende Dritte iSd § 38 Abs 3a EStG (> Lohnzahlung durch Dritte Rz 15 ff). Darüber hinaus kommen Personen in Betracht, die außerhalb des § 42d EStG für LSt haften (> Haftung für Lohnsteuer Rz 151 ff), zB gesetzliche Vertreter, Vermögensverwalter und Verfügungsberechtigte iSd §§ 34, 35 AO wie zB der > Insolvenzverwalter oder > Rechtsnachfolger – § 45 AO – und Personen, die Auskunft über ihren etwaigen Status als ArbG wünschen. Nicht auskunftsberechtigt idS sind ArbG-Verbände oder Gewerkschaften; ebenso nicht der Betriebs- oder Personalrat (anders wohl, soweit er vom ArbG oder ArbN besonders bevollmächtigt ist, vgl EFG 1980, 86).
Rz. 14
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Auskunftsberechtigt ist auch der > Arbeitnehmer. Das gilt allerdings nur, soweit die Auskunft für den ihn betreffenden LSt-Abzug Auswirkung hat (glA von Bornhaupt, DStR 1980, 3). Das betrifft nicht zuletzt auch den Status als ArbN, zB bei einem > Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften Rz 3 ff oder bei einem als ‚freier Mitarbeiter’ Beschäftigten. Die Bindungswirkung der Auskunft beschränkt sich aber auf das > Steuerabzugsverfahren vom > Arbeitslohn (> Rz 45 ff); ggf kann eine Auskunft nach § 89 Abs 2 AO einzuholen sein (> Rz 55 ff).
Rz. 15
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Auskunftsberechtigt ist ferner der eine Sachzuwendung nach § 37b Abs 1 EStG pauschalierende Dritte, da diese Pauschalierung der Einkommensteuer als LSt gilt (§ 37b Abs 4 Satz 1 EStG; BMF vom 19.05.2015, Rz 37, BStBl 2015 I, 468, Anh 2 Pauschalierung von Sachzuwendungen; > Pauschalierung der Einkommensteuer für Sachzuwendungen Rz 10 ff, 81). Da die pauschale ESt auch bei Pauschalierung für Sachprämien aus Kundenbindungsprogrammen (> Pauschalierung der Einkommensteuer für Sachzuwendungen Rz 1–9) als LSt gilt (§ 37a Abs 4 EStG), sollte dort uE Selbiges gelten.
c) Form und Inhalt
Rz. 16
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Eine bestimmte Form für die Anfrage schreibt § 42e EStG nicht vor, also auch keine Textform. Eine mündliche oder fernmündliche Anfrage wird die ArbG-Stelle des FA idR nicht unbeantwortet lassen (> Rz 8). Das FA handelt aber im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens, wenn es für eine verbindliche Entscheidung über die Behandlung eines konkreten Sachverhalts eine schriftliche oder verschriftlicht auf elektronischem Wege (per E-Mail etc, vgl allgemein > Elektronische Kommunikation) gestellte Anfrage verlangt. Entsprechend wird das FA die Auskunft schriftlich erteilen (> R 42e Abs 1 Satz 3 LStR; BMF vom 12.12.2017, Rz 7 f, BStBl I, 1656, > Rz 5).
Der Anfragende hat deshalb den Sachverhalt, zu dessen steuerlicher Behandlung das FA Stellung nehmen soll, in allen wesentlichen Punkten darzuleg...