a) Finanzverwaltung und Gericht
Rz. 32
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Die Anrufungsauskunft ist mit ihrer Bekanntgabe eine das Betriebsstätten-FA grundsätzlich bindende Zusage, einen bestimmten Sachverhalt steuerlich in bestimmter Weise zu behandeln. Diese Bindung ergibt sich unmittelbar aus § 42e EStG iVm § 118ff AO; der Grundsätze von > Treu und Glauben (> Rz 8) bedarf es insoweit nicht mehr. Das > Betriebsstätten-Finanzamt bindet sich für das > Steuerabzugsverfahren vom > Arbeitslohn; das gilt auch für eine Nachforderung im Pauschalierungswege gemäß § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG (EFG 2008, 1290). Zum sachlichen Umfang der Bindung > Rz 45 ff.
Rz. 33
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Die Bindung des FA an seine Anrufungsauskunft setzt aber voraus, dass der Anfragende dem FA den Sachverhalt in allen wesentlichen Einzelheiten vollständig und richtig dargestellt hat; Unklarheiten gehen zu Lasten des Anfragenden; zu eigenen Ermittlungen ist das FA nicht verpflichtet (vgl BFH/NV 1994, 838). Eine Bindung besteht nicht, wenn der in dem Auskunftsersuchen vorgetragene Sachverhalt von dem tatsächlichen abweicht (vgl BFH 146, 32 = BStBl 1986 II, 520; EFG 2012, 2313 = DStRE 2013, 859). Ebenso ist es, wenn sich der der Auskunft zugrunde liegende Sachverhalt verändert. Anrufungsauskünfte zur lohnsteuerlichen Bewertung bestimmter > Sachbezüge und von geldwerten Vorteilen, die Wertveränderungen unterliegen (zB örtliche Mietwerte für Werkswohnungen), wird das FA idR ohnehin oftmals zeitlich befristen (> Rz 28).
Rz. 34
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Abgrenzung: Da die in § 42e EStG geregelte ‚Anrufungsauskunft’ als VA einen bürokratischen Aufwand unabdingbar macht, wird es daneben in der Praxis weiterhin bloße ‚Wissenserklärungen’ (> Rz 8) geben, denen vornehmlich der Charakter einer unverbindlichen Rechtsauskunft zukommt. Das FA ist gehalten, den ArbG auch außerhalb verbindlicher Auskünfte in Steuersachen zu unterstützen (vgl die in § 89 Abs 1 AO zum Ausdruck kommende allgemeine ‚Fürsorgepflicht’). Nicht jede (fern-)mündliche oder elektronisch übermittelte Auskunft ist deshalb schon eine Anrufungsauskunft mit VA-Qualität. So wenn die Annahme nahe liegt, dass nur eine das FA nicht bindende Meinungsäußerung erstrebt und gegeben worden ist (EFG 2007, 1663; BFH 239, 38 = BStBl 2013 II, 171). Das gilt besonders, wenn die aus Beweisgründen idR unabdingbare schriftliche Darstellung des Sachverhalts und die Begründung der Entscheidung durch das FA (> Rz 16) nicht vorgelegt werden kann. Allein die Tatsache, dass ein VA auch mündlich erlassen werden kann (§ 119 Abs 2 Satz 1 AO), macht nicht jede Äußerung des FA zum VA. Hinzukommen muss eine ‚Regelung’ durch die FinVerw (H/H/Sp/Schallmoser, vor §§ 204–207 AO Rz 8) sowie uE ein entsprechender Bindungswille der FinVerw. Bei Unklarheiten oder Beweisschwierigkeiten trägt der Adressat das Risiko (> Beweislast), wenn er die verkehrsübliche Schriftform (> Rz 16) versäumt hat. Zu bedenken ist, dass die mit der Umqualifizierung der Wissenserklärung (> Rz 8) zum VA ohne diese Abgrenzung der FinVerw einfache unbürokratische Arbeitshilfen für den ArbG – auf die er keinen besonders normierten Rechtsanspruch hat – unmöglich wären. Ergänzend > Rz 85.
Rz. 35
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Die Wirksamkeit des VA setzt seine Bekanntgabe voraus. Dazu bedarf es des Bekanntgabewillens des für den VA zuständigen Bediensteten (Vorsteher/Sachgebietsleiter/zeichnungsbefugter Sachbearbeiter; vgl AEAO zu § 122 Nr 1.1.2). Zu beachten ist allerdings, dass ein Fehler bei der Beachtung der verwaltungsinternen Befugnisse den VA nicht unwirksam macht (BFH 155, 466 = BStBl 1989 II, 344). Deshalb bleibt das FA an die Auskunft gebunden, wenn der VA von einer sachlich unzuständigen Stelle des > Betriebsstätten-Finanzamt oder von einem örtlich unzuständigen FA (vgl § 127 AO) erlassen wird oder die in § 42e Sätze 2 bis 4 EStG erforderliche Beteiligung anderer Dienststellen unterblieben ist. Die Grenze ist eine die Nichtigkeit des VA begründende Fehlerhaftigkeit (vgl § 125 AO). Gibt ein sachlich unzuständiges FA, zB das > Wohnsitz-Finanzamt des ArbN, dem ArbG eine Auskunft, führt das noch nicht zur Nichtigkeit; eine Rücknahme ist aber zulässig (vgl § 130 AO).
Rz. 36
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Hat ein ArbG lohnsteuerliche Betriebsstätten in mehreren FA-Bezirken, so bindet die Anrufungsauskunft eines FA die anderen Betriebsstätten-FÄ grundsätzlich nur, wenn sie sich (ggf über die Aufsichtsbehörden) untereinander abgestimmt haben; weiter reicht der erkennbare Bindungswille des FA nicht. Allerdings haftet der ArbG – wenn auch aus anderen (Ermessens-)Gründen – nicht ohne weiteres, wenn er ohne Abstimmung mit den anderen Betriebsstätten-FÄ nach der unrichtigen Auskunft eines FA verfährt (> Haftung für Lohnsteuer Rz 105 ff).
Wendet der ArbG die ihm für bestimmte ArbN erteilte Auskunft auf gleichgelagerte Sachverhalte bei anderen ArbN an, kann er sich im Haftungsfall auch insoweit auf die Auskunft berufen (> Haftung für Lohnsteuer Rz 107 ff [116]).
Rz. 37
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Keine ...