Rz. 48
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Die Korrekturregelungen der AO zur Änderung/Aufhebung/Widerruf gelten grundsätzlich auch für die als feststellenden > Verwaltungsakt ausgestaltete Anrufungsauskunft (BFH 230, 500 = BStBl 2011 II, 233; ausgenommen sind die für ‚sonstige’ VA nicht anwendbaren §§ 172ff AO). Der BFH hält es überdies für geboten, dem FA – über die einschränkenden Regelungen der §§ 130, 131 AO hinaus – Gelegenheit zur Korrektur seiner Auskunft zu geben: Deshalb wird die Aufhebung oder Änderung der Anrufungsauskunft mit Wirkung für die Zukunft entsprechend § 207 Abs 2 AO zugelassen (BFH 230, 500 = BStBl 2011 II, 233; BFH/NV 2022, 154 = BStBl 2022 II, 136).
Rz. 49
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Die nach Anhörung des Betroffenen (vgl AEAO zu § 207 Nr 2; § 91 Abs 1 Satz 1 AO) ergehende Ermessensentscheidung ist im VA – spätestens aber in der Einspruchsentscheidung – zu begründen (> Ermessen). Abzuwägen ist besonders, ob das Vertrauen des ArbG in die Einhaltung der Auskunft größeres Gewicht hat als der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der die Durchsetzung des "richtigen Rechts" verlangt (H/H/Sp/Schallmoser, § 207 AO Rz 20ff [23]; T/K/Seer, § 207 AO Rz 10 ff). In Ausnahmefällen kann von einem Widerruf der Anrufungsauskunft sogar abzusehen sein, wenn sich der ArbG nur unter beträchtlichen Schwierigkeiten von den im Vertrauen auf die Auskunft getroffenen Dispositionen oder eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen lösen kann (AEAO zu § 207 Nr 2; Blümich/Heuermann, § 42e EStG Rz 40). UE wird idR die Einräumung einer dem Umfang der Umstellungsmaßnahmen angemessenen Übergangsfrist ermessensgerecht sein.
Rz. 50
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte das FA uE die Auskunft auch dann – ggf auch rückwirkend – widerrufen, wenn sie unwirksam geworden ist, zB weil sich die Rechtslage geändert hat oder der zB bei einer > Außenprüfung oder einer > Lohnsteuer-Nachschau vorgefundene Sachverhalt von dem in der Anfrage dargestellten entscheidungserheblich abweicht oder eine unzutreffende/unvollständige Darstellung des Sachverhalts enthalten hat. In diesen Fällen ist das FA zwar rechtlich an seine Auskunft nicht gebunden (> Rz 32 ff) und zu einem Widerruf nicht verpflichtet. Gleichwohl sollte das FA in seinem Widerruf festhalten, inwieweit sich das den ursprünglichen VA tragende Recht verändert hat oder inwieweit die unzulängliche Sachverhaltsdarstellung ursächlich für die Entscheidung des FA gewesen ist. Besteht darüber Streit, sollte der Adressat uE Gelegenheit haben, seine abweichende Meinung im Rechtsbehelfsverfahren gegen den widerrufenden VA zu klären. Ergeht kein Widerruf des FA, sondern entscheidet es ohne Bindung an die in der Auskunft vertretene Rechtsauffassung, wird ein Streit über den Umfang der Bindung im Rechtsbehelfsverfahren über den Haftungs- oder Nachforderungsbescheid ausgetragen.
Rz. 51–54
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Randziffern einstweilen frei.