Rz. 3
Stand: EL 111 – ET: 01/2017
Existenziell notwendige Belastungen des Stpfl müssen von Verfassungs wegen zwingend von der Besteuerung ausgenommen werden (vgl BVerfG 61, 319 [343ff] = BStBl 1982 II, 717; BVerfG 68, 143; 82, 60 [86] = FR 1994, 195; > Existenzminimum). Das betrifft unvermeidbare und lebenswichtige Aufwendungen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und damit die Steuerkraft des Stpfl beeinträchtigen. Dazu gehört zunächst das gewöhnliche Existenzminimum in Höhe des > Grundfreibetrag (BFH/NV 2007, 1768 = BStBl 2007 II, 764; > Existenzminimum Rz 4). Familienbedingte Aufwendungen werden durch den Familienleistungsausgleich – > Kinderfreibeträge oder > Kindergeld (vgl §§ 31, 32 EStG und §§ 62ff EStG) – abgegolten (BFH 219, 119 = BStBl 2008 II, 287; BFH/NV 2009, 930). Daneben gibt es außergewöhnliche Aufwendungen, die den Stpfl ebenso wie das gewöhnliche Existenzminimum unabweisbar belasten und für die der Stpfl bestimmte Teile der Einkünfte zwangsläufig verwenden muss. Auch insoweit dürfen die Einkünfte von Verfassungs wegen nicht besteuert werden (BFH 161, 447 = BStBl 1990 II, 962). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen wie dem Grundfreibetrag entziehen (BFH 199, 296 = BStBl 2002 II, 567), und sicherzustellen, dass die Besteuerung erst jenseits des Existenzminimums einsetzt, wenn dieses höher als im Normalfall liegt (BFH 178, 207 = BStBl 1995 II, 774).
Rz. 4
Stand: EL 111 – ET: 01/2017
Auf die Nichtbesteuerung eines im Einzelfall erhöhten – vom > Grundfreibetrag oder dem Familienleistungsausgleich nicht gedeckten – Lebensbedarfs – also auf die Steuerermäßigungen der §§ 33 – 33b EStG – hat der Stpfl einen Rechtsanspruch. Die Vorschriften haben – anders als früher einmal vom BFH angenommen (vgl BFH 128, 64 = BStBl 1979 II, 558) – keinen Billigkeitscharakter, auch wenn sie die Steuerlast bei besonderen Härten mindern. Billigkeitsmaßnahmen, die sich auf § 163 AO, § 227 AO stützen, kommen aber ergänzend in Betracht (BFH 166, 272 = BStBl 1992 II, 293; > Billigkeit Rz 6 – 21).
Rz. 5
Stand: EL 111 – ET: 01/2017
Abzugsbeschränkung: AgB allgemeiner Art (§ 33 Abs 1 EStG) werden nur nach Minderung um eine zumutbare Belastung abgezogen (§ 33 Abs 1 und 3 EStG; > Rz 65 ff). Andere in besonderen Fällen zu berücksichtigende AgB (§§ 33a – 33b EStG) werden nicht um eine zumutbare Belastung gekürzt (BFH 167, 436 = BStBl 1992 II, 814); stattdessen sieht das EStG idR eine Begrenzung des Abzugs durch Freibeträge, Höchstbeträge oder Pauschbeträge vor (vgl BFH 181, 25 = BStBl 1997 II, 33). Ergänzend > Rz 9.
Rz. 6
Stand: EL 111 – ET: 01/2017
Aufwendungen für Diätverpflegung sind nicht als AgB abziehbar (§ 33 Abs 2 Satz 3 EStG; BFH 161, 432 = BStBl 1990 II, 958; BFH 165, 531 = BStBl 1992 II, 110; ergänzend > Krankheitskosten Rz 10 Diätverpflegung).
Ab dem VZ 2013 sind auch Prozesskosten als AgB nur dann abziehbar, wenn es um die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen geht (vgl § 33 Abs 2 Satz 4 EStG idF des AmtshilfeRLUmsG vom 26.06.2013, BGBl 2013 I, 1809). Zu Einzelheiten > Prozesskosten Rz 3 ff; ergänzend > Rz 75 Prozesskosten.