Rz. 1
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Die Beratung des Bürgers in steuerlichen Angelegenheiten ist grundsätzlich Aufgabe der steuerberatenden Berufe. > Hilfe in Steuersachen, > Lohnsteuer-Hilfevereine, > Steuerberater. Nur in Lohnsteuersachen sind der > Arbeitgeber und die > Gewerkschaft zur Beratung der > Arbeitnehmer berechtigt (> Hilfe in Steuersachen Rz 7).
Rz. 2
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Auch die FinBeh hat eine Beratungsfunktion. Nach § 89 Abs 1 Satz 1 AO soll sie Erklärungen und Anträge anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Diese Vorschrift steht im Zusammenhang mit § 88 Abs 1 Satz 2 AO, der die FinBeh verpflichtet, auch die für den Stpfl günstigen Umstände bei der Ermittlung des Sachverhalts zu berücksichtigen (> Ermittlungspflicht des Finanzamts). Die FÄ wären aber überfordert, wenn sie darauf zu achten hätten, ob der Stpfl jede sich ihm bietende Möglichkeit, Steuern zu sparen, ausgenutzt hat (BFH 70, 474 = BStBl 1960 III, 178). Deshalb wird die FinBeh nur beratend tätig, wenn sich das anhand der Besonderheiten des Sachverhalts ergibt (BFH/NV 2006, 1053). Nicht nur mit den umfänglichen Abfragen im Erklärungsvordruck, sondern auch mit der ‚vorausgefüllten Steuererklärung’ ergibt sich für die FinBeh eine Möglichkeit, den Stpfl auf steuermindernde Tatbestände hinzuweisen (> Steuererklärung Rz 9).
Rz. 3
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Überzogene Anforderungen an eine allgemeine Beratung können uE an die FinBeh nicht gestellt werden. Auskünfte im Einzelfall müssen aber richtig und vollständig sein, selbst wenn sie außerhalb gesetzlicher Verpflichtungen Rechtswirkungen nur nach den Grundsätzen von > Treu und Glauben haben (> Auskünfte und Zusagen des Finanzamts Rz 2). Bei einem eindeutigen Verstoß gegen die Fürsorgepflicht aus § 89 Abs 1 Satz 1 AO hat der Stpfl Anspruch auf Folgenbeseitigung (T/K/Seer, § 89 AO Tz 19 mwH). Dann kann dem Stpfl durch > Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder durch Änderung des bestandskräftigen Steuerbescheids (§ 173 Abs 1 Nr 2 AO; > Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten Rz 14 ff) geholfen werden. Ist dies nicht zulässig, kann es geboten sein, die zu Unrecht festgesetzte Steuer wegen sachlicher Unbilligkeit (§ 227 AO; > Billigkeit) zu erlassen (AEAO zu § 89 Tz 1.2). Im gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren kann die FinBeh zur Kostentragung verurteilt werden (EFG 2008, 1506). Bei schuldhafter Verletzung der Fürsorgepflicht kann ein Anspruch auf Schadensersatz aus Art 34 GG iVm § 839 BGB (> Haftung für Amtspflichtverletzung) in Betracht kommen (Kühn/von Wedelstädt, § 89 AO Tz 5).