I. Grundsätze zur Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen
1. Allgemeine Hinweise
Rz. 10
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) sind völkerrechtliche Verträge, die der Zustimmung durch innerstaatliches Gesetz bedürfen (> Rz 4; > Rz 16). Sie begründen aber keine selbständigen (neuen) Steueransprüche, sondern engen lediglich nationale Ansprüche ein oder verteilen die Besteuerungsgüter (zum Abkommensaufbau > Rz 30 f). So richtet sich die > Unbeschränkte Steuerpflicht eines ArbN, der die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 EStG erfüllt, stets nach deutschem Steuerrecht, auch wenn er etwa Wohnsitze im In- und Ausland hat.
Beispiel:
Ein aus dem Ausland kommender ArbN ist für einen deutschen ArbG im > Inland tätig. Aus diesem Grund hat er im Inland eine Wohnung gemietet. Außerdem hat er noch im Ausland eine Wohnung, in der auch seine Familie lebt und in die er in regelmäßigen Abständen mehrmals jährlich zurückkehrt.
Mit der gemieteten Wohnung begründet der ArbN einen > Wohnsitz (§ 8 AO) im > Inland und ist deshalb unbeschränkt steuerpflichtig (zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung bei Doppelwohnsitz > Rz 117).
Rz. 11
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Zu den DBA vereinbarte Protokolle regeln Einzelfragen der Auslegung und Anwendung. Oftmals werden Protokolle bereits gemeinsam mit dem DBA vereinbart. Wird ein DBA nicht vollständig neu geschlossen, kann es durch spätere Revisionsabkommen und/oder -protokolle oder ggf auch mehrseiteige Übereinkommen (zum sog Multilateralen Instrument siehe > Rz 303 ff) angepasst werden. DBA und Protokolle müssen in Deutschland durch Zustimmungsgesetz in nationales Recht transformiert werden (> Rz 16). Ihre amtliche Veröffentlichung wird im BGBl II und BStBl I vorgenommen.
Rz. 12
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Hinweis: In der Datenbank zum Werk finden sich unter "Rechtsquellen – Doppelbesteuerungsabkommen" die von Deutschland geschlossen DBA nebst Protokollen, Ratifikationsgesetzen und weiteren Informationen.
Rz. 13, 14
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
Randziffern einstweilen frei.
2. Begrifflichkeit
Rz. 15
Stand: EL 131 – ET: 09/2022
In den DBA bzw bei deren Anwendung werden häufig Begriffe verwendet, die für das nationale Steuerrecht eher untypisch sind und deshalb nachstehend in alphabetischer Reihenfolge kurz erläutert werden.
Anrechnungsmethode:
Eine der beiden Methoden, wie eine Doppelbesteuerung vermieden werden kann, in diesem Fall durch Anrechnung der im anderen Vertragsstaat erhobenen Steuer (> Rz 38 ff). Vgl auch Freistellungsmethode.
Ansässigkeit
Die Ansässigkeit eines Stpfl ist das Merkmal, nachdem in DBA entschieden wird, welcher Staat (Ansässigkeitsstaat) das vorrangige Recht zur Besteuerung hat. Bei natürlichen Personen ist die Ansässigkeit vergleichbar mit den nationalen Anknüpfungsmerkmalen > Wohnsitz und gewöhnlicher > Aufenthalt, ist mit diesen jedoch nicht vollends identisch (> Rz 115).
Berechtigte Person
Der Begriff der "berechtigten Person" ist aufgrund des BEPS-Projekts (> Rz 303) in das OECD-MA eingefügt worden, um Personen, die in einem Vertragsstaat ansässig sind, jedoch missbräuchliche Gestaltungen nutzen, von den Vorteilen eines DBA auszuschließen. Dafür enthält Art 29 OECD-MA verschiedene Vorschläge, die von den Mitgliedstaaten in ihre DBA übernommen werden können.
Freistellungsmethode
Eine der beiden Methoden, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, in diesem Fall dadurch, dass die Einkünfte in einem Staat nicht besteuert, sondern von der Steuer freigestellt werden. Die Einkünfte dürfen jedoch idR bei der Anwendung des Steuersatzes (> Progressionsvorbehalt) berücksichtigt werden (> Rz 33 ff). Vgl auch Anrechnungsmethode.
Inbound
Unter inbound wird – aus deutscher Sicht – die Situation verstanden, dass ein im Ausland ansässiger Stpfl Einkünfte in Deutschland erzielt.
Konsultationsverfahren
Das in den DBA vorgesehene Verfahren zur Ausräumung von Schwierigkeiten oder Zweifeln bei der Anwendung des DBA oder zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung, die im DBA nicht behandelt wird (> Rz 98 ff).
Methodenartikel
Methodenartikel sind diejenigen Artikel eines DBA, in denen geregelt wird, ob ein Vertragsstaat für bestimmte Einkünfte die Anrechnungsmethode oder die Freistellungsmethode anwenden wird, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Outbound
Unter outbound wird – aus deutscher Sicht – die Situation verstanden, dass von einem in Deutschland ansässigen Stpfl Einkünfte im Ausland erzielt werden.
Qualifikation
Unter Qualifikation wird die Zuordnung konkreter Einkünfte zu einer Verteilungsnorm in einem DBA verstanden.
Qualifikationskonflikt
Von einem Qualifikationskonflikt spricht man, wenn die Vertragsparteien eines DBA einen Sachverhalt nach dem jeweiligen nationalen Steuerrecht unterschiedlich beurteilen. Es handelt sich um einen positiven Qualifikationskonflikt, wenn es dadurch zu einer Doppelbesteuerung kommt, und um einen negativen Qualifikationskonflikt, wenn Einkünfte von keinem der Vertragsstaaten besteuert werden, dh sog "weiße Einkünfte" entstehen (zum Begriff siehe nachfolgend; zu Methoden zu deren Vermeidung vgl > Rz 45 ff).
Quellenstaat
Der Staat, in dem ein Stp...