1
Auf einen Blick: Eheleute können zwischen Einzel- und Zusammenveranlagung wählen. Das Stichwort erläutert die §§ 26 bis 26b EStG und gibt daran anschließend Hinweise zur günstigsten Veranlagungsform. |
A. Allgemeines
Rz. 1
Stand: EL 122 – ET: 05/2020
Die Voraussetzungen für eine Ehegattenbesteuerung erfüllen Ehegatten, also miteinander verheiratete Personen verschiedenen oder gleichen (> Rz 4/4 und > Lebenspartner) Geschlechts (zu Einzelheiten > Familienstand Rz 3–5), wenn sie beide unbeschränkt steuerpflichtig sind (> Rz 4) und nicht dauernd getrennt leben (> Dauernd getrennt lebende Ehegatten). Diese Voraussetzungen müssen entweder zu Beginn des Veranlagungszeitraums (VZ) vorgelegen haben oder im Laufe des VZ eingetreten sein (> Veranlagungszeitraum); sie müssen aber sämtlich zeitgleich zu einem beliebigen Zeitpunkt des betreffenden VZ vorgelegen haben. Solche Ehegatten können zwischen verschiedenen Veranlagungsformen wählen (§ 26 Abs 1 EStG). Ob tatsächlich eine Zusammenveranlagung durchgeführt wird, ist unerheblich.
Rz. 2
Stand: EL 122 – ET: 05/2020
Im Zuge des StVereinfG 2011 vom 01.11.2011 (BGBl 2011 I, 2131 = BStBl 2011 I, 986) wurde das Veranlagungswahlrecht für Ehegatten verändert. Die bis zum VZ 2012 für Ehegatten bestehenden Veranlagungsarten – nämlich Zusammenveranlagung mit Ehegatten-Splitting, getrennte Veranlagung mit Grund-Tarif und zudem die hier nicht mehr besprochene besondere Veranlagung im Heiratsjahr mit Grund-Tarif (aufgehobener § 26c EStG) – wurden auf die Zusammenveranlagung mit Splittingtarif (> Rz 25 ff) und die Einzelveranlagung mit Grundtarif (> Rz 35 ff) zurückgeführt. Die heutige Regelung gilt seit dem VZ 2013.
Rz. 3
Stand: EL 122 – ET: 05/2020
Ehegatten haben seit dem VZ 2013 (> Rz 2) die Wahl zwischen folgenden Veranlagungsformen:
Zu den Tarifvarianten des § 32a Abs 6 EStG (zu Satz 1 Nr 1 [Verwitwetensplitting] > Splitting Rz 5 ff; zu Nr 2 [Sondersplitting] > Rz 12).
Rz. 4
Stand: EL 122 – ET: 05/2020
Die Zusammenveranlagung setzt grundsätzlich die unbeschränkte Steuerpflicht beider Ehegatten voraus. Sie kommt deshalb in Betracht für Gebietsansässige in den Fällen des § 1 Abs 1, 2 EStG (> Unbeschränkte Steuerpflicht Rz 5–19; zu Besonderheiten beim Auswärtigen Dienst > Diplomatischer und konsularischer Dienst Rz 1, 4, 6, 19). Die Zusammenveranlagung kommt ferner in Betracht für im > Inland nicht ansässige EU/EWR-Staatsangehörige, die auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden (§ 1 Abs 3 EStG iVm § 1a EStG; > Unbeschränkte Steuerpflicht Rz 20 ff).
Rz. 4/1
Stand: EL 122 – ET: 05/2020
Der Stpfl hat nach EU-Recht (> Europäische Union) keinen Anspruch auf Zusammenveranlagung mit seinem in der > Türkei lebenden Ehegatten (EFG 2000, 866). Das Gemeinschaftsrecht steht zwar einer nationalen Regelung entgegen, die die Zusammenveranlagung von Ehegatten davon abhängig macht, dass sie beide im > Inland wohnen (EuGH vom 16.05.2000 – C-87/99, HFR 2000, 614 = DStRE 2000, 691). Der EuGH hat es aber für zulässig gehalten, das Splittingverfahren (> Splitting Rz 1) davon abhängig zu machen, dass gebietsfremde Ehegatten mindestens 90 % ihres Welteinkommens in Deutschland versteuern oder die in diesem Staat (Deutschland) nicht besteuerten Einkünfte nicht mehr als 12 272 EUR betragen (vgl § 1 Abs 3 iVm § 1a Abs 1 Nr 2 EStG idF bis 2007). Versteuert ein Ehepaar 42 % der gemeinsamen Einkünfte im > Ausland Rz 1, gebietet das EU-Recht nicht die Anwendung des Splittings (EuGH vom 14.09.1999 – C-391/97, BStBl 1999 II, 841). Eine Billigkeitsmaßnahme für einen im Ausland lebenden Ehegatten, dessen Einreise ausländerrechtlich versagt wird, hat die FinVerw unter Hinweis auf die Einheit der Rechtsordnung abgelehnt.
Ein im Inland ansässiger Stpfl kann jedoch dann in Deutschland zusammenveranlagt werden, wenn der im EU-Ausland (> Österreich) wohnende Ehegatte dort steuerfreie Einkünfte (Sozialleistungen) über der Wesentlichkeitsgrenze von 12 272 EUR bezog (EuGH vom 25.01.2007 – C-329/05 "Meindl", DB 2007, 951). Mit der Neufassung des § 1a Abs 1 EStG durch das JStG 2008 wurde das Erfordernis aufgegeben, dass nahezu alle Einkünfte der deutschen ESt unterliegen müssen, um eine Zusammenveranlagung mit dem gebietsansässigen Ehegatten durchzuführen, wenn der andere Ehegatte nach § 1 Abs 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig ist (BFH 231, 105 = BStBl 2011 II, 269). Ist der andere Ehegatte hingegen nur auf Antrag nach § 1 Abs 3 EStG unbeschränkt steuerpflichtig, kommt eine Zusammenveranlagung auch weiterhin nur dann in Betracht, wenn die im Ausland erzielten Einkünfte beider Ehegatten die Grenzen des § 1 Abs 3 EStG nicht überschreiten (§ 1a Abs 1 Nr 2 Satz 3 EStG; BFH 222, 517 = BStBl 2009 II, 708).
Rz. 4/2
Stand: EL 122 – ET: 05/2020
Auch wenn zwei in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Ehegatten jeweils isoliert für einen Ehegatten gesehen die Voraussetzungen des § 1 Abs 3 EStG nicht erfüllen, sind bei der Überprüfung der Vorau...