Rz. 1
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts (Gesetz vom 20.02.2013, BGBl 2013 I, 285 = BStBl 2013 I, 188) wurden die früheren Bestimmungen zum Reisekostenrecht im EStG umgestaltet. Zu den weitreichendsten Änderungen gehörte die Abschaffung der früheren regelmäßigen Arbeitsstätte und die Einführung der sog ersten Tätigkeitsstätte.
Ausschlaggebend für die Reform war die zuvor mehrfach geänderte BFH-Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte. Seit 2014 kommt es nicht mehr darauf an, wo ein > Arbeitnehmer seinen dauerhaften Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit hat bzw welcher betrieblichen Einrichtung des > Arbeitgeber eine hinreichend zentrale Bedeutung zukommt. Durch die seither bestehende gesetzliche Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte ist die BFH-Rechtsprechung zur früheren regelmäßigen Arbeitsstätte in großen Teilen gegenstandslos geworden. Sie findet nur noch für Altfälle Anwendung oder kann dort herangezogen werden, wo auch unter heute geltendem Recht die gleichen Grundsätze greifen.
Rz. 2
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des ArbG, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom ArbG bestimmten Dritten, der der ArbN dauerhaft zugeordnet ist (§ 9 Abs 4 Satz 1 EStG). Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte erfolgt vorrangig anhand der arbeits- oder dienstrechtlichen Festlegungen durch den ArbG (> Rz 12 ff).
Rz. 3
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Ist eine Festlegung nicht oder nicht eindeutig erkennbar, gilt als ‚Erste Tätigkeitsstätte’ diejenige ortsfeste Einrichtung des ArbG, an der der ArbN
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typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder |
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je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (vgl § 9 Abs 4 Satz 4 EStG; > Rz 28 ff). |
Rz. 4
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Jeder ArbN hat innerhalb desselben Dienstverhältnisses maximal eine ‚Erste Tätigkeitsstätte’ (vgl § 9 Abs 4 Satz 5 EStG; > Rz 32 f). Für die Wegstrecke zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte kann der ArbN nur die > Entfernungspauschale als > Werbungskosten ansetzen. Die erste Tätigkeitsstätte oder die Wohnung des ArbN sind idR der Ausgangspunkt für eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit (> Auslösungen bei privaten Arbeitgebern Rz 9, > Reisekosten). Hat der ArbN am Ort der ersten Tätigkeitsstätte oder in dessen Einzugsgebiet eine Zweitwohnung, um von dort aus seiner Arbeit nachzugehen, kommt > Doppelte Haushaltsführung in Betracht. Ein ArbN ohne erste Tätigkeitsstätte ist außerhalb seiner Wohnung beruflich immer auswärts tätig.
Hat ein ArbN > Mehrere Dienstverhältnisse, so kann er in jedem der Dienstverhältnisse entweder eine oder keine erste Tätigkeitsstätte haben.
Rz. 5
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Als ‚Erste Tätigkeitsstätte’ wird auch eine Bildungseinrichtung außerhalb eines Dienstverhältnisses behandelt, die zum Zwecke einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme (zB Vollzeitstudium) aufgesucht wird (§ 9 Abs 4 Satz 8 EStG; Einzelheiten > Rz 39 ff; > Bildungsaufwendungen, > Fortbildungsveranstaltungen).
Rz. 6
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Die FinVerw hat eine ausführliche Verwaltungsanweisung zum Reisekostenrecht veröffentlicht. Die aktuelle Fassung ist das BMF-Schreiben vom 25.11.2020, BStBl 2020 I, 1228, > Anh 2 Reisekosten (allgemein). Vorherige Versionen waren das (ergänzte) BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl 2014 I, 1412 sowie davor die noch vor Inkrafttreten des neuen Reisekostenrechts veröffentlichte Fassung vom 30.09.2013, BStBl 2013 I, 1279.
Im vorgenannten Erlass ist ua umfassend und mit zahlreichen Beispielen zur ersten Tätigkeitsstätte Stellung genommen; in der aktuellen Fassung in den dortigen Rz 2 bis 46.