Rz. 46
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Hat ein ArbN nach den vorstehenden Grundsätzen (> Rz 2–41) keine erste Tätigkeitsstätte, aber
- nach dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen/Absprachen/Weisungen
- zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit
- dauerhaft und typischerweise
- arbeitstäglich einen festgelegten Ort aufzusuchen/sich dort einzufinden,
werden die Fahrtkosten dahin wie bei Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte behandelt. Für diese Fahrten gilt nur die > Entfernungspauschale (§ 9 Abs 1 Nr 4a Satz 3 EStG).
Rz. 47
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Entscheidend für die Annahme eines Sammelpunkts ist, dass die Verpflichtung des ArbN, sich an einem bestimmten Ort (an dem keine erste Tätigkeitsstätte begründet wird) einzufinden, auf eine Entscheidung des ArbG zurückgeht, die dieser in Ausübung seines Direktionsrechts getroffen hat (BMF vom 25.11.2020, Rz 39 Satz 2, BStBl 2020 I, 1228, > Rz 6). Dies ist zB der Fall, wenn ein ArbN zwingend in den Betrieb oder eine Betriebsstätte des ArbG kommen muss, um seine Arbeit aufnehmen zu können.
Bus- und LKW-Fahrer haben idR keine erste Tätigkeitsstätte. Sollen sie jedoch auf Weisung des ArbG arbeitstäglich einen festgelegten Ort aufsuchen, um dort ihre Fahrzeuge zu übernehmen, haben sie einen Sammelpunkt. Ähnliches gilt zB für Bauarbeiter und Kundendienstmonteure. Wenn der ArbG einen Treffpunkt außerhalb des Betriebs festgelegt, an dem sich der ArbN arbeitstäglich einfinden muss, weil er von dort aus durch einen vom ArbG organisierten Transport zu seinem eigentlichen Einsatzort befördert wird, liegt ein Sammelpunkt vor. Dies kann zB auch bei Seeleuten ein Anleger bzw Liegeplatz oder bei > Lotsen eine Lotsenstation sein.
Treffen sich mehrere ArbN typischerweise arbeitstäglich an einem bestimmten Ort, um von dort aus gemeinsam zu ihren Tätigkeitsstätten zu fahren (privat organisierte Fahrgemeinschaft), ist kein "Sammelpunkt" gegeben (BMF vom 25.11.2020, Rz 39 Satz 1, BStBl 2020 I, 1228, > Rz 6).
Rz. 48
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Durch einen Sammelpunkt wird keine erste Tätigkeitsstätte fingiert, sondern nur die Anwendung der > Entfernungspauschale für die Fahrtkosten von der Wohnung zu dem vom ArbG festgelegten Ort bestimmt (ebenso beim weiträumigen Tätigkeitsgebiet; > Rz 52). Ein steuerfreier ArbG-Ersatz ist für diese Fahrtkosten ausgeschlossen.
Die Festlegung eines Sammel-/Treffpunkts hat auf die Berücksichtigung von Verpflegungspauschalen oder Übernachtungskosten keinen Einfluss (> Rz 45). Es bleibt dem Grunde nach bei einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit (> Reisekosten). Maßgebliche Abwesenheitszeit für die Gewährung von Verpflegungspauschalen ist in diesen Fällen – mangels erster Tätigkeitsstätte – die Dauer der Abwesenheit von der Wohnung des ArbN.
Beispiel 11:
Bauarbeiter B vereinbart mit seinem ArbG, dass er sich jeden Morgen an der Betriebsstätte einzufinden hat, um von dort aus per Sammeltransport zwischen Betriebsstätte und Baustelle zu pendeln. Eine arbeitsvertragliche Zuordnung liegt nicht vor.
Mangels dauerhafter Zuordnung des ArbG und weil B in der betrieblichen Einrichtung nicht tätig werden soll, hat B keine erste Tätigkeitsstätte. Insgesamt übt er eine Auswärtstätigkeit aus.
B hat aber auf Weisung seines ArbG typischerweise arbeitstäglich und dauerhaft immer den gleichen Ort aufzusuchen. Deshalb kann er für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nur die Entfernungspauschale geltend machen, obwohl er sich auf einer Auswärtstätigkeit befindet. Bezüglich der Verpflegungspauschalen kommt es jeweils auf die Abwesenheit von der Wohnung an.
Rz. 49
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Die Regelung zum Sammel-/Treffpunkt wurde vom Gesetzgeber aufgenommen, um Abgrenzungsschwierigkeiten bezüglich der Fahrtkosten zu vermeiden (§ 9 Abs 1 Nr 4a Satz 3 EStG). Streitig war jedoch, wie der Begriff "typischerweise arbeitstäglich" auszulegen ist. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob die Rechtsnorm nur anwendbar ist, wenn der ArbN an sämtlichen seiner Arbeitstage den vom ArbG bestimmten Ort aufsuchen soll (> Rz 47).
Beim Aufsuchen einer betrieblichen Einrichtung des ArbG an nur einem Tag in der Woche lagen die Voraussetzungen eines Sammelpunkts nach EFG 2016, 1240 nicht vor. Auch ein Beginn der Tätigkeit an zwei bis drei Tagen pro Woche am Firmensitz des ArbG wurde von der Finanzrechtsprechung noch nicht als typischerweise arbeitstäglich gewertet (FG Nds vom 15.06.2017 – 10 K 139/16, DStRE 2018, 967).
Eine typischerweise arbeitstägliche Anfahrt zu einem Sammelpunkt sollte aber in solchen Fällen anzunehmen sein, bei denen die Anfahrt zwar nicht an jedem Arbeitstag stattfindet, jedoch immer dann, wenn der ArbN von seinem Wohnort aufbricht, um seine Arbeit binnen eines Tages oder länger zu verrichten (FG SN vom 14.03.2017 – 8 K 1870/16 – Rev nach erfolgreicher NZB in der Hauptsache erledigt, BFH vom 07.11.2017 – VI R 33/17, nicht dokumentiert). Der BFH fand hierzu die Formel, dass ein "typischerweise arbeitstägliches" Aufsuchen kein ausnahmsloses Aufsuchen des vom ArbG festge...