Rz. 35
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Bei der > Entsendung von Arbeitnehmern kann beim aufnehmenden Unternehmen eine erste Tätigkeitsstätte gegeben sein, wenn der ArbN mit diesem Unternehmen einen eigenständigen Arbeitsvertrag abschließt und er dessen betrieblicher Einrichtung dauerhaft zugeordnet wird. IdR ruht das bisherige Arbeitsverhältnis mit dem entsendenden Unternehmen. Deshalb ist hinsichtlich der Dauerhaftigkeit auf den neuen Arbeitsvertrag mit dem aufnehmenden Unternehmen abzustellen.
Wird der ArbN vom aufnehmenden Unternehmen
- unbefristet,
- für die Dauer des gesamten (befristeten oder unbefristeten) Arbeits-/Dienstverhältnisses oder
- für einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten
und damit dauerhaft (> Rz 22) arbeitsvertraglich einer betrieblichen Einrichtung zugeordnet, hat er dort eine erste Tätigkeitsstätte (BMF vom 25.11.2020, Rz 23, BStBl 2020 I, 1228, > Rz 6).
Rz. 36
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
BFH 245, 218 = BStBl 2014 II, 804 hatte zum alten Reisekostenrecht bis einschließlich 2013 entschieden, dass ein ArbN, der zunächst für drei Jahre und anschließend wiederholt befristet von seinem ArbG zu einem verbundenen Unternehmen ins > Ausland Rz 1 entsandt worden war, dort keine (damals maßgebliche; > Rz 1) > Regelmäßige Arbeitsstätte begründetet; dies sollte auch dann gelten, wenn der ArbN mit dem ausländischen Unternehmen für die Dauer des Entsendungszeitraums einen eigenen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hatte. In der Literatur sprachen sich mehrere Stimmen mit uE bedenkenswerten Argumenten dafür aus, diese Wertung ebenso auf das Reisekostenrecht ab 2014 zu übertragen (vgl zB Golenia/Petrika, DB 2014, 2365; Strohner, BB 2014, 2519; Retzlaff/Preising, IStR 2014, 670; aA indes etwa Niermann, DB 2014, 2193 in Kommentierung zu BFH 245, 218 aaO). BFH 272, 31 = BStBl 2021 II, 506 (Parallelentscheidungen BFH/NV 2021, 758 und 763) stellte die eingangs der Rz genannte eigene Rechtsprechung allerdings explizit als durch die gesetzliche Neuregelung überholt heraus. Bei grenzüberschreitender Entsendung ist demnach die ortsfeste betriebliche Einrichtung des aufnehmenden Unternehmens, der der ArbN im Rahmen eines eigenständigen Arbeitsvertrags mit dem aufnehmenden Unternehmen für die Dauer der Entsendung zugeordnet ist, dessen erste Tätigkeitsstätte.
Rz. 37
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Ohne Abschluss eines eigenständigen Arbeitsvertrags mit dem aufnehmenden ArbG wird eine erste Tätigkeitsstätte nur dann begründet, wenn der Beschäftigte vom entsendenden Unternehmen einer betrieblichen Einrichtung des aufnehmenden Unternehmens
- unbefristet,
- für die Dauer des gesamten (befristeten oder unbefristeten) Arbeits-/Dienstverhältnisses oder
- für einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten
und damit dauerhaft (> Rz 22) zugeordnet wird (BMF vom 25.11.2020, Rz 24, BStBl 2020 I, 1228, > Rz 6).
Beispiel 10:
Die ArbN Y ist bei einer ausländischen Muttergesellschaft im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsvertrags angestellt. Y wird von ihrem ArbG für 2 Jahre einer betrieblichen Einrichtung der deutschen Tochtergesellschaft zugeordnet. Y schließt mit dem aufnehmenden Unternehmen keinen eigenständigen Arbeitsvertrag ab.
Y unterhält in der betrieblichen Einrichtung der Tochtergesellschaft keine erste Tätigkeitsstätte. Sie ist dieser nicht dauerhaft zugeordnet. Y befindet sich für 2 Jahre auf einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit (> Reisekosten, insbesondere dortige Rz 110/1f).
Rz. 38
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Fehlt bei einer grenzüberschreitenden Arbeitnehmerentsendung die dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnung oder ist die getroffene Festlegung nicht eindeutig, gelten für die Beurteilung, ob eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, ersatzweise die quantitativen Kriterien (BMF vom 25.11.2020, Rz 25, BStBl 2020 I, 1228, > Rz 6; zu den quantitativen Kriterien > Rz 28 ff).