Rz. 13
Stand: EL 126 – ET: 04/2021
Die Haftung nach § 42d EStG ist zur Sicherung des Steueraufkommens im Prinzip als reine Erfolgshaftung im Zuge eines vom ArbG selbstbeherrschten Risikobereichs angelegt (BFH 146, 253 = BStBl 1986 II, 768). Sie setzt keine vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzung, also kein > Verschulden voraus (> R 42d.1 Abs 4 Satz 1 LStR; BFH/NV 2009, 1454 mwN; Blümich/Wagner, § 42d Rz 58 ff mwN; L/B/P/Nacke, § 42d EStG Rz 2; T/K/Loose, § 191 AO Rz 54). Es handelt sich – anders als zB bei der Haftung für die Einbehaltung und Abführung der KapESt (§ 44 Abs 5 Satz 1 EStG) oder in den Fällen des § 69 Satz 1 AO (> Rz 155) – nicht um eine Verschuldenshaftung. Insoweit besteht auch keine Übereinstimmung mit bestimmten anderen, in der AO geregelten Haftungsfällen, die ein Verschulden voraussetzen (> Rz 151 ff). Ebenso wie in anderen Fällen des Steuerabzugs an der Quelle und auf anderen Rechtsgebieten wie etwa dem des Einzugs eines Gesamtbeitrags zur > Sozialversicherung einschließlich der einem Haftungstatbestand vergleichbaren Nacherhebung von Beiträgen setzt § 42d EStG für die Beschäftigung von ArbN im Prinzip strenge Rahmenbedingungen. Diese werden allerdings im Einzelfall durch Beschränkung auf bestimmte Haftungstatbestände (> Rz 33 ff) und Ermessenselemente wie das sog Entschließungs- und Auswahlermessen im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft von ArbG und ArbN (> Rz 95 ff) eingegrenzt. Geringes Verschulden oder gar schuldloses Verhalten ist nämlich bei der Frage zu würdigen, ob die vorrangige Inanspruchnahme des ArbG im Rahmen des Ermessens liegt (> R 42d.1 Abs 4 Satz 2 LStR; vgl Schmidt/Krüger, § 42d EStG Rz 7 mwN); uU kann hier eine Haftung aus Ermessensgründen absolut ausgeschlossen sein (> Rz 105 ff).
Rz. 13/1
Stand: EL 126 – ET: 04/2021
Nach anderer, im Schrifttum vertretener Meinung haftet der ArbG nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung seiner Pflichten. Im Zivilrecht wie auch im öffentlichen Recht werde nur für schuldhafte Pflichtverletzungen gehaftet (vgl aber Hanau, Münchener Kommentar zum BGB, § 276 Rz 3 mwN: ein solches Prinzip gibt es nicht). Außerdem sei die verschuldensunabhängige Haftung unverhältnismäßig und verstoße gegen den > Gleichheitssatz des Art 3 GG, der eine verfassungskonforme Auslegung von § 42d EStG gebiete. An den ArbG dürften keine strengeren Maßstäbe angelegt werden als an vergleichbare andere Haftende, zB Steuerbeamte (§ 32 AO) oder gesetzliche Vertreter natürlicher oder juristischer Personen (§ 69 AO; > Rz 151 ff); vgl zB K/S/M/Hummel, § 42d EStG Rdnr B 12 und 13 sowie Hilbert, Lohnsteuerrecht in der Unternehmenswirklichkeit, 2017, Diss Siegen, 191 ff, jeweils mwN; dagegen ausführlich von Bornhaupt, StVj 1993, 322. Auch der insoweit von § 42d EStG deutlich abweichende Wortlaut des § 44 Abs 5 Satz 1 EStG, der eine Haftung von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit abhängig macht, verdeutlicht den unterschiedlichen Willen des Gesetzgebers.
Rz. 14
Stand: EL 126 – ET: 04/2021
Lässt der ArbG seine lohnsteuerlichen Pflichten durch Hilfspersonen (zB Angestellte) erfüllen, haftet er uE nicht lediglich für eigenes Auswahl- und Überwachungsverschulden, sondern im Rahmen des besonderen öffentlich-rechtlichen Verhältnisses (> Rz 1) für das Versagen der Erfüllungsgehilfen ebenso wie für eigene Fehler (> Rz 2/1). Er kann sich auch nicht wegen der Einschaltung eigenen Personals auf eigene Unkenntnis berufen. Ebenso kann der LSt-Abzug zB für Personalrabatte nicht unterbleiben, weil sich der ArbG für deren Gewährung bewusst Dritter bedient (BFH 171, 74 = BStBl 1993 II, 687). Fehler des Dritten werden dem ArbG, in dessen Sphäre sie entstehen, zugerechnet.