Rz. 150
Stand: EL 126 – ET: 04/2021
In bestimmten Fällen wird der > Arbeitslohn nicht unmittelbar vom ArbG gezahlt, sondern von einer anderen natürlichen oder > Juristische Person (Dritter). In diesen Fällen verpflichtet § 42d EStG den Dritten zur Wahrnehmung der ArbG-Pflichten, also vor allem zum LSt-Abzug und bürdet ihm die damit einhergehende Haftung auf. Damit folgt der Gesetzgeber dem Prinzip, für die Haftung dort anzuknüpfen, wo die Verantwortung für die Lohnzahlung oder die praktischen Möglichkeiten für eine Aufdeckung von Fehlern liegen. Soweit es sich um eine besondere Art der Gefährdungshaftung handelt, sind unbillige Härten im Rahmen der Ermessensentscheidung bei der Auswahl unter mehreren Gesamtschuldnern zu berücksichtigen.
I. Haftung bei Entsendung von Arbeitnehmern
Rz. 150/1
Stand: EL 126 – ET: 04/2021
Zum LSt-Abzug ist auch dasjenige im > Inland ansässige Unternehmen verpflichtet, das einen von seinem ArbG entsandten ArbN aufgenommen hat und das dessen > Arbeitslohn entweder unmittelbar auszahlt oder doch zumindest im Verhältnis zum ArbG wirtschaftlich trägt oder nach dem Fremdvergleichsgrundsatz hätte tragen müssen; es ist unerheblich, ob der Lohn von dem aufnehmenden Unternehmen im eigenen Namen und für eigene Rechnung gezahlt wird (vgl § 38 Abs 1 Satz 2 EStG; > Entsendung von Arbeitnehmern; > Wirtschaftlicher Arbeitgeber). Wird die Verpflichtung zum LSt-Abzug nicht beachtet, haftet das aufnehmende Unternehmen wie ein ArbG gemäß § 42d Abs 1 Nr 1 EStG.
Beispiel:
Die in Deutschland ansässige GmbH & Co KG ist Tochtergesellschaft einer in Österreich ansässigen Obergesellschaft. Der Geschäftsführer der für die KG geschäftsführenden GmbH ist Angestellter der Obergesellschaft, die ihn entlohnt. Zu ihrer Tochtergesellschaft, zu der er von seinem ArbG entsandt worden ist, besteht kein Anstellungsvertrag. Dementsprechend hat die GmbH unter den Personalaufwendungen keine > Betriebsausgaben für die Entlohnung ihres Geschäftsführers ausgewiesen. Gleichwohl hat die Obergesellschaft sie intern mit den Personalkosten belastet. Der an sich mit seiner Familie in Österreich lebende Geschäftsführer hat in Deutschland eine (zusätzliche) Wohnung am Sitz der GmbH.
Die in Deutschland ansässige GmbH ist grundsätzlich zum LSt-Abzug für ihren Geschäftsführer verpflichtet, weil sie den Arbeitslohn wirtschaftlich trägt (vgl § 38 Abs 1 Satz 2 EStG). Nach dem DBA mit > Österreich gilt der Geschäftsführer mit Doppelwohnsitz nach Anwendung der "tie-breaker-rule" aufgrund seines dortigen Mittelpunkts der Lebensinteressen als in Österreich ansässig (Art 4 Abs 2 Buchst a; > Doppelbesteuerung Rz 19). Deshalb steht das Besteuerungsrecht Deutschland nicht bereits nach Art 15 Abs 1 zu. Art 16 Abs 2 erlaubt es aber dem Staat, in dem die GmbH ansässig ist (Deutschland), die Vergütungen zu besteuern, die ihr Geschäftsführer bezieht. Hat die GmbH den LSt-Abzug nicht vorgenommen, haftet sie gemäß § 42d Abs 1 Nr 1 EStG.
Unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Obergesellschaft ihre Tochtergesellschaft mit dem Aufwand für den Geschäftsführer belastet, soll der LSt-Abzug bereits beim > Zufluss von Arbeitslohn vorzunehmen sein, denn beim LSt-Abzug geht es um die Besteuerung des Geschäftsführers (im Einzelnen > Entsendung von Arbeitnehmern Rz 6).
II. Haftung des Dritten in den Fällen des § 38 Abs 3a EStG
Rz. 150/2
Stand: EL 126 – ET: 04/2021
In den Fällen der > Lohnzahlung durch Dritte haftet der Dritte in beiden Fallgestaltungen des § 38 Abs 3a EStG (> Rz 150/3 und > Rz 150/4) nach den das LSt-Verfahren betreffenden Vorschriften. Das ist § 42d Abs 1 Nr 1 EStG. Es besteht eine Gesamtschuldnerschaft (> Rz 95 ff) mit dem ArbN, aber auch mit dem eigentlichen ArbG (§ 42d Abs 1 Nr 4 und Abs 9 EStG; > R 42d.3 LStR). Bei der Ermessensentscheidung, ob das FA den ArbG oder den Dritten als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen soll, kommt grundsätzlich vorrangig der Dritte für eine Inanspruchnahme in Betracht, soweit er im Verhältnis zum ArbG die Verpflichtung zum LSt-Abzug übernommen hat (vgl § 38 Abs 3a Satz 6 EStG).
Rz. 150/3
Stand: EL 126 – ET: 04/2021
Trägt der Dritte die Verpflichtung zum LSt-Abzug unmittelbar kraft Gesetzes (vgl § 38 Abs 3a Satz 1 EStG; > Lohnzahlung durch Dritte Rz 15 ff), weil er mit seinen Leistungen an den ArbN eigene tarifvertragliche Verpflichtungen erfüllt, ist nur der Dritte – nicht auch der ArbG – zum LSt-Abzug verpflichtet. Zwar haftet auch in diesen Fällen der ArbG als weiterer Gesamtschuldner (vgl § 42d Abs 1 Nr 4 und Abs 9 Satz 1 EStG; > Rz 53). Für die Haftung kommt aber stets vorrangig der eigentlich Verpflichtete – also der Dritte – in Betracht. Insoweit besteht uE zunächst eine Ermessensreduzierung auf null (> Rz 100 ff). Erst wenn die Inanspruchnahme des Dritten fehlschlägt, kommt eine Haftung des ArbG als weiterer Gesamtschuldner in Betracht.
Rz. 150/4
Stand: EL 126 – ET: 04/2021
Übernimmt der Dritte in anderen Fällen den LSt-Abzug (vgl § 38 Abs 3a Satz 2–5 EStG), bedarf er dafür der Zustimmung des > Betriebsstätten-Finanzamt. Erst durch diesen im > Ermessen des FA stehenden > Verwaltungsakt – und nicht durch privatre...