I. Einführung
Rz. 1
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Eltern verwenden einen Teil ihres Einkommens für den Unterhalt ihrer Kinder. Auf den notwendigen Lebensbedarf darf der Staat nicht zugreifen. Dem Gesetzgeber steht es aber frei, ob er das sog > Existenzminimum von Kindern bei der Besteuerung der Eltern durch Kinderfreibeträge berücksichtigt oder ob er es in anderer Weise, zB durch ein KiG, sichert (BVerfG 82, 60 vom 29.05.1990 – 1 BvL 20/84, BStBl 1990 II, 653). Der Gesetzgeber regelt diesen Bereich seit 1996 durch den Familienleistungsausgleich des § 31 EStG. Dazu kritisch Haupt/Becker, DStR 2015, 1529; der BFH bejaht die Verfassungsmäßigkeit, vgl BFH 255, 252 = BStBl 2017 II, 259, VerfB nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG vom 18.09.2018 – 2 BvR 221/17. Zur verfassungsrechtlichen Lage und zur Rechtsentwicklung beim Kinderleistungsausgleich wird ergänzend auf > Kinderfreibeträge Rz 1 – 29 verwiesen. Das folgende Stichwort "Kindergeld" enthält ergänzend die Darstellung der Anspruchsvoraussetzungen und Zahlung von KiG, mit dem für die meisten Familien das steuerliche Existenzminimum abgegolten wird. Zur Dienstanweisung des BZSt an die Familienkassen > Rz 9/3.
Rz. 2
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
KiG kann erhalten, wer "Berechtigter" iSv § 62 EStG ist (> Rz 10 ff), mindestens ein Kind iSv § 63 EStG hat (> Rz 15 ff) und das KiG beantragt (> Rz 50 ff), wenn ihm kein Anspruch anderer Berechtigter vorgeht (zu § 64 EStG > Rz 25 ff) und keine anderen vergleichbaren Leistungen für Kinder (§ 65 EStG) dem Anspruch entgegenstehen (> Rz 30 ff).
Das monatliche KiG beträgt
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für 2020 |
für 2021 |
für 2022 |
für 2023 |
für das 1. und 2. Kind |
204 EUR |
219 EUR |
219 EUR |
250 EUR |
für das 3. Kind |
210 EUR |
225 EUR |
225 EUR |
250 EUR |
für das 4. und weitere Kinder |
235 EUR |
250 EUR |
250 EUR |
250 EUR |
Zum > Kinderbonus jeweils in den Jahren 2020, 2021 und 2022 vgl > Rz 40/1. Das KiG ist übrigens steuerfrei, weil diese Steuervergütung nicht zu den besteuerbaren Einkunftsarten iSv § 2 Abs 1 EStG gehört; eine besondere, unter den > Steuerbefreiungen in § 3 EStG eingereihte Regelung ist deshalb entbehrlich.
II. Rechtsentwicklung
Rz. 3
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KiG wurde von 1955 bis zum 31.03.1961 nur für das dritte Kind und für weitere Kinder unabhängig vom Einkommen und Vermögen des Empfängers gewährt. Vom 01.04.1961 bis 31.12.1974 wurde schon für das zweite Kind KiG gezahlt, für das eine Einkommensgrenze galt. Von 1975 bis 1995 sah das BKGG – unabhängig vom Einkommen des Berechtigten – schon ab dem ersten Kind ein einheitliches KiG als Sozialleistung vor. Für das zweite und jedes weitere Kind gab es unterschiedlich hohes KiG, das sich je nach Jahreseinkommen des Berechtigten und seines Ehegatten auf bestimmte Sockelbeträge verminderte. Berechtigte mit geringem Einkommen erhielten ab 1986 einen Zuschlag zum KiG. KiG wurde grundsätzlich für Kinder unter 16 Jahren (vor 1982: 18 Jahre) und unter bestimmten Voraussetzungen auch für ältere Kinder gezahlt. Für Kinder ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz wurde die Altersgrenze ab 1985 von 18 auf 21 Jahre angehoben.
Rz. 4
Stand: EL 136 – ET: 11/2023
Ab 1996 entwickelt das JStG 1996 vom 11.10.1995 (BGBl 1995 I, 1250 = BStBl 1995 I, 438) ausgehend vom Beschluss des BVerfG 82, 60 vom 29.05.1990 – 1 BvL 20/84, BStBl 1990 II, 653 den bisherigen Familienlastenausgleich zum Familienleistungsausgleich fort, der aus einer Verknüpfung von steuerlichen Freibeträgen für Kinder und dem KiG besteht (vgl §§ 31 – 32, §§ 62ff EStG). Zu den Einzelheiten > Kinderfreibeträge Rz 8 ff. Das BKGG (> Anh 13) regelt seit 1996 nur noch einige Sonderfälle (> Rz 97 ff). Beim LSt-Abzug vom > Arbeitslohn sowie bei den Vorauszahlungen zur ESt wird ein Kinderfreibetrag grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt. Stattdessen erhalten die unbeschränkt steuerpflichtigen Berechtigten (§ 62 EStG; > Rz 10 ff) für ihre im > Inland lebenden Kinder (§ 63 EStG; > Rz 15 ff) im Laufe des Kalenderjahres nur noch KiG. Um das KiG als Steuervergütung gewähren zu können (vgl § 31 EStG), war es erforderlich, das EStG in den §§ 62 bis 78 um Regelungen über die Leistung von KiG zu erweitern.
Rz. 5
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Die monatliche Auszahlung des KiGs oblag 1996 bis 1998 den ArbG. Dies stieß auf erheblichen Widerstand der betroffenen Privatwirtschaft und verfassungsrechtliche Bedenken (vgl BFH 186, 253 = BStBl 1998 II, 517 mwN). § 73 EStG wurde deshalb mit dem StEntlG 1999/2000/2001 vom 24.03.1999 (BGBl 1999 I, 402 = BStBl 1999 I, 403) aufgehoben. Seit 1999 zahlen die Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit das KiG aus. Eine Besonderheit besteht für KiG-Berechtigte des öffentlichen Dienstes bis spätestens VZ 2023: Der öffentliche ArbG ist selbst Familienkasse; er setzt grundsätzlich selbst das KiG für seine Beschäftigten fest und zahlt es mit den monatlichen Bezügen aus (vgl § 72 Abs 1 Satz 2 EStG aF; zum Übergang der Zuständigkeit auf die > Bundesagentur für Arbeit > Rz 9/6). Die politisch favorisierte sog Finanzamtslösung, dh die Auszahlung des KiGs (und anderer staatlicher Leistungen) über die FÄ...