Rz. 11
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft wird grundsätzlich nicht vom Staat, sondern innerkirchlich geordnet (Art 140 GG iVm Art 137 Abs 3 WRV; zu einer Ausnahme: > Rz 22). Der Staat erkennt diese kirchenrechtlichen Mitgliedschaftsregelungen im Rahmen der für alle geltenden Gesetze auch für den staatlichen Rechtsbereich als verbindlich an (BVerfG 30, 415 vom 31.03.1971 – 1 BvR 744/67= NJW 1971, 931; BFH 146, 315 = BStBl 1986 II, 569; BFH 210, 573 = BStBl 2006 II, 139 mwN). Die Grundrechte der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sowie der negativen Vereinigungsfreiheit sind nicht verletzt, wenn die KiSt-Pflicht an kirchliche Mitgliedschaftsregelungen anknüpft und dem Einzelnen die jederzeitige Beendigung seiner Mitgliedschaft möglich ist (BVerfG 30, 415 aaO; zum Austritt > Rz 20 ff).
Rz. 12
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Die KiSt-Pflicht beginnt idR mit dem ersten Tag des Monats, der auf die Aufnahme in die Religionsgemeinschaft oder – bei Zuzug – auf die Begründung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in deren Gebiet folgt (zB § 2 Abs 2 Satz 1 KiStG TH). Abweichend beginnt sie beim Übertritt aus einer anderen Kirche in HB, HH, HE, NI, RP, SN und TH erst mit dem Ende der bisherigen Steuerpflicht (zB § 2 Abs 2 Satz 2 KiStG TH).
Rz. 13
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Begründet wird die Mitgliedschaft in der ev oder rk Kirche durch die Taufe. So ist Katholik, wer in der rk Kirche getauft worden ist. Die Taufe muss durch einen dazu berechtigten Bischof, Priester oder Diakon gespendet worden sein; Nottaufen muss der zuständige Pfarrer bestätigen. Ungetaufte Mitglieder sind nicht kirchensteuerpflichtig; auch ein auf Falschangaben beruhendes Taufanerkenntnis oder die jahrelange Zahlung der KiSt begründet keine KiSt-Pflicht (EFG 2015, 759 = DStRE 2016, 883 – Spätaussiedler aus der SU). In den Ev LKi begründet nur die Taufe in der Gemeinde der jeweiligen Kirche die Mitgliedschaft; in MV Taufe und Bekenntnis (EFG 1995, 1115). Zur Wirksamkeit der Taufe bedarf es keiner Dokumentation. Es kommt nicht auf subjektive Motive an; deshalb ist es unerheblich, wenn ein Stpfl die Taufe nur als Formalität ohne Rechtswirkung hingenommen hat (EFG 2009, 285 = DStRE 2009, 667). Kann ein Kind im Taufalter seine Glaubens- und Gewissensfreiheit noch nicht selbst ausüben, wird es von seinen Eltern auch hinsichtlich der KiSt-Pflicht rechtswirksam vertreten (BVerfG vom 30.11.1983 – 1 BvR 1016/83, HFR 1984, 73; BFH 146, 315 = BStBl 1986 II, 569). Deshalb war auch Heranziehung einer als Säugling getauften Stpfl zur Entrichtung der KiSt im Erwachsenenalter mangels ausdrücklichen Kirchenaustritts (zu diesem > Rz 20 ff) rechtens (VG Bln vom 12.12.2019 – 27 K 292.15). Wird das Kind später religionsmündig, bestätigt es die Entscheidung der Eltern, wenn es nunmehr an der Kirchenmitgliedschaft festhält. Einer besonderen Form bedarf es nicht (BFH 146, 315 aaO; BVerfG 30, 415 [422], > Rz 11). UE darf dies jedoch nur gelten, wenn dem Kind von diesem Moment an der jederzeitige Austritt aus der betreffenden Religionsgemeinschaft eigenständig möglich ist (> Rz 11 und > Rz 20). Die Abhängigkeit der Steuerpflicht von Taufe und > Wohnsitz (> Rz 10, 15 ff) in der Ev Kirche ist verfassungsgemäß (BFH/NV 2012, 1334).
Rz. 14
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Die Mitgliedschaft in der israelitischen/jüdischen Kultusgemeinde regelt die Satzung der Gemeinde. Die Satzung einer Gemeinde in NW verlangt zB die Zugehörigkeit zum jüdischen Glaubensbekenntnis, das sich Bekennen zur jüdischen Religion und das Wohnen im Gemeindegebiet (EFG 1989, 593, bestätigt durch BFH 172, 570 = BStBl 1994 II, 253; BFH 188, 245 = BStBl 1999 II, 499). Dem jüdischen Glaubensbekenntnis gehört an, wer von einer jüdischen Mutter abstammt oder zum Judentum konvertiert. Die Eheschließung mit einem jüdischen Mann lässt nicht zwingend auf eine vorangegangene Konversion der Ehefrau zum Judentum schließen (EFG 1997, 1130). Als zusätzlicher Bekenntnisakt kommt die Trauung nach jüdischem Ritus in Betracht (EFG 1997, 1042). Eine nur an die Abstammung und den Wohnsitz (> Rz 10, 15 ff) anknüpfende Mitgliedschaft hält BVerwG 21, 330 (332ff) vom 09.07.1965 – VII C 16.62 für verfassungsrechtlich zulässig. Dagegen hält BFH 188, 245 aaO zusätzlich das religiöse Bekenntnis für erforderlich.