Rz. 46
Stand: EL 122 – ET: 05/2020
Bei einem steuerschädlichen Einsatz von Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht (§ 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b/bb EStG 2004; > Rz 16), Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht gegen laufende Beitragsleistung (§ 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b/cc EStG 2004) und Kapitalversicherungen gegen laufende Beitragsleistungen (§ 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b/dd EStG 2004) zur Tilgung oder Sicherung eines Darlehens (Policendarlehen; § 10 Abs 2 Satz 2 EStG 2004; > Rz 32 ff) hat das FA eine Nachversteuerung gemäß § 30 EStDV durchzuführen (§ 10 Abs 5 EStG idF bis 2009). Dies gilt – außer für den Ausnahmetatbestand des § 10 Abs 2 Satz 2 Buchst c EStG 2004 (> Rz 45) – für die gesamte vertragliche Laufzeit. § 10 Abs 5 EStG idF bis 2009 ist auf Altverträge (> Rz 16) weiterhin anzuwenden (§ 52 Abs 18 Satz 6 EStG).
Rz. 47
Stand: EL 122 – ET: 05/2020
Zur Nachversteuerung hat der Sicherungsnehmer bzw das Versicherungsunternehmen dem > Wohnsitz-Finanzamt des VN (§ 19 AO) diejenigen Fälle unverzüglich anzuzeigen, in denen Ansprüche aus Versicherungsverträgen zur Tilgung oder Sicherung von Darlehen über 25 565 EUR eingesetzt worden sind (§ 29 Satz 1–3 EStDV). Zusätzlich hat der Stpfl selbst dem für die Veranlagung zuständigen FA die Abtretung und die Beleihung unverzüglich anzuzeigen (§ 29 Satz 4 EStDV). Anzeigen nach § 29 EStDV sind nur bei Altverträgen (> Rz 16) erforderlich. Bei ab 2005 geschlossenen Verträgen ist eine Unterscheidung zwischen steuerschädlicher und steuerunschädlicher Verfügung nicht mehr erforderlich (OFD Münster vom 31.07.2006, Kurzinformation ESt Nr 016/2006, DB 2006, 1701).
Rz. 48
Stand: EL 122 – ET: 05/2020
Auf die Anzeige hin erlässt das FA einen Feststellungsbescheid; darin wird ggf festgestellt, dass die Verwendung der Ansprüche aus der Lebensversicherung steuerschädlich und damit die Kapitalerträge steuerpflichtig sind (§ 20 Abs 1 Nr 6 Satz 4 EStG 2004). Damit wird im Ergebnis zugleich über den Abzug der Beiträge als SA entschieden. § 9 der VO über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs 2 AO sieht einen Feststellungsbescheid nur vor, wenn die Voraussetzungen für einen SA-Abzug wegen schädlicher Verwendung nach § 10 Abs 2 Satz 2 EStG 2004 nicht vorliegen. Das FA stellt deshalb die unschädliche Verwendung und damit die Steuerfreiheit der Zinsen durch einen negativen Feststellungsbescheid nur auf Antrag des Stpfl fest (BMF vom 16.07.2012, BStBl 2012 I, 686, dort unter IV Satz 2).
Rz. 49
Stand: EL 122 – ET: 05/2020
Ist wegen der schädlichen Verwendung der Versicherungsansprüche eine Nachversteuerung durchzuführen, nimmt das FA diese in vereinfachter Form vor. Dazu werden nicht die Steuerbescheide derjenigen Kalenderjahre, in denen der SA-Abzug zugelassen worden ist, geändert. Vielmehr wird die Nachsteuer für dasjenige Kalenderjahr erhoben, in dem die Versicherungsansprüche schädlich verwendet worden sind (BFH 175, 64 = BStBl 1994 II, 849; > R 10.6 EStR). Dazu wird die ESt berechnet, die festzusetzen gewesen wäre, wenn der Stpfl die Beiträge nicht geleistet haben würde. Der Unterschiedsbetrag zwischen dieser und der festgesetzten Steuer ist die Nachsteuer (vgl § 30 EStDV). Voraussetzung für diese vereinfachte Form ist allerdings, dass das Jahr der Beitragszahlung bereits bestandskräftig veranlagt worden ist (BFH 190, 481 = BStBl 2000 II, 292).
Sollte später einer der Bescheide für Jahre, in denen der SA-Abzug zugelassen worden ist, aus anderen Gründen geändert werden, so könnte dies uE selbst wiederum als rückwirkendes Ereignis iSd § 175 Abs 1 Nr 2 AO (> Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten Rz 44 ff) im Hinblick auf das Jahr der Nachversteuerung zu werten sein.
Rz. 50
Stand: EL 122 – ET: 05/2020
Bei Versicherungsverträgen gegen laufende Beitragsleistungen war und ist keine Nachversteuerung im vereinfachten Verfahren des § 30 EStDV vorgesehen, wenn die Mindestvertragsdauer nicht eingehalten wird, zB weil der Stpfl das Kapitalwahlrecht bei seiner Rentenversicherung vor Ablauf von 12 Jahren seit Vertragsschluss ausübt oder die Kapitalversicherung mit Sparanteil vorzeitig kündigt. Allerdings kann hier im Rahmen des § 175 Abs 1 Nr 2 AO das rückwirkende Ereignis zur Änderung der veranlagten ESt führen (vgl BFH 148, 240 = BStBl 1987 II, 164, dortiger Leitsatz 2).