A. Zum Wesen der Lohnsteuer
Rz. 1
Stand: EL 102 – ET: 04/2014
Als Lohnsteuer wird die durch Abzug vom Arbeitslohn erhobene Einkommensteuer bezeichnet. Sie ist keine eigenständige Steuer; der Begriff kennzeichnet lediglich die Form der Erhebung der ESt bei ArbN durch Abzug vom Arbeitslohn während des laufenden Kalenderjahres (Quellensteuer). Zu Einzelheiten > Überblick über das Lohnsteuerrecht sowie > Rechtsquellen des Lohnsteuerrechts, > Steuerabzugsverfahren.
Rz. 2
Stand: EL 102 – ET: 04/2014
Von dem Aufkommen der LSt und der veranlagten ESt erhalten Bund und Länder nach Abzug des Anteils der Gemeinden jeweils die Hälfte (Art 106 Abs 3 GG). Derzeit betragen die Prozentsätze je 42,5 für Bund und Länder sowie 15 für die Gemeinden (vgl das Gemeindefinanzreformgesetz). Die Aufteilung des Aufkommens auf die Gemeinden regelt das Zerlegungsgesetz (> Zerlegung der Lohnsteuer). Zur Höhe des Aufkommens > Statistik Rz 3 ff. Art 106 Abs l Nr 6 GG berechtigt den Bund ferner, eine ihm allein zukommende Ergänzungsabgabe zur ESt/LSt zu erheben (> Solidaritätszuschlag).
B. Zur Entwicklungsgeschichte des Lohnsteuerrechts
Rz. 3
Stand: EL 102 – ET: 04/2014
Die Entwicklung des modernen Lohnsteuerrechts begann nach dem Ersten Weltkrieg mit der Erzbergerschen Finanz- und Steuerreform von 1920. Der Umbruch vom bürgerlich-liberalen zum Sozialstaat und der dadurch gewaltig wachsende öffentliche Finanzbedarf zwangen dazu, auch die große Masse der Arbeiter und Angestellten zur ESt heranzuziehen. Man schuf zur Vereinfachung das LSt-Abzugsverfahren durch den ArbG. Dieses Verfahren war zunächst, zumal wegen der damals rasenden Inflation, sehr grob, wurde aber nach der Währungsstabilisierung von 1924 verbessert. Bei der Steuerreform von 1934 erhielt das Lohnsteuerrecht in der LStDV 1935 in wesentlichen Zügen seine bis heute wirksame Prägung. Damals wurde die LSt allerdings nicht nach der auf das Kalenderjahr zugeschnittenen ESt bemessen. Sie wurde vielmehr für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum (Tag/Monat/Jahr) als eine Lohnzahlungszeitraumsteuer erhoben. Das bedeutet: War die LSt für den einzelnen Lohnzahlungszeitraum zutreffend einbehalten worden, so wurde sie dem ArbN nicht erstattet, auch wenn sie auf das ganze Jahr gesehen, zB wegen unständiger Beschäftigung, nachträglich erhöhter WK, SA oder AgB, zu hoch war. Die LSt bekam dadurch gegenüber der veranlagten ESt objektsteuerartige, mit dem Wesen einer als Personensteuer angelegten ESt kaum vereinbare Züge. Die damals konsequent angestrebte Vereinfachung des LSt-Abzugs ging also zu Lasten der ArbN. Das war wohl nur vertretbar, weil die Steuerquote auf das Einkommen in jenen Jahren wesentlich niedriger war als heute.
Rz. 4
Stand: EL 102 – ET: 04/2014
Eine entscheidende Wende brachte nach dem Zweiten Weltkrieg und der Währungsumstellung die Einführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs im Jahre 1948. Im LStJA erstattete das FA den unbeschränkt steuerpflichtigen ArbN die LSt, soweit sie auf das Kalenderjahr gesehen überhöht einbehalten worden war. Dadurch wurde die LSt zu einer Jahressteuer auf den Arbeitslohn umgestaltet und der veranlagten ESt – wenn auch beschränkt auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit – angenähert. Die ArbN gewannen durch diese Regelung auch insofern in ihren steuerlichen Verhältnissen größere Freiheit, als sie eine ihnen günstige Änderung des Familienstands oder steuerlich wirksame Ausgaben nicht schon im Laufe des Kalenderjahres auf der Steuerkarte als Freibetrag eintragen lassen mussten (> Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren), sondern derartige Tatsachen ohne finanziellen Nachteil auch noch beim LStJA gegenüber dem FA geltend machen konnten.
Rz. 5
Stand: EL 102 – ET: 04/2014
Die damit eingeleitete Annäherung des LSt-Abzugs an das Veranlagungsverfahren ist im Laufe der Jahre weitergeführt worden. 1970 wurde für beide Verfahren das Stichtagsprinzip maßgebend, nachdem das BVerfG es als mit Art 3 Abs l GG unvereinbar bezeichnet hatte, den Familienstand bei der Veranlagung nach dem Viermonatsprinzip, beim LSt-Abzug aber nach dem Stichtagsprinzip zu berücksichtigen (BVerfG 23, 1 = BStBl 1968 II, 70). Mit dem EStRG 1974 wurde ab dem LStJA 1975 als Jahreslohnsteuer die ESt ermittelt, die der ArbN schuldet, wenn er ausschließlich die sich aus dem vom FA festzustellenden Jahresarbeitslohn ergebenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hat (§ 42 Abs 4 EStG aF). Außerdem wurde dem ArbN beim LStJA – wie vordem nur bei der Veranlagung und als Erfolg der beginnenden Automation der Steuerfestsetzung – ein Rechtsanspruch auf einen Steuerbescheid eingeräumt. Mit dem StÄndG vom 25.02.1992 wurde der Jahresausgleich durch das FA ab dem VZ 1991 in eine Antragsveranlagung überführt (> Veranlagung von Arbeitnehmern Rz 15). Außerdem wurden mit dem StMBG vom 21.12.1993 die bis dahin im Wesentlichen nur auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zugeschnittenen Regelungen zur Eintragung von Freibeträgen auf der Steuerkarte den Voraussetzungen für die Festsetzung von Vorauszahlungen angepasst (zu Einzelheiten > Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren Rz 10 ff). Daz...