Rz. 62
Stand: EL 124 – ET: 11/2020
Im Prinzip schließt die Bewertung nach § 8 Abs 3 EStG als lex specialis rechtssystematisch eine Bewertung nach § 8 Abs 2 EStG aus; > Rz 13; zu Einzelheiten > Sachbezüge Rz 30 ff [34]. Für Vorteile aus der verbilligten Überlassung von Waren und Dienstleistungen räumt die Rechtsprechung dem ArbN gleichwohl ein Wahlrecht ein: Er kann den Vorteil alternativ nach § 8 Abs 2 EStG bewerten (BFH 238, 378 = BStBl 2013 II, 402). Die FinVerw wendet die Entscheidung des BFH allgemein an (BMF vom 16.05.2013, BStBl 2013 I, 729).
Rz. 63
Stand: EL 124 – ET: 11/2020
Das Wahlrecht zur Anwendung der Bewertung nach § 8 Abs 2 EStG hat der BFH dem ArbN ausdrücklich nur im Rahmen seiner Veranlagung zur ESt (> Veranlagung von Arbeitnehmern) eingeräumt. Der ArbN kann in diesen Fällen unter Vorlage der Mitteilung des ArbG sowie eines Nachweises des günstigsten Marktpreises (Internetausdruck vom Tag des Vorteilszuflusses) in seiner > Steuererklärung die günstigere Vorteilsbesteuerung nach § 8 Abs 2 Satz 1 EStG beantragen.
Rz. 64
Stand: EL 124 – ET: 11/2020
Die FinVerw ist darüber nicht hinausgegangen. Sie sieht keine Verpflichtung des ArbG, bereits beim LSt-Abzug eine vergleichende Bewertung auch nach § 8 Abs 2 EStG vorzunehmen, zumal das idR aufwendig ist und das Haftungsrisiko vergrößert. Gleichwohl bleibt es dem ArbG unbenommen, den geldwerten Vorteil nach § 8 Abs 2 EStG zu bewerten (BMF vom 16.05.2013, Rz 11, > Rz 62). Eine Verpflichtung besteht weder nach Steuerrecht noch nach Arbeits- oder Dienstrecht. Ebenso ist der ArbG nicht verpflichtet, den jeweils günstigeren zugrunde gelegten Endpreis zu dokumentieren, als Beleg zum > Lohnkonto (§ 4 Abs 2 Nr 3 LStDV) zu nehmen und diesen dem ArbN (formlos) mitzuteilen. Denkbar ist uE lediglich eine auf einer längeren betrieblichen Übung erwachsende arbeitsrechtliche Verpflichtung.
Rz. 65
Stand: EL 124 – ET: 11/2020
Für den ArbN macht diese geänderte Praxis der Meistbegünstigung die Klärung erforderlich, ob eine Bewertung nach § 8 Abs 2 EStG im Einzelfall günstiger ist als die Bewertung nach § 8 Abs 3 EStG. Regelmäßig wird eine Bewertung nach § 8 Abs 2 EStG von Vorteil sein, wenn entweder der Rabatt-Freibetrag (> Rz 55 ff) aufgebraucht ist oder die bereits rabattierten Preise des ArbG (> Rz 9) den ortsüblichen Endpreis iSv § 8 Abs 2 EStG noch erheblich übersteigen.
Rz. 66
Stand: EL 124 – ET: 11/2020
Während der Endpreis iSv § 8 Abs 3 EStG der am Ende der Verkaufsverhandlungen als letztes Angebot stehende Preis des arbeitgebenden Unternehmens nach Abzug von Rabatten ist (> Rz 43 ff), wird als Vergleichspreis iSv § 8 Abs 2 EStG grundsätzlich der "günstigste Preis am Markt" ermittelt. Dieser bestimmt sich als der nachgewiesene niedrigste Preis einschließlich sämtlicher Nebenkosten, zu dem die konkrete Ware oder Dienstleistung mit vergleichbaren Bedingungen an Endverbraucher ohne individuelle Preisverhandlungen am Abgabeort (> Sachbezüge Rz 41 ff) angeboten wird; zu Einzelheiten > Sachbezüge Rz 38 ff.
Rz. 67
Stand: EL 124 – ET: 11/2020
Der nach § 8 Abs 3 EStG ermittelte Wert wird um 4 % gekürzt (vgl Satz 1 aaO); von dem verbleibenden Wert bleiben die ersten 1 080 EUR im VZ unbesteuert (vgl Satz 2 aaO). In den Fällen des § 8 Abs 2 EStG gibt es ebenfalls einen Bewertungsabschlag von 4 % für ‚übliche Preisnachlässe’ (> R 8.1 Abs 2 Satz 3 LStR). Zuwendungen bis zu 44 EUR im Monat bleiben unbesteuert (vgl § 8 Abs 2 Satz 11 EStG; das sind bis zu 528 EUR im Jahr, wobei jeder Monat gesondert zu betrachten ist; > Sachbezüge Rz 55).
Beispiel 1:
Ein Motorradhändler gewährt seinen Kunden einen durchschnittlichen Rabatt von 8 % auf den Listenpreis. Seine ArbN erhalten einen Mitarbeiterrabatt von 20 %. Ein ArbN kauft bei ihm ein Motorrad zum Listenpreis von 16 000 EUR. Im Internet wird das Motorrad zum Preis für 13 990 EUR angeboten.
Maßgebender Bruttoverkaufspreis (iSv § 8 Abs 3 EStG) |
16 000,00 EUR |
abzüglich üblicher Rabatt des ArbG |
- 1 280,00 EUR |
abzüglich Bewertungsabschlag von 4 % |
- 588,80 EUR |
Endpreis iSv § 8 Abs 3 EStG mit Bewertungsabschlag |
14 131,29 EUR |
Abgabepreis für Belegschaftsangehörige |
12 800,00 EUR |
geldwerter Vorteil |
1 331,20 EUR |
abzüglich Rabattfreibetrag |
1 080,00 EUR |
steuerpflichtiger Arbeitslohn |
251,20 EUR |
Bei einer Bewertung nach § 8 Abs 2 EStG ergäbe sich ein geldwerter Vorteil von 1 190 EUR (13 990 EUR./. 12 800 EUR). Wenn der Rabattfreibetrag beim ArbN bereits verbraucht ist, ist deshalb ein Wertansatz nach § 8 Abs 2 EStG vorteilhafter.
Beispiel 2:
Ein Baumarkt gewährt seinen ArbN einen Mitarbeiterrabatt von 12 %. Kunden erhalten regelmäßig keine Preisnachlässe. Ein ArbN kauft a) im März Artikel für 600 EUR und b) im Juni für 300 EUR. Im Internet waren diese Artikel für 550 EUR bzw 250 EUR erhältlich.
a) Maßgebender Bruttoverkaufspreis (iSv § 8 Abs 3 EStG) |
600 EUR |
abzüglich 4 % Bewertungsabschlag |
24 EUR |
Endpreis iSv § 8 Abs 3 EStG mit Bewertungsabschlag |
576 EUR |
abzüglich Abgabepreis für Belegschaftsangehörige |
- 528 EUR |
geldwerter Vorteil (steuerpflic... |